Beethoven: Aufschlussreiche Haarproben

Ludwig van Beethoven ist vermutlich infolge einer schweren Leberzirrhose gestorben. Mittels Genanalysen haben Forschende herausgefunden: Der Komponist hatte eine entsprechende Veranlagung – und Hepatitis B.

von Dr. Thomas Meißer
27.03.2023

Beethovens Haarlocke, aus der das gesamte Genom sequenziert wurde, mit Inschrift des ehemaligen Besitzers Patrick Stirling.
© Foto: Kevin Brown
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Am 26. März jährte sich der Todestag Ludwig van Beethovens (1770 – 1827) zum 196. Mal. Jetzt haben Wissenschaftler neue Erkenntnisse zu Erkrankungen des damals erst 56-jährigen Komponisten und zur Todesursache vorgelegt.

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Professor Johannes Krause vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena und einem internationalen Forscherteam ist es gelungen, mehrere historische Haarproben mit archäogenetischen Methoden auf mögliche genetische Ursachen seiner Taubheit, seiner chronischen Magen-Darm-Beschwerden sowie seiner schweren Lebererkrankung, die letztlich zum Tode geführt hatte, zu untersuchen. Dabei ergaben sich mehrere Überraschungen.

Überraschung Nummer 1

Den insgesamt acht Haarsträhnen, die angeblich von Beethoven stammen, konnten lediglich fünf mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als authentisch identifiziert werden. Zwei dagegen stammten eindeutig nicht von Beethoven, eine weitere Probe war nicht sicher zuzuordnen.

Überraschung Nummer 2

In Beethovens direkter väterlicher Linie gab es mindestens ein Kind aus einer außerehelichen Beziehung. Das schlussfolgern die Autoren aus der fehlenden Übereinstimmung Y-chromosomalen Erbguts mit noch lebenden Verwandten in Belgien.

Früher analysierte Haarlocke nicht von Beethoven

Vor allem aber interessierten die Wissenschaftler genetische Hinweise zu Beethovens Gesundheit. Frühere Hypothesen, wonach er an einer Bleivergiftung gestorben sei, sind vorerst nicht mehr haltbar: Die „Hiller-Locke“ (die einzelnen Haarsträhnen sind nach früheren Besitzern benannt), an der frühere Analysen vorgenommen worden waren, stammt in Wirklichkeit von einer Frau.

Hinweise auf eine genetische Ursache der Taubheit Beethovens fanden sich nicht. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass neue Erkenntnisse zu genetischen Ursachen von Schwerhörigkeit künftig noch Hinweise auf den Ursprung des Leidens liefern könnten, hieß es.

Keine Gluten- und Laktoseintoleranz

Die genetischen Analysen der Haarproben ergaben weiterhin, dass die erheblichen Magen-Darm-Beschwerden Beethovens nicht auf eine Gluten- und Laktoseintoleranz zurückgeführt werden können.

Weder fanden sich genetische Hinweise auf ein Reizdarmsyndrom noch auf eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung – wobei die Forscher einschränken, dass diese Krankheiten meist polygene Ursachen haben. Ein polygenetischer Risikoscore ergab jedoch keine entsprechenden Hinweise.

Familienanamnese für Lebererkrankungen

Dagegen lag eine erbliche Disposition für eine Leberzirrhose vor. Und es ließ sich eine Hepatitis-B-Infektion belegen, die Beethoven mindestens einige Monate vor seinem Tod durchgemacht haben muss. Diese beiden Tatsachen in Kombination mit dem bekanntermaßen erheblichen Alkoholkonsum Beethovens und dem überlieferten Obduktionsprotokoll, wonach die Leber „zusammengeschrumpft“, „lederartig fest“ mit „höckerichter Oberfläche“ sowie „mit bohnengroßen Knoten durchwebt“ vorgefunden worden war, geben Aufschluss über die Todesursache.

Erstautor Tristan Begg von der University of Cambridge, Vereinigtes Königreich, wies bei einer Pressekonferenz außerdem auf die positive Familienanamnese Beethovens für Lebererkrankungen hin. Zudem sei ein Freund unmittelbar nach Beethovens Tod ebenfalls an einer entzündlichen Lebererkrankung verstorben.

Forschung war ausdrücklicher Wunsch des Musik-Genies

Genetische Analysen aus historischem Haar sind anspruchsvoll, da die DNA weitgehend degradiert ist. Die untersuchten DNA-Fragmente waren nach Angaben von Krause nur durchschnittlich 25 Basenpaare lang. Es mussten fast drei Meter Haar untersucht werden.

Ludwig von Beethoven hatte sich in seinem Heiligenstädter Testament, verfasst im Alter von 32 Jahren, ausdrücklich gewünscht, post mortem untersucht zu werden, „damit wenigstens so viel als möglich die Welt nach meinem Tode mit mir versöhnt werde.“

Er erhoffte sich von der Nachwelt offenbar eine nachsichtige Beurteilung seines oft reizbaren, exzentrischen Wesens, das zumindest auch in seiner zunehmenden Schwerhörigkeit und später vollständigen Taubheit begründet lag. Krause: „Es war sein Wunsch, den wir mit diesem Projekt bis zu einem gewissen Grade erfüllt haben.“

Quelle: Ärzte Zeitung

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