COVID-19: Wer ist besonders gefährdet?
Wenn die Symptome spätestens zwei Wochen nach Beginn der Erkrankung nicht deutlich zurückgehen, ist ebenfalls ein ungünstiger Ausgang zu befürchten. Zu diesem Schluss kommen Ärzte um Dr. Fei Zhou von der Chinesischen Akademie für Medizinwissenschaften in Peking nach der Auswertung der ersten COVID-19-Erkrankungen in Wuhan, dem Epizentrum der Epidemie.
Die Ärzte um Zhou haben Angaben zu sämtlichen COVID-19-Patienten ausgewertet, die bis Ende Januar in Wuhan stationär aufgenommen worden waren. Das Team beschränkte sich auf 54 Betroffene, die bis Ende Januar gestorben waren, und 137 Patienten, die zu diesem Zeitpunkt wieder entlassen werden konnten. Sie verglichen anschließend die Merkmale der Überlebenden und der Verstorbenen. Die wichtigsten Erkenntnisse:
Krankheitsverlauf
Im Median dauerte die Erkrankung bei den Überlebenden 22 Tage vom Symptombeginn bis zur Klinikentlassung nach einem negativen Virustest. Viren wurden im Median 20 Tage lang ausgeschieden, die Bandbreite reichte von acht bis 37 Tagen. Bei den Gestorbenen trat der Tod im Mittel nach knapp 19 Tagen ein.
Dies lässt darauf schließen, dass die Sterbezahlen erst zwei bis drei Wochen nach Beginn eines Ausbruchs merklich steigen. Alle COVID-19-Toten waren bis zum Schluss viruspositiv. Eine Behandlung mit Lopinavir/Ritonavir konnte die Dauer der Virusausscheidung nicht verkürzen.
Ein Rückgang des Fiebers nach etwa zehn Tagen ist das erste positive Zeichen. Bei Patienten mit tödlichem Ausgang bleibt das Fieber durchgehend oder geht nach rund zehn Tagen etwas zurück, um dann wieder anzusteigen. Einige Tage nach dem Fieber lassen auch Husten und Atemnot nach. Persistieren solcher Beschwerden nach zwei Wochen noch, ist dies ebenfalls ein schlechtes Zeichen.
Alter
Die Verstorbenen waren im Schnitt 69 Jahre alt, die Überlebenden 52 Jahre. Werden bekannte Begleitfaktoren wie Geschlecht und Komorbiditäten berücksichtigt, steigt nach den chinesischen Daten das COVID-19-Sterberisiko mit jedem Lebensjahr um zehn Prozent. Allerdings nimmt das Risiko mit dem Alter nicht linear, sondern exponentiell zu.
Dafür spricht eine Auswertung der bis zum 9. März registrierten 463 Todesfälle in Italien. Wie die Zeitung „La Republica“ unter Verweis auf den italienischen Zivilschutzleiter Angelo Borrelli berichtet, waren nur ein Prozent der Verstorbenen im Alter von 50 bis 59 Jahren. Zehn Prozent waren zwischen 60 und 69 Jahre alt, 31 Prozent zwischen 70 und 79 und fast die Hälfte (44 %) waren im Alter von 80 bis 89 Jahren.
Die übrigen 14 Prozent hatten bereits das 90. Lebensjahr erreicht oder überschritten. Danach müssen bei einer schweren Infektion vor allem Patienten über 70 Jahren um ihr Leben fürchten.
Geschlecht und Begleitkrankheiten
COVID-19 setzt vor allem Männern zu – diese stellten in Wuhan 70 Prozent der Gestorbenen und 59 Prozent der Überlebenden. Begleiterkrankungen wie Hypertonie, Diabetes und koronare Herzkrankheit traten bei den Verstorbenen etwa doppelt so häufig auf wie unter den Überlebenden.
Allerdings hatte ein Drittel der Gestorbenen keine bekannten Begleiterkrankungen, solche konnten die Ärzte auch bei 60 Prozent der Überlebenden nicht feststellen. Wer körperlich gesund ist, hat zwar deutlich bessere Überlebenschancen, ist aber nicht vor einer kritischen COVID-Erkrankung gefeit.
Komplikationen
Wenig überraschend gehen eine virale Sepsis, ein septischer Schock und sukzessives Organversagen im Krankheitsverlauf mit einer schlechten Prognose einher. Allerdings stellten die Ärzte in Wuhan auch bei vier von zehn Überlebenden eine Sepsis fest. Einen septischen Schock erlitten 70 Prozent der Gestorbenen, aber keiner der Überlebenden, eine schwere Atemnot wurde bei allen Verstorbenen und einem Drittel der Überlebenden diagnostiziert.
32 Patienten benötigten eine invasive mechanische Beatmung, davon starben schließlich 31. Im Schnitt dauerte es neun Tage bis zur Sepsis und zwölf Tage bis zur Aufnahme auf eine Intensivstation – hier gab es keine Unterschiede im zeitlichen Verlauf zwischen Überlebenden und Sterbenden.
Laborwerte
Prognostisch relevant ist vor allem der D-Dimer-Test. Die Werte waren bei praktisch allen Überlebenden durchgehend niedrig (< 1 μg/L). Unter den später Verstorbenen stiegen sie ab dem siebten Krankheitstag jedoch plötzlich an – auf im Schnitt 42 Mikrogramm/Liter an Tag 22. Ein kontinuierlicher Anstieg ist daher ein sehr schlechtes Zeichen.
Ungünstig ist ebenfalls eine niedrige Lymphozytenzahl. Die Verstorbenen hatten um die Hälfte bis zwei Drittel niedrigere Werte als die Überlebenden, und dies von Tag 4 der Erkrankung an. Bei den Überlebenden stieg die Zahl nach etwa zehn Tagen im Mittel kontinuierlich bis auf 1,43 x 109 pro Liter, bei den Verstorbenen war sie stetig bis auf 0,44×109 gesunken. Hohe Werte von Serum-Ferritin sowie ein LDH-Anstieg gingen ebenfalls mit einer ungünstigen Prognose einher.
Quelle: Ärzte Zeitung