Enzephalitiden durch Bornaviren aus Spitzmäusen

(wg/fast) Mehrere tödliche Enzephalitiden in Süddeutschland wurden in den vergangenen Jahren offenbar unbemerkt durch ein von Feldspitzmäusen übertragenes Virus verursacht, berichten Regensburger Forscher. Sie gehen von weiteren Fällen aus.

10.01.2020

Eine auf Moos sitzende Spitzmaus.
© Foto: igreen_images / Getty Images / iStock
Anzeige

Ein beträchtlicher Anteil schwerer bis tödlicher Meningoenzephalitiden in Süddeutschland könnte durch das „Borna Disease Virus 1“ (BoDV-1) verursacht werden, vermuten Wissenschaftler vom Institut für Klinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität Regensburg.Das Virus ist Veterinären als Verursacher der Borna-Krankheit bekannt, einer meist tödlichen neurologischen Störung von Pferden, Schafen und anderen Haustieren. Vor zwei Jahren war BoDV-1 erstmals als Auslöser von schweren Enzephalitiden beim Menschen identifiziert worden. Betroffen waren drei Empfänger von Spenderorganen desselben Organspenders; zwei davon starben im weiteren Verlauf. Nach einigen weiteren Fällen haben die Regensburger Forscher nun Proben von Hirngewebe auf den Erreger untersucht.

Aktueller Podcast

Diese stammten von 56 Enzephalitis-Patienten aus Süddeutschland, die zwischen 1998 und 2018 mit Verdacht auf eine unbekannte Virusinfektion gestorben waren. Bei sechs der Patienten fanden sich Hinweise auf eine BoDV-1-Infektion, zwei weitere labordiagnostisch bestätigte Fälle wurden in die Analyse einbezogen. Alle acht Betroffenen waren binnen 16 bis 57 Tagen nach Symptombeginn gestorben. Der Analyse zufolge beginnt die Krankheit mit Fieber, Kopfweh und Verwirrtheit. Es folgen neurologische Symptome wie schwankender Gang, Erinnerungsverlust und fortschreitende Bewusstseinstrübung. Laut Erfahrungen verschlechtern sich die Symptome rapide, und es kommt zu tiefem Koma und frühem Tod.

„Hierdurch hat sich die Zahl der belegten tödlichen Borna-Fälle bei Menschen in Süddeutschland auf mindestens 14 erhöht“, wird Mitautor Prof. Martin Beer vom Friedrich-Loeffler-Institut in einer Mitteilung des Fachblatts „Lancet“ zitiert. Die Krankheit ist damit zwar noch relativ selten, doch könnte sie hinter einem größeren Anteil bisher unerklärbarer schwerer bis tödlicher Enzephalitis-Fälle stecken. Ferner müsse erforscht werden, ob nicht auch leichtere Fälle von Enzephalitis durch BoDV-1 verursacht werden könnten.

Quelle: Ärzte Zeitung

Kommentar schreiben

Die Meinung und Diskussion unserer Nutzer ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie im Sinne einer angenehmen Kommunikation auf unsere Netiquette. Vielen Dank!

Pflichtfeld *