Hessischer Apothekerverband startet Online-Petition
Am 27. und 28. Juni blieben viele Apotheken in Hessen geschlossen. Hunderte PTA, PKA und Approbierte gingen aus Protest gegen die geplante Apothekenreform auf die Straße. Nun wird die Bundesregierung in einer Online-Petition dazu aufgefordert, die umstrittenen Pläne aus dem Gesundheitsministerium in der entscheidenden Kabinettsitzung – voraussichtlich am 17. Juli 2024 – zurückzuweisen.
Zudem soll sich das Bundeskabinett für Überarbeitungen des Gesetzesentwurfs aussprechen, die aus Sicht des HAV sowohl die Patientensicherheit als auch die Stärkung der wohnortnahen Arzneimittelversorgung für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die öffentlichen Apotheken gleichermaßen berücksichtigen.
Unterschrift online und vor Ort möglich
Die Petition kann online unterschrieben werden. Patientinnen und Patienten, die sich für die Stärkung ihrer Apotheke einsetzen möchten, finden zudem entsprechende Unterschriftenlisten in ihrer Stammapotheke.
In der Petition heißt es: „Voraussichtlich am 17. Juli 2024 beschließt die Bundesregierung über einen vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgelegten Entwurf einer Apothekenreform, der für die Menschen in der Bundesrepublik massive Einschnitte in der sicheren und flächendeckenden Arzneimittelversorgung durch die öffentliche Apotheke vor Ort mit sich bringt. So plant das BMG, künftig auf die Kompetenz von Apothekerinnen und Apothekern in der Apotheke zu verzichten, Leistungen und Öffnungszeiten einzuschränken und das bewährte System der wohnortnahen Arzneimittelversorgung durch die aktuell noch rund 17.500 öffentlichen Apotheken einem radikalen Systemwechsel zu unterziehen.“
Das, so der HAV-Vorsitzende Holger Seyfarth in einer Pressemitteilung, hat gravierende Auswirkungen auf die Patientensicherheit, eine funktionierende Arzneimitteltherapie und den Leistungsumfang durch die öffentlichen Apotheken. Wie diese Auswirkungen ganz konkret aussehen, steht ebenfalls in der Petition an die Bundesregierung:
- Studierte Apothekerinnen und Apotheker mit ihrer pharmazeutischen Kompetenz für Beratungsleistungen und Kontrollfunktionen sollen künftig nur noch acht Stunden pro Woche in einer Apotheke anwesend sein müssen. Das Bundesgesundheitsministerium nimmt den Patientinnen und Patienten damit wertvolle, vertraute und kompetente Ansprechpartner für ihr höchstes Gut: ihre Gesundheit.
- Apothekenleistungen wie beispielsweise die Abgabe von starken Schmerzmitteln (Betäubungsmittel), das Erkennen von Einnahmeproblemen, Medikationsanalysen, die Herstellung von Arzneimitteln vor Ort (Rezepturen) oder Impfungen fallen in den Zeiten, in denen keine Apothekerin oder kein Apotheker anwesend ist, entweder komplett weg oder sind nur noch nach einer Terminvereinbarung erhältlich, um die sich die Patientinnen und Patienten künftig nach dem Willen des Bundesgesundheitsministeriums offenkundig selbst kümmern müssen.
- Die Wegnahme der pharmazeutischen Kompetenz aus den Apothekenbetrieben wird dazu führen, dass die Apotheken vom kompetenten Gesundheitsdienstleister zur reinen Abgabestelle für Arzneimittel degradiert werden. Die bis heute hohe Qualität in der wohnortnahen Arzneimittelversorgung, also die Daseinsfürsorge, wird somit als zweitrangig eingestuft. Die hochwertige und sichere Versorgung mit Medikamenten wird zugunsten der Ökonomisierung geopfert, weil die Inhaberinnen und Inhaber ihre Betriebe künftig maximal wirtschaftlich optimieren müssen. Auch für Menschen in strukturschwachen Regionen wird dieser Qualitätsverlust zur Gefahr, die schnell in einer Zwei-Klassen-Versorgung mündet.
- Das Apothekensterben wird sich noch weiter beschleunigen und sowohl in den Städten als auch in ländlichen Regionen massiv zunehmen. Denn das Bundesgesundheitsministerium versäumt es, mit seinem Reformvorhaben endlich für eine nachhaltige wirtschaftliche Stärkung der öffentlichen Apotheken und deren gesetzlich verankertem Versorgungsauftrag zu sorgen.
HAV-Vorsitzender Holger Seyfarth nimmt am 02. Juli auf Einladung der CDU-Fraktionsvorsitzenden im Hessischen Landtag, Ines Claus, an der Sitzung der CDU-Landtagsfraktion teil und wird dort ebenfalls appellieren, alle Möglichkeiten auf Ebene der Länder und des Bundes zu nutzen, um die Bundesregierung von den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums abzubringen.
Quelle: Hessischer Apothekerverband