Atemwegsinfekte: Herbst-Winter-Prognose ist schwierig

(kib) Wie wird die kommende Influenza-Saison aussehen? Und wie sieht es bei anderen Atemwegsinfektionen aus? Experten sind sich unsicher.

20.09.2021

Junge Frau im herbstlichen Ambiente, putzt sich die Nase
© Foto: TeamDaf / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)
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Professor Lothar Wieler vom Robert Koch-Institut (RKI) wies beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie darauf hin, dass das weltweite Influenza-Surveillance-System im Zuge der Coronapandemie in manchen Ländern der Südhalbkugel zusammengebrochen sei. „Es fehlen Informationen, die wir für eine valide Einschätzung benötigen“, erklärte Wieler auf Nachfrage der „Ärzte Zeitung“. Daher sei auch die Datenbasis, auf deren Grundlage die aktuellen Influenza-Impfstoffe entwickelt worden sind, dünner als in den Vorjahren. Damit ist unklar, wie gut der aktuelle Impfstoff schützen wird, wenngleich dies immer schwer vorherzusagen sei.

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Gleichwohl empfahl Wieler die Influenza-Impfung gemäß den RKI-Empfehlungen und sprach sich zugleich dafür aus, während der Pandemie eingeübte Basismaßnahmen zur Vermeidung respiratorischer Infektionen mindestens bis zum Frühjahr kommenden Jahres aufrecht zu erhalten. Dazu gehöre zum Beispiel das Tragen von Masken im öffentlichen Nahverkehr. 

„Immunsystem braucht regelmäßig subschwellige Trigger“

Die Influenza-Saison 2020/21 verlief sehr milde. Fehlt damit ein immunologischer Trigger? Eine US-amerikanische Arbeitsgruppe hat historische Daten modelliert und festgestellt, dass Saisons mit sehr niedrigen Influenza- und RSV (Respiratory Syncytial Virus)-Infektionszahlen die Vulnerabilität der Bevölkerung in den nachfolgen Saison deutlich erhöhen können. Der Jenaer Infektiologe Professor Mathias Pletz hatte beim diesjährigen Pneumologie-Kongress mit Verweis auf diese Daten vor einer womöglich schweren Influenza- und RSV-Epidemie 2021/22 gewarnt. Professor Andreas Diefenbach, Infektionsimmunologe an der Charité Berlin, wies beim DGHM-Kongress darauf hin, dass man andererseits annehmen könne, dass das unspezifische Immunsystem durch die SARS-CoV-2-Ausbreitung gut trainiert worden sei. Richtig sei aber, dass das Immunsystem regelmäßig subschwellige Trigger benötige.

Andere Viren, die das Atemsystem befallen, waren in der vergangenen Herbst/Winter-Saison fast vollständig verschwunden, zum Beispiel RSV, so Diefenbach. RSV habe sich gerade unter Kindern im Zuge der Coronapandemie und der Hygienemaßnahmen und Kontaktbeschränkungen nicht verbreitet. Laut RKI ist derzeit ein Anstieg der RSV-Virusinfektionen zu beobachten. Eine Prognose lässt sich daraus offenbar noch nicht ableiten.

Wieler und das RKI rechnen jedenfalls mit vermehrten Atemwegsinfektionen, parallel zur vierten Coronawelle. „Das dürfte zu einer starken Krankheitslast in Krankenhäusern und Praxen führen. Wir sollten möglichst vorsichtig sein. Prävention ist nach wie vor das wichtigste Asset.“

Quelle: Ärzte Zeitung / dpa

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