Ein Spaß mit hohem Risiko
Nach Statistiken der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin geschehen hierzulande jedes Jahr zwischen 30000 und 93000 Unfälle mit Pferden. Reiten gehört zu den drei unfallträchtigsten Sportarten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland.
Besonders häufig treten Verletzungen an Armen und Händen auf, gefolgt von Verletzungen am Kopf. Auch die Wirbelsäule oder Rücken werden oftmals bei einem Unfall in Mitleidenschaft gezogen. Ebenso bekannt sind Fälle von Milz- oder Nierenrissen nach einem Reitunfall.
Dabei ist die Schwere der aus Reitunfällen resultierenden Verletzungen im Vergleich zu anderen Sportarten besonders hoch. Im Durchschnitt weisen lediglich Kinder und Jugendliche, die von einem Auto angefahren wurden, schwerere Verletzungen auf als diejenigen, die beim Reiten verunglücken.
Trotz der Risiken halten die meisten Sportmediziner viel vom Reitsport, oft empfehlen sie ihn sogar als Therapie, auch für Kinder. Die Gründe sind vielfältig: Reiten trainiert den ganzen Stütz- und Bewegungsapparat, vor allem die Lendenwirbelsäule und das Becken und wirkt deshalb vorbeugend und heilend bei Haltungsschäden.
Da sich der Reiter den unterschiedlichen Gangarten des Pferdes rhythmisch anpassen muss, begünstigt das Reiten auch den Kreislauf und die Herzfunktion. Die inneren Organe werden intensiv durchblutet, sogar die Verdauung funktioniert besser.
Auch auf die seelische und soziale Entwicklung von Kindern hat das Reiten offenbar eine ausgleichende und fördernde Wirkung: Im Umgang mit dem Pferd und bei seiner Pflege übt das Kind Verantwortung und Fürsorglichkeit. In der verwirrenden Seelenlage der Pubertät dient das Pferd als guter Zuhörer und Objekt zum Liebhaben. Da Reiten Gruppensport ist, lernt das Kind auch, sich in einer Gruppe zurechtzufinden. Schließlich hebt es das kindliche Selbstbewusstsein ganz ungemein, mit einem so großen Tier umgehen und es lenken zu können.
Um Verletzungen vorzubeugen, sollten Eltern pferdenärrischer Kinder darauf achten, dass ihr Kind sorgfältig mit den Eigenarten des jeweiligen Pferdes umzugehen lernt; nie allein ausreitet, wenn es nicht schon sehr sicher im Sattel sitzt; und immer einen Reithelm trägt und zwar auch bei Arbeiten im Stall!
Die Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder“ warnt davor, aus falschem Traditionsbewusstsein noch einfache Reitkappen zu tragen, die nicht vor Verletzungen schützen. Wichtig zu wissen: Die seit 1996 gültige Norm für Reithelme EN1384 wurde zum Ende 2014 außer Kraft gesetzt.
Derzeit gültig ist die Übergangsnorm "VG1 01.040 2014-12" (kurz auch "VG1" genannt). Nach dieser Norm werden Helme so lange produziert, bis eine neue europäische Sicherheitsnorm (vermutlich noch in diesem Jahr) in Kraft getreten ist. Die neue Norm soll voraussichtlich EN 1384:2016 heißen.
Fahrradhelme sind keine echte Alternative. Sie werden nicht auf seitliche Quetschungen geprüft, die einen Hufaufschlag simulieren sollen. Für diesen Ernstfall kann kein Fahrradhelm Sicherheit bieten.
Wichtig sind auch passende Sattel, eine bequeme Reithose und feste Stiefeln ohne Profilsohle. Für Kinder empfiehlt sich auch das Tragen einer versteiften Reitschutzweste.
Ungeübte Reitende haben ein höheres Verletzungsrisiko. Die Stiftung Kindergesundheit empfiehlt deshalb sowohl erwachsenen Reitern als auch pferdebegeisterten Kindern eine kontinuierliche Teilnahme an Falltrainingsprogrammen, wie sie von der Reiterlichen Vereinigung deutschlandweit angeboten werden.
Eine gute Vorübung für das Reiten und zugleich auch für jüngere Kinder geeignet ist das Voltigieren. Dabei lernt das Kind das Turnen auf einem im Kreis laufenden Pferd, aber auch den richtigen Umgang mit dem Tier und – was besonders wichtig ist – das richtige Fallen, mit dem man Sturzverletzungen vorbeugen kann.
Ein letzter wichtiger Hinweis der Stiftung Kindergesundheit gilt erwachsenen Autofahrern: Seien Sie vorsichtig, wenn Sie reitende Kinder mit Ihrem Auto überholen! Falls Sie zu nahe an einem Pferd vorbeifahren, könnte das Tier scheuen und das Kind gefährden.
Quelle: Stiftung Kindergesundheit