Kratom: Nahrungsergänzungsmittel oder tödliche Droge?
In Deutschland ist Kratom als Nahrungsergänzungsmittel beziehungsweise als natürlicher Farbstoff mit „beruhigender Wirkung“ derzeit frei verfügbar und mit Lieferung „frei Haus“ im Internet für jedermann zu bestellen, berichten die Autorinnen und Autoren in einem in der Fachzeitschrift Rechtsmedizin erschienenen Artikel.
Der Fall
Ein unter 30-jähriger Mann wurde morgens leblos in seinem Bett aufgefunden. Nach Angaben aus dem Umfeld war er depressiv und hatte früher einmal Cannabis konsumiert. Zudem hatte der Mann in der Vergangenheit in unregelmäßigen Abständen Krampfanfälle erlitten. Seit etwa einem Jahr konsumierte er keine Drogen mehr, trieb regelmäßig Sport und achtete streng auf seine Ernährung mithilfe von Nahrungsergänzungsmitteln.
Nach Einsicht in die medizinischen Unterlagen kam heraus, dass der Verstorbene etwa 18 Monate zuvor wegen eines Krampfanfall aufgrund einer Überdosierung des Nahrungsergänzungsmittels Kratom ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Eigenanamnestisch soll in diesem Zusammenhang eine regelmäßige Einnahme von Kratom angegeben worden sein.
Die Ergebnisse der Obduktion ergaben einen Verdacht auf eine Intoxikation. Bei umfangreichen chemisch-toxikologischen Untersuchungen wurden unter anderem im Urin und im Venenblut verschiedene Mitragyninmetabolite nachgewiesen. Letztendlich stellten die Rechtsmediziner als Todesursache eine Monointoxikation mit Kratom fest.
Kratom: Alkaloide sind Übeltäter
Der tropische Kratombaum (Mitragyna speciosa) ist im südostasiatischen Raum heimisch. Traditionell werden die Blätter gekaut oder die aus den Blättern gewonnenen Präparate (Kratom) als Stimulans eingenommen, als Tee getrunken oder geraucht.
Kratom enthält zahlreiche Alkaloide. Die relevantesten Inhaltsstoffe sind Mitragynin und 7‑Hydroxymitragynin, deren Wirkmechanismen noch nicht in vollem Umfang geklärt sind.
In höheren Dosierungen kommt es zu sedierenden und narkotisierenden Wirkungen, die durch agonistische Wirkungen an µ‑Opioid-Rezeptoren zu erklären sind. In der Literatur werden Überdosierungssymptome bis zu Krampfanfällen, Halluzinationen, Ateminsuffizienz und Koma oder Tod beschrieben.
Kratom ist gefährlich
Tödliche Verläufe sind bisher vor allem aus den USA bekannt und hier aufgrund von Mischintoxikationen mit anderen Drogen wie Opioiden, insbesondere Fentanyl und Analoga, Benzodiazepinen und Pregabalin. Nun gab es erstmals in Deutschland einen Todesfall, der sich auf eine ausschließliche Vergiftung mit Kratom zurückführen lässt, berichten die Autorinnen und Autoren.
Aus ihrer Sicht unterstreicht der vorgestellte Fall die Gefährlichkeit der Substanz und damit die Notwendigkeit der öffentlichen und behördlichen Sensibilisierung. Die Verbraucherzentrale warne vor dem Konsum: „Kratom-Pulver kann abhängig machen und gefährliche Nebenwirkungen haben.“
Quelle: springermedizin.de / Rechtsmedizin