Cannabis: Bei diesen Indikationen möglich
Auch ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Verordnung von Cannabis auf BtM-Rezept sind viele Ärzte noch unsicher, bei welchen Indikationen Cannabinoide verordnet werden können. Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) hat daher eine Praxisleitlinie entwickelt. Beim Schmerz- und Palliativtag wurde sie vor- und zur Diskussion gestellt. Sie solle Ärzten bei der Verordnung von Cannabinoiden Orientierung bieten, sagte der neu gewählte DGS-Präsident, Dr. Johannes Horlemann, in Frankfurt am Main. Horlemann ist einer der Autoren der Leitlinie.
Diese soll nicht nur randomisierte kontrollierte Studien als Basis haben, sondern auch die Erfahrungen von Ärzten mit Cannabinoiden berücksichtigen. Der "medical need" der Patienten in vielen Indikationen, für die Cannabinoide eine Rolle spielen können, sei so hoch, dass es im Sinne einer patientenzentrierten Medizin "unzumutbar erschiene, auf größere Studien zu warten", heißt es im Entwurf der Leitlinie.
Diese Krankheitsbilder umfassen die Empfehlungsgrade
- Empfehlungsgrad A: Indikationen chronischer Schmerz, Tumorschmerz, nichttumorbedingter Schmerz, neuropathischer Schmerz, Schlafstörungen bei chronischem Schmerz und spastischer Schmerz bei MS
- Empfehlungsgrad B: Untergewicht, Appetitlosigkeit/Kachexie, Morbus Crohn (Schmerz und Gewicht), Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapie
- Empfehlungsgrad C: viszeraler Schmerz, Tourette-Syndrom, rheumatologisch ausgelöster Schmerz
Die Autoren der Leitlinie haben auf 85 wissenschaftliche Publikationen, Veröffentlichungen von Behörden oder Expertenmeinungen und auf 258 Artikel in PubMed zurückgegriffen und in die Studie einfließen lassen. Je nach Evidenzgrad zu in Frage kommenden Indikationen gibt die Praxisleitlinie Empfehlungen für die Verordnung von Cannabinoiden nach Grad A (Daten aus mehreren, randomisierten klinischen Studien oder Meta-Analysen), Grad B (Daten aus einer randomisierten Studie oder mehreren großen nicht randomisierten Studien) oder Grad C (Konsensusmeinungen von Experten oder kleine Studien oder Registerdaten).
Die Behandlung bei neuropsychiatrischen Erkrankungen im Rahmen der schmerzmedizinischen Betreuung könne derzeit aufgrund der Studienlage nicht empfohlen werden, heißt es im Entwurf der Praxisleitlinie.
Ärzte, Patienten und Apotheker sind aufgerufen, die Praxisleitlinie nun aus eigenen Erfahrungen heraus zu kommentieren. Hier finden Sie die Leitlinie der DGS im Netz.
Quelle: Ärzte Zeitung