Die Sandmücke ist in Süddeutschland auf dem Vormarsch

(kib) Sie sind nur wenige Millimeter groß, stark behaart, haben aufrechte V-förmige Flügel, beigefarbene Körper und schwarze Knopfaugen: Sandmücken. Manch einer hat im Mittelmeerurlaub schon üble Bekanntschaft mit den fürchterlich juckenden Pusteln im Gesicht, im Nacken, an Armen oder Beinen gemacht. Nach und nach erobern sie nun auch Süddeutschland.

24.07.2020

Sandmücken
© Foto: Sandra Oerther
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Um mehr über die Ausbreitung und das Risiko der von ihr übertragenen Krankheiten zu erfahren, fördert die Klaus Tschira Stiftung eine Promotion an der Uni Heidelberg. Doktorandin Sandra Oerther nimmt im Rahmen dieser sowohl das Überträgerpotenzial als auch die Art der Virus- und Parasiten-Last unter die Lupe.

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1999 wurden Sandmücken erstmals in Deutschland entdeckt. Die Fundorte befinden sich vor allem in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz. Jetzt scheinen sie sich im Zuge des Klimawandels auszubreiten. Damit könnten auch bislang unbekannte Krankheiten in der Region Einzug halten. Sicher ist schon jetzt, dass sich die Lebensbedingungen für die Sandmücken dank steigender Jahresmitteltemperaturen und warmer Sommernächte beträchtlich verbessert haben.

In den Jahren 2015 bis 2020 gingen der Doktorandin ungefähr 150 Individuen in die Falle. Gefunden wurden die Sandmücken an allen bereits bekannten Orten sowie 15 zusätzlichen. „Sie sind weiter verbreitet als bisher angenommen“, bilanziert sie ihre Ergebnisse, „und wo sie einmal waren, findet man sie in der Regel wieder.“

Das Forschungsgebiet von Oerther ist dabei ebenso spannend wie knifflig. Denn die Lebensweise der Sandmücke (gr. Phlebotominae, „phlebos“ für Vene und „tome“ für Schnitt) ist speziell. Sie leben in meist unbewohnten, lehmgestampften, alten und naturbelassenen Gebäuden wie Ställen, Scheunen oder Einbuchtungen im Gestein wie dem Isteiner Klotz. Diese Orte sind windgeschützt sind und weisen in der Regel eine höhere Luftfeuchtigkeit auf als die Umgebung.

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Die nachtaktive weibliche Sandmücke ist ein Pool-Sauger. Das heißt, der Stich dauert etwa drei bis fünf Minuten und dabei entsteht ein kleines Loch. Das entstandene Reservoir aus Blut und Lymphe wird dann von ihr aufgesaugt.

Aktiv ist sie in den Monaten von Ende Juni bis August. Die Eier, werden an feuchten Stellen auf dem Erdboden oder auch Gemäuerritzen abgelegt. Im Unterschied zu den Stechmücken (Fam. Culicidae) brauchen Phlebotomen-Weibchen nicht zwingend eine Blutmahlzeit, um Eier legen zu können. Zur Ernährung werden meist Zucker oder Pflanzensäfte bevorzugt.

Wie bei allen blutsaugenden Insekten geht auch bei der Sandmücke die größte Gefahr von ihrer Rolle Funktion als Überträgerin von Viren, Bakterien und Parasiten aus. Oerther hat bei ihren Untersuchungen neben den Phleboviren (u. a. das Toskana-Virus) vor allem die Leishmaniose in den Blick genommen. Bei der Krankheit richten die Leishmanien im Körper von Menschen, aber auch von Hunden, Katzen oder Pferden Gewebeschäden an. Je nach Art und Schweregrad der Erkrankung können Leishmanien neben Haut und Schleimhaut auch Milz, Leber, Knochenmark sowie Lymphknoten schädigen.

Der Schweregrad der Erkrankung und das Krankheitsbild richten sich nach Erregerart, Schwere des Befalls und Abwehrkraft der Infizierten. Die Leishmaniose zeigt bei Mensch und Tier meist unterschiedliche Krankheitsbilder.

Bei den Untersuchungen von Oerther gab es zumindest einen Grund zur Entwarnung. Es wurden von ihr bislang nur Sandmücken der Art Phlebotomus mascittii entdeckt. Und die wiederum sind zur Fortpflanzung nicht unbedingt auf eine Blutmahlzeit angewiesen. Schlecht für die Leishmanien, die nur dann übertragen werden, wenn eine Sandmücke erst einen infizierten Wirt und dann einen Gesunden sticht. Was aber heute schon übertragen werden könnte, sind Viren. Das Toskana-Fieber beispielsweise – eine grippeähnliche Erkrankung, die zu Hirnhautentzündung führen kann.

Um sich vor den Stichen der Sandmücken zu schützen, können derzeit nur die gängigen Mittel des Mückenschutzes empfohlen werden.

Quelle: IDW

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