Ärzte verordnen am häufigsten Cannabisblüten

(kib) Zum Einsatz medizinischer Cannabinoide in der Therapie hat die BKK Mobil Oil gemeinsam mit dem Forschungszentrum Socium der Universität Bremen eine Studie initiiert – den Cannabis-Report 2020.

17.03.2021

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© Foto: Sarah Siegler
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Seit dem Inkrafttreten der Verschreibungsmöglichkeit von Cannabis im März 2017 haben die gesetzlichen Krankenversicherungen einen sprunghaften Ausgabenanstieg in Millionenhöhe verzeichnet: Studienleiter Professor Dr. Gerd Glaeske vom Socium in Bremen: „Im Jahr 2017 lagen die Ausgaben in der GKV bei 27 Millionen Euro, im Jahre 2018 schon bei 73,5 Mio. Euro, im Jahre 2019 bei 123 Mio. Euro und für 2020 kann man aus den ersten drei Quartalen Ausgaben in Höhe von 151 Mio. Euro prognostizieren – in vier Jahren also ein Zuwachs von mehr als 500 Prozent.“

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Grundsätzlich sieht BKK Mobil Oil in der therapeutischen Anwendung von Cannabinoiden eine sinnvolle Ergänzung und Therapieoption – als Ergänzung der Basistherapie und sofern sie von Fachärzten bei schwerwiegenden Erkrankungen verschrieben werden. Aber aufgrund kontroverser Diskussionen gäbe es auch ein großes Interesse daran, das Thema aus wissenschaftlicher Sicht näher zu durchleuchten, heißt es in der Pressemitteilung zum Cannabis-Report 2020.

Für diesen wurden die Arzneimittelabrechnungen für Cannabis-Verordnungen von 2017 bis Oktober 2019 unter Einhaltung aller gebotenen Datenschutzauflagen analysiert. Ergebnis: Lediglich ein Fünftel der Antragsteller, also nur 173 Patienten, erhielt Cannabis-basierte Arzneimittel im Rahmen gut geprüfter und zugelassener Anwendungsgebiete. Dazu gehört vor allem die spezialisierte ambulante Palliativversorgung von Krebspatienten sowie Anträge von Versicherten mit neurologischen Leiden oder Anorexie. Hier wurden überwiegend Dronabinoltropfen mit einer Versorgungsdauer von bis zu zwei Monaten eingesetzt.

Ein Großteil der Patienten erhielt Cannabinoide jedoch außerhalb der in klinischen Studien geprüften Indikation – zum Beispiel aufgrund eines chronischen Schmerzsyndroms (27 %), wegen anhaltender Rückenschmerzen (7 %), wegen Spastik (6 %) oder wegen Polyneuropathie (5 %). „Also überwiegend für Indikationen, in denen eine Reihe von Studien gezeigt haben, dass THC-haltige Medikamente im Mittel keine relevante Schmerzlinderung erzeugt“, kommentiert Schmerzmediziner Prof. Dr. Christoph Maier, ehemaliger Chefarzt der Schmerzklinik an der Universität Bochum.

Unverarbeitete Blüten auf der Liste ganz oben

Für die Experten erstaunlichstes Ergebnis der Studie: 62 Prozent der Leistungsausgaben entfielen 2019 auf unverarbeitete Cannabisblüten und Blüten in Zubereitungen. In diesen Bereich fielen auch die Hochkostenfälle mit Ausgaben von mehr als 15.000 Euro im Analysezeitraum von 34 Monaten. Auffällig sei in diesem Zusammenhang, dass vor allem männliche Patienten im Alter von 20 bis 29 Jahren zu den Antragstellern gehörten.

Auch würden mitunter die Tagesdosen um ein Vielfaches über denen des staatlichen Cannabisprogrammes der Niederlande liegen. Vor diesem Hintergrund wird die Forderung nach gesetzlichen Rahmenbedingungen, Darreichungsformen und Dosierungen sowie einer Nutzenbewertung der gesamten Cannabis-Anwendungspalette immer lauter. „Cannabis ist schließlich kein Wundermittel!“, fasst Glaeske zusammen: „Evidenz, Therapiesicherheit und Patientennutzen sollten bei der Entscheidung über die Anwendung von Cannabisprodukten im Vordergrund stehen. Daher ist wie bei allen neuen Arzneimitteltherapien eine AMNOG-Prüfung beim gemeinsamen Bundesausschuss schnellstens nachzuholen.“

Quelle: BKK Mobil Oil

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