Apotheker muss „Pille danach“ abgeben

(kib/mwo) Ein selbstständiger Apotheker darf die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel nicht aus Gewissensgründen verweigern, urteilt das Oberverwaltungsgericht Berlin. Das gilt auch für Notfallkontrazeptiva.

28.06.2024

Packung mit darauf liegendem Blister der „Pille danach“
© Foto: DingDong / stock.adobe.com
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Die Apothekerkammer Berlin hatte ein berufsgerichtliches Verfahren gegen einen selbstständigen Apotheker eingeleitet. Dieser hat wiederholt die Abgabe der „Pille danach“ verweigert und sich in seiner Apotheke erst gar nicht mit diesen Arzneimitteln bevorratet. 

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Gewissensfreiheit zählt nicht

Der Berliner Apotheker und gläubige Katholik hatte sich auf seine Gewissensfreiheit berufen. Er wolle sich nicht „an einer Tötung* bereits entstandenen Lebens“ beteiligen. In dem Fall entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg nun, dass Apotheken den Verkauf von zugelassenen Arzneimitteln nicht „aus Gewissensgründen“ verweigern dürfen (Urteil vom 26. Juni 2024 – OVG 90 H 1/20). 

*Anm. d. Redaktion: Notfallkontrazeptiva sind OTC-Arzneimittel. Sie verzögern den Eisprung. Ist es bereits zum Eisprung gekommen, wirkt die "Pille danach" nicht mehr. Eine befruchtete Eizelle wird nicht abgetötet.

Tipps für das Beratungsgespräch

Orale Notfallkontrazeptiva sind seit neun Jahren OTC-Arzneimittel. Dennoch gibt es immer noch viele Unsicherheiten bei deren Abgabe und dem dazugehörigen Beratungsgespräch. Im Interview erklärt Apothekerin Dr. Ute Koch, worauf es bei der Beratung ankommt.

Auf Gewissensgründe könne sich der Apotheker nicht berufen. Denn dies setze „einen ernsthaften Gewissenskonflikt voraus, dem man sich nicht auf zumutbare Weise entziehen kann“. Der Apotheker habe sich aus freien Stücken zur Führung einer öffentlichen Apotheke entschlossen. Dann müsse er auch „die umfassende Versorgung gewährleisten“.

Wenn dies mit seinem Gewissen nicht vereinbar sei, sei ihm „die Aufgabe der Selbstständigkeit zuzumuten“, betonten die Berliner Richter. Schließlich gebe es auch andere berufliche Möglichkeiten für Pharmazeuten, in denen dieser Gewissenskonflikt nicht bestehe.

Übrigens: Zunächst hatte das Berliner Berufsgericht dem Apotheker Recht gegeben (Urteil vom 26. November 2019, AZ.: VG 90 K 13.18 T). Dagegen hatte die Apothekerkammer Berlin Berufung eingelegt. Mit Erfolg, wie das aktuelle Urteil des OVG Berlin-Brandenburg zeigt. Der Apotheker hat bereits im September 2018 seine Apotheke im Berliner Bezirk Neukölln geschlossen.

Quelle: OVG Berlin-Brandenburg, DAZ

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