„Ehrliches“ Placebo lindert Rückenschmerzen

(kib) In einer US-Studie war die nach entsprechender Aufklärung erfolgte Open-Label-Behandlung mit einer Kochsalzspritze teilweise wirksamer als eine Standardtherapie.

22.10.2024

Spritze wird in den Rücken injiziert
© Foto: Elnur / stock.adobe.com
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Bei der Open-Label-Placebo(OLP)-Therapie wird Patienten und Patientinnen nichts vorgegaukelt: Sie werden darüber aufgeklärt, dass das verabreichte Substrat keinen aktiven Inhaltsstoff enthält. Gleichzeitig wird ihnen erzählt, dass sich damit aber unter Umständen deutliche Effekte erzielen lassen, ohne dass die genauen Wirkmechanismen geklärt seien.

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In einer so aufgestellten, kleinen Studie aus den USA wurde der Effekt einer Kochsalzspritze bei Menschen mit chronischen Rückenschmerzen untersucht. Dazu wurden 101 Patientinnen und Patienten (Frauenanteil 51 %) im Alter zwischen 21 und 70 Jahren ausgewählt, die im letzten halben Jahr an wenigstens der Hälfte der Tage unter mindestens mittelgradigen Rückenschmerzen gelitten hatten.

Im Mittel bestanden diese seit knapp zehn Jahren und erreichten im Wochendurchschnitt einen Wert von vier auf der Zehn-Punkte-Skala des Brief Pain Inventory-Short Form (BPI-SF, mit 10 Punkten als Schmerzmaximum).

Aufklärung in entspannter Atmosphäre

Im Anschluss an ein empathisches Aufklärungsgespräch in angenehmer Atmosphäre erhielten 51 Teilnehmende die Kochsalzspritze subkutan in die Region des Rückens, die am meisten schmerzte. Während der Injektion wurden außerdem funktionelle MRT-Aufnahmen angefertigt.

Die Vergleichsgruppe bestand aus 50 Personen, die weiterhin ihre bisherige Standardtherapie erhielten. Wie diese aussah, wurde nicht detailliert beschrieben.

Weniger Schmerzen

Nach einem Monat füllten alle Beteiligten wieder den Schmerzfragebogen aus. Von den 44 verbliebenen Personen der Placebo-Gruppe berichteten gut 45 Prozent über eine mindestens 30-prozentige Schmerzreduktion, 24 Prozent sogar von einer Schmerzreduktion um mindestens die Hälfte. Die entsprechenden Anteile in der Standardgruppe (n = 47) betrugen 38 Prozent bzw. 15 Prozent.

Der Unterschied auf der Schmerzskala zwischen beiden Gruppen betrug nach einem Monat 0,61 Punkte zugunsten der Placebo-Spritze und war damit signifikant.

Nach Yoni K. Ashar von der Universität Colorado und ihrem Team war dieser Effekt zwar nicht sehr ausgeprägt. Die klinische Bedeutung liege jedoch vor allem darin, dass man den Betroffenen mit einer solchen angekündigten Scheinbehandlung die möglichen Nebenwirkungen einer medikamentösen Rückenschmerztherapie ersparen könne.

Psychische Wohlbefinden steigt langfristig

Ein Jahr nach Erhalt der Spritze hatten sich die Unterschiede bei den selbst berichteten Rückenschmerzen allerdings ausgeglichen. Dafür schien die Placebo-Gruppe im Hinblick auf das psychische Wohlbefinden langfristig profitiert zu haben: So waren die Werte auf spezifischen Skalen zu Depression, Ängsten, Schlafstörungen und Wut nach einem Jahr signifikant besser als in der Vergleichsgruppe (nach einem Monat hatte sich dieser Unterschied noch nicht abgezeichnet).

Das Team weist darauf hin, dass die gefundenen Effekte weniger von der Injektion per se beeinflusst waren, dafür umso mehr von den Abläufen rund um die Verabreichung der Spritze. Daraus folgert das Team, „dass psychologische Therapiekomponenten wie die Patientenaufklärung wahrscheinlich essenziell sind für den therapeutischen Effekt“.

Quelle: Ärzte Zeitung

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