Lactobacillus ist die Mikrobe des Jahres 2018

(kib) Die Mikrobe des Jahres verzehren wir täglich: als Sauerteigbrot mit Käse oder Salami, im Joghurt oder in Form von Sauerkraut, roter Bete, eingelegten Gurken oder Oliven. Und sie begleitet uns von Geburt an. Viele gute Gründe für die Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie, Lactobacillus zur Mikrobe des Jahres zu küren.

10.01.2018

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© Foto: Horst Neve
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Lactobacillus, übersetzt „Milch-Stäbchen“, ist Teil unserer Kulturgeschichte: Vor etwa 7000 Jahren begannen sesshaft gewordene Viehzüchter in Nordeuropa verstärkt Milch(-produkte) zu verzehren. Die Bildung des eigentlich nur bei Säuglingen vorhandenen Enzyms Laktase für den Abbau von Milchzucker setzte sich daraufhin bei erwachsenen Mitteleuropäern durch. Die Menschen entdeckten, dass sauer gewordene Milch nutzbar und lecker sein kann: in Form von Joghurt, Kefir oder Käse beispielsweise.

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Dafür ist vor allem Lactobacillus verantwortlich – ebenso wie für Säuerungsvorgänge zur Herstellung von Sauerteigbrot, Sauerkraut oder anderen eingelegten Gemüsesorten. Lactobacillus bildet aus den vorhandenen Kohlenhydraten Milchsäure. Dadurch sinkt der pH-Wert so stark, dass sich schädliche Bakterien nicht vermehren können: Lebensmittel werden haltbar. Etwa 5000 solcher Lactobacillus-fermentierter Lebensmittel sind weltweit bekannt.

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Lactobacillus begleitet uns von Geburt an: Bei der Passage durch den mütterlichen Geburtskanal werden die Bakterien auf das Baby übertragen. Die Laktobazillen schützen das Neugeborene vor Krankheitserregern. Es gibt Hinweise, dass Laktobazillen die Wahrscheinlichkeit von Allergien und Autoimmunkrankheiten wie Diabetes mellitus und Morbus Crohn verringern.

Helfer für Leib und Seele

Laktobazillen übernehmen viele weitere Aufgaben für unsere Gesundheit: Dank bestimmter Enzyme machen sie für den Menschen unverdauliche Kohlenhydrate zugänglich – vor allem die Ballaststoffe aus Vollkorn und Gemüse, die im Dünndarm die erwünschten Darmbakterien stimulieren. Solche Ballaststoffe werden heutzutage als „Präbiotika“ manchen Lebensmitteln zugesetzt, beispielsweise in Form der langkettigen Zucker Inulin oder Oligofruktose.

Als „Probiotika“ werden hingegen Nahrungs- oder Heilmittel bezeichnet, die gezielt bestimmte Bakterienstämme enthalten. Ob natürlich oder zugesetzt: Laktobazillen sind wichtig für die Funktion der Darmschleimhaut, die Nährstoffe vom Darm ins Blut transportiert und auch unser Immunsystem unterstützt.

Milchsäure für Bio-Plastik und Medizintechnik

Biotechnologisch werden Laktobazillen eingesetzt, um im industriellen Maßstab Milchsäure herzustellen – weltweit etwa 500.000 Tonnen pro Jahr. Als Lebensmittelzusatzstoff (E 270) erhöht Milchsäure die Haltbarkeit von Back- und Süßwaren sowie Limonaden. Auch Seifen, Cremes und Spülmittel enthalten die desinfizierend wirkende Milchsäure.

Durch Verknüpfung mehrerer Milchsäure-Moleküle entstehen Milchsäure-Ketten, die Polylactide. Daraus gewonnene Materialien sind stabil, aber biologisch abbaubar, sodass sie zu Bio-Folien und -Verpackungen verarbeitet werden. Medizintechniker verwenden Polylactide für Nahtmaterialien und Implantate, die sich nach einiger Zeit im Körper zersetzen. 

Quelle: Mikrobiologen der Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie

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