Kreidezähne – eine neue Volkskrankheit

(kib) Die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) ist nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde eine neue Volkskrankheit. In bestimmten Altersgruppen tritt sie öfter auf als Karies.

01.06.2018

Junge zeigt Zähne
© Foto: photos.com (Symbolbild mit Fotomodell)
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MIH bedeutet eine systemisch bedingte Strukturanomalie primär des Zahnschmelzes, die auf eine Mineralisationsstörung zurück zu führen ist. Sie tritt an einem bis zu allen vier ersten bleibenden Molaren und seltener auch an den Schneidezähnen (Inzisiven) auf. Solche "Kreidezähne" sind äußerst schmerzempfindlich und reagieren sehr sensibel auf Hitze, Kälte und Zähneputzen.

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MIH hat eine rasante Entwicklung durchlaufen. 1987 wurde die Krankheit erstmals wissenschaftlich beschrieben, heute lässt sich bereits von einer neuen Volkskrankheit sprechen: Im Durchschnitt leiden zehn bis 15 Prozent der Kinder an MIH, bei den 12-Jährigen liegt die Quote laut der fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS V) inzwischen sogar bei über 30 Prozent.

Eine wesentliche Rolle bei der Entstehung scheinen Weichmacher aus Kunststoffen zu spielen, die mit der Nahrung aufgenommen werden. Aufgrund von Tierversuchen ließ sich ein Zusammenhang zwischen Bisphenol A-Konsum und der Entwicklung von MIH nachweisen. Bei entsprechender Prophylaxe kann drohender Kariesbefall für solche Zähne dennoch abgewendet und deren Erhalt gesichert werden.

Als weitere potenzielle Ursachen für MIH kommen Probleme während der Schwangerschaft, Infektionskrankheiten, Antibiotikagaben, Windpocken, Einflüsse durch Dioxine sowie Erkrankungen der oberen Luftwege in Betracht. Diskutiert wird ein multifaktorielles Geschehen. Dennoch gilt die präzise Ursache wissenschaftlich weiterhin als ungeklärt.

Häufig weisen bei MIH die bleibenden Frontzähne und zunehmend auch die 2. Milchmolaren Fehlstrukturierungen auf. Klinisch fällt die unterschiedliche Ausprägung der Erkrankung auf. Die Mineralisationsstörung kann sich dabei auf einen einzelnen Höcker beschränken oder aber die gesamte Oberfläche der Zähne betreffen.

Die milde Form der MIH zeigt eher weiß-gelbliche oder gelb-braune, unregelmäßige Trübungen (Opazitäten) im Bereich der Kauflächen und/oder Höcker. Die schwere Form der Zahnentwicklungsstörung weisen abgesplitterte oder fehlenden Schmelz- und/oder Dentinareale unterschiedlichen Ausmaßes auf. Die betroffenen Patienten klagen über Schmerzen beim Trinken, Essen und Zähneputzen. Dies beeinträchtigt die Lebensqualität der jungen Patienten und erschwert die Behandlung beim Zahnarzt. Dennoch ist in diesen Fällen ein schnelles therapeutisches Eingreifen dringend geboten.

Weil die Veränderungen sich schon während der Zahnentwicklung ereignen und die genauen Ursachen noch nicht geklärt sind, ist eine wirksame Prävention gegen MIH nicht möglich. Da MIH-Zähne aber eine raue Oberfläche und in der Substanz eine schlechtere Qualität aufweisen, sind sie besonders kariesanfällig. Deshalb muss über das Zähneputzen hinaus eine besonders intensive Prophylaxe betrieben werden, um die Zähne vor Karies zu schützen.

Hierfür stehen insbesondere Fluoridierungsmaßnahmen in der häuslichen Umgebung und der Zahnarztpraxis zur Verfügung, die altersbezogen angewandt werden müssen. Regelmäßige Untersuchungen beim Zahnarzt, die Behandlung mit Fluoridlack und der Aufbau der Zähne mit verschiedenen Techniken können dazu beitragen, auch von MIH befallene Zähne bei guter Pflege ein Leben lang zu erhalten.

Quelle: IDW

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