Kleine Darmspiegelung ist effektiver als ihr Ruf

(kib) Die als „kleine Darmspiegelung“ bezeichnete flexible Sigmoidoskopie wird derzeit nur wenig zur Darmkrebsvorsorge eingesetzt. Doch ihr präventives Potenzial wurde bislang deutlich unterschätzt, erklärt das Deutsche Krebsforschungszentrum.

02.05.2024

Kalenderblattausschnitt mit Eintrat „Darmspiegelung“
© Foto: Henry Schmitt / stock.adobe.com
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Die als „kleine Darmspiegelung“ bezeichnete flexible Sigmoidoskopie ist weniger aufwendig und weniger kostenintensiv als die endoskopische Untersuchung des gesamten Dickdarms, die Koloskopie. In Deutschland wird bisher allerdings, neben dem Test auf Blut im Stuhl, ausschließlich die Koloskopie zur Früherkennung angeboten.

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Präventives Potenzial unterschätzt

Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) haben die Studien zur Sigmoidoskopie daher noch einmal unter die Lupe genommen. Sie kommen zu dem Schluss: Das präventive Potenzial der Sigmoidoskopie wurde bislang deutlich unterschätzt.

Durch eine einmalige flexible Sigmoidoskopie im Alter zwischen 55 und 64 Jahren lassen sich annähernd zwei von drei Krebserkrankungen im Mastdarm und unteren Bereich des Dickdarms verhindern, heißt es in der DKFZ-Meldung.

Das habe die zusammenfassende Neubewertung zweier großer Studien ergeben, deren Teilnehmer über mehr als 15 Jahre hinweg beobachtet wurden. „Unsere Analyse spricht für eine deutlich größere präventive Wirksamkeit, als es die Originalpublikationen nahelegen. Sie untermauert die Effektivität der Sigmoidoskopie in der Darmkrebsvorsorge“, so der Epidemiologe Hermann Brenner, der bei der Neuauswertung federführend war.

Was ist die kleine „kleinen Darmspiegelung“?

Bei der Sigmoidoskopie, der „kleinen Darmspiegelung“, bleibt die Untersuchung auf den Mastdarm und untere Dickdarmabschnitte beschränkt. Das ist für die Untersuchten weniger belastend. Insbesondere sind keine aufwändigen vorbereitenden Maßnahmen zur kompletten Darmentleerung erforderlich. „Das ist ein wichtiger Aspekt mit Blick auf die Akzeptanz“, betont Brenner.

Das ergaben frühere Studien

Zur präventiven Wirksamkeit der Sigmoidoskopie liegen insgesamt vier prospektive randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) vor, die alle zu ähnlichen Ergebnissen kamen. Laut einer früher veröffentlichten Analyse der zusammengefassten Studiendaten bewegt sich das präventive Potenzial der „kleinen Darmspiegelung“ in folgender Größenordnung: Wenn Einladungen zur Vorsorge-Sigmoidoskopie erfolgten, ließe sich das Auftreten von Darmkrebs um 21 Prozent reduzieren, wobei sich das Risiko von Tumoren im unteren Dickdarm um 32 Prozent verringerte.

Die Darmkrebs-Sterblichkeit ließ sich mittels Sigmoidoskopie um 20 Prozent reduzieren. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts erkrankt in Deutschland einer von 15 Männern und eine von 19 Frauen im Laufe des Lebens an Darmkrebs.

Diese Zahlen müssen laut der Neuauswertung der DKFZ-Wissenschaftler nach oben korrigiert werden. Denn auch bei RTCs, die als Goldstandard für den Nachweis von Screening-Effekten gelten, kann es methodische „Unschärfen“ geben, die das Ergebnis verfälschen können. Darauf hatten die Epidemiologen vom Deutschen Krebsforschungszentrum schon früher aufmerksam gemacht.

Neu kalkuliertes Präventionspotenzial

Die Prävalenz-Verzerrung durch unentdeckte Darmkrebserkrankungen war einer der Aspekte, die die DKFZ-Wissenschaftler im Blick hatten, als sie das präventive Potenzial der kleinen Darmspiegelung neu kalkulierten.

Und das kam bei der Neuanalyse heraus: Wurden alle Probanden der Screening-Gruppe mit der Kontrollgruppe verglichen, so ergab sich ein um 29 Prozent geringeres Darmkrebsrisiko. Wurden bei der Auswertung nur diejenigen berücksichtigt, die die Vorsorgeuntersuchung tatsächlich wahrgenommen hatten, ergab sich nach der Sigmoidoskopie sogar ein um 41 Prozent verringertes Darmkrebsrisiko.

Und noch deutlicher fiel der präventive Nutzen bezüglich Tumoren der unteren Dickdarmabschnitte aus, die bei einer Sigmoidoskopie direkt eingesehen werden: Tumoren der unteren Darmabschnitte ließen sich mittels einer vorsorglichen Sigmoidoskopie zu 66 Prozent verhüten.

Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum

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