Interview mit Corona-Erkrankten: "Glück im Unglück"

Natalie, konnten Sie nachvollziehen, wo Ihr Mann sich infiziert hat?

Natalie: Das war bei ihm auf der Arbeit. Eine Kollegin, mit der er allerdings gar keinen direkten Kontakt hatte, wurde positiv getestet. Bis feststand, dass die Kollegin infiziert ist, hat es leider eine Weile gedauert. Mein Mann arbeitete in erster Linie mit einem Kollegen zusammen, der kurz davor an echter Grippe, also der Influenza, erkrankte.

Wie hat sich COVID-19 bei Ihrem Mann bemerkbar gemacht?

Natalie: Michael hat nach Feierabend dick eingemummelt im Garten gearbeitet und kam zurück ins Haus, weil ihm plötzlich total heiß war, und er glühte. Wie das immer so ist, hatten wir natürlich kein Fieberthermometer da. Nachdem er sich aber aus seinen dicken Klamotten geschält hatte, normalisierte sich seine Temperatur und wir haben das Ganze auf die Gartenarbeit geschoben.

Wie ging es weiter?

Natalie: Am nächsten Tag fühlte er sich fit und ging deshalb ganz normal arbeiten. Nachts hat er dann plötzlich Fieber mit Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen bekommen. Da wir ja wussten, dass sein Kollege die Grippe hatte, dachten wir immer noch, er hätte sich damit angesteckt. Einen Tag später kam dann die Nachricht, dass die Kollegin von Michael positiv getestet wurde. Da er sich zu diesem Zeitpunkt sehr schlecht fühlte, habe ich unseren Hausarzt kontaktiert und ihm die Symptome geschildert. Dieser hielt Influenza auch nicht für ausgeschlossen, bestellte meinen Mann aber sicherheitshalber zu einem SARS-CoV-2-Test ein.

Wie lief der Test ab?

Natalie: Michael und andere möglicherweise Infizierte mussten mit ihren Autos freitags um 12.15 Uhr auf den Parkplatz unserer Hausarztpraxis fahren. Unser Arzt ist dann an die Autos gekommen und hat bei allen einen Abstrich gemacht und die Tests direkt ins Labor geschickt.

Also ein Drive-in beim Arzt?

Natalie: Ja, genau. Das war echt super, denn Michael musste gar nicht groß raus und auch nicht lange warten, bis der Abstrich gemacht wurde. Bei einer Kollegin von mir, deren Mutter schwer erkrankt ist und die mittlerweile auch im Krankenhaus liegt, lief das ganz anders. Ihr Arzt hat sie einfach an das Gesundheitsamt verwiesen und dort konnte sich meine Kollegin die Finger wund wählen, bis sie an die richtigen Stellen und vor allem ihre Mutter auch zu einer Testung gekommen ist.

Wann hatten Sie dann das Testergebnis?

Natalie: Eigentlich wollte unser Arzt uns benachrichtigen, aber am Montagmorgen lag ihm noch kein Ergebnis vor. Gegen 21 Uhr abends klingelte plötzlich unser Telefon. Ein Herr vom zuständigen Gesundheitsamt war dran und sagte, dass Michael positiv sei. Er hat nach einer Mailadresse gefragt, um uns Infos schicken zu können. Und sagte, dass sich auch gleich noch eine Ärztin bei uns telefonisch melden würde. Diese hat Michael dann angewiesen, zweimal täglich Fieber zu messen und ein Symptomprotokoll zu führen. Auch sagte sie, dass er mindestens 14 Tage daheim bleiben müsse und erst wieder unter Menschen dürfe, wenn er zwei Tage komplett ohne Symptome sei.

Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Sie wussten, Ihr Mann ist infiziert?

Natalie: Na, ja, wir hatten natürlich schon die Hoffnung, dass es nur ein grippaler Infekt ist. Da aber vom ersten Auftreten der Symptome bis zum Testergebnis fast eine Woche rumgegangen war, und mein Mann sich nicht mehr ganz so schlecht fühlte wie am Anfang, dachten wir eher, gut, dass wir damit durch sind. Die Erkrankung verlief bei Michael in Phasen. Erst Fieber und Gliederschmerzen, Husten und Schnupfen kamen später dazu. Ich glaube, wenn wir erst die Diagnose positiv und dann so langsam Symptome bekommen hätten, das wäre besorgniserregender gewesen. Da hätten wir uns mehr Gedanken gemacht.

Sie sagen "WIR", sind Sie auch erkrankt?

Natalie: Offiziell bin ich es nicht. Denn bei mir wurde kein Test gemacht. Ich bin mir aber sicher, dass ich auch infiziert bin, weil ich genau die gleichen Symptome mit genau den gleichen Phasen entwickle wie mein Mann. Alles zeitversetzt um zwei Tage. Da ich Asthmatikerin bin, zum Glück stabil und beschwerdefrei, hat mein Arzt mir geraten, meine Medikamente derzeit durchgängig anzuwenden. Was mir tatsächlich gut hilft.

Wie versorgen Sie sich mit Lebensmitteln?

Natalie: Auch ohne die Corona-Krise habe ich immer genug Nudeln und Klopapier im Haus. Horten war also gar nicht nötig. Frisches Obst und Gemüse stellen uns meine Schwiegereltern vor die Tür, die zum Glück gesund sind. Das Einzige, was wir uns noch zusätzlich besorgt haben, sind laktosefreie Paracetamoltabletten. Michael hat nämlich eine Laktoseunverträglichkeit. Wir haben aber keine einzige davon gebraucht.

Jetzt, wo es Ihnen langsam besser geht, wie beschäftigen Sie sich daheim?

Natalie: Von der ganzen Rumliegerei schmerzen mir meine Schultern und mein Nacken. Weshalb ich bei leichten Yoga-Übungen mitmache, die es bei Youtube gibt. Nächste Woche stehen bei uns beiden Videokonferenzen mit Kollegen an, die im Home-Office arbeiten. Außerdem telefonieren wir viel und tauschen uns über WhatsApp mit Freunden und der Familie aus. So kommt keine Langeweile auf.

Ihr Fazit?

Natalie: Wir hatten Glück im Unglück. Sowohl was die Testung bei meinem Mann, aber auch den Krankheitsverlauf und die Unterstützung durch die Familie anbelangt. Denn COVID-19 und der Umgang damit kann Menschen viel umfassender herausfordern, wie ich bei meiner Kollegin und Ihrer Mutter miterlebe. Mein Mann und ich hoffen, das Gröbste gut überstanden und auch eine gewisse Immunität zu haben. Denn ausgestanden ist die Krise ja bei Weitem noch nicht.