Corona-Virus sabotiert Immunabwehr
Ein kleines Protein spielt dabei die Hauptrolle: das Nichtstrukturprotein 1 (Nsp1). Nichtstrukturproteine (Nsp) sind Virusproteine, die keine Bestandteile des Virus selbst sind. Stattdessen unterstützen sie das Virus bei der Vermehrung, indem sie beispielsweise die zellulären Abwehrreaktionen schwächen.
„Wir können nun im Detail nachvollziehen, wie dieses Helfer-Protein die Aktivierung des angeborenen Immunsystem unterdrückt: Es bringt die Ribosomen, also die ‚Proteinfabriken‘ der Zelle, zum Stillstand. Es kommt dort quasi zum ‚Shutdown‘“, erklären Prof. Roland Beckmann vom Genzentrum der LMU München und Dr. Konstantin Sparrer, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Molekulare Virologie des Universitätsklinikums Ulm in ihrer gemeinsamen Studie.
Mit Hilfe hochauflösender cryo-elektronenmikroskopischer Verfahren haben die Münchener Wissenschaftler beobachtet, wie Nsp1 an die menschlichen Proteinfabriken, die Ribosomen, andockt. Dort verhindert es die Synthese von neuen Proteinen (Translation), indem es den Kanal verstopft, über den die Proteinbaupläne, die mRNA, abgelesen werden.
Die Ulmer Forschungsgruppe konnte dies in humanen Zellen experimentell bestätigen und zeigen, dass Nsp1 durch die Blockade der Ribosomen die Produktion anti-viraler Proteine und Signalmoleküle komplett lahmlegt. Die angeborene Immunabwehr ist somit blockiert und das Virus hat freie Bahn bei seiner Vermehrung.
Diese neuen Erkenntnisse über die Interaktion von Wirtszelle und Virus eröffnen bisher unbekannte Möglichkeiten zur Therapie und Prävention von Covid-19. „Wenn wir verhindern können, dass das virale Helfer-Protein Nsp1 an Ribosomen bindet, können wir bewirken, dass die angeborene Immunantwort gegen SARS-CoV-2 funktionsfähig bleibt und das Virus wirksam kontrolliert“, sind sich die Forscher aus München und Ulm einig. Hier bieten sich also vielversprechende neue Ansatzpunkte für die Entwicklung von Medikamenten gegen SARS-CoV-2.
Quelle: Universität Ulm