Legales Kiffen? Regierung gibt grünes Licht für Cannabisgesetz
aktualisiert am 16.08., um 12:30 UhrCannabis für den medizinischen Gebrauch gibt es in Deutschland bereits seit 2017. Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP will Besitz und Anbau von Cannabis in Grenzen straffrei stellen. Geplant ist, dass grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis für über 18-Jährige und der Anbau von maximal drei Pflanzen zum Eigenbedarf erlaubt werden sollen. Einen freien Verkauf der Droge in spezialisierten Geschäften soll es nicht geben. Cannabis soll stattdessen in "Cannabis-Clubs" gemeinschaftlich angebaut und abgegeben werden dürfen. Die Vereine und Vereinsmitglieder müssen sich dabei an strenge Regeln halten. Mit einem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes rechnet das Gesundheitsministerium bis zum Jahresende.
Cannabis schadet jungen Gehirnen
Obwohl der Gesetzesentwurf eine Legalisierung für Personen ab 18 Jahren vorsieht, warnt der Gesundheitsminister, dass Cannabis besonders dem noch wachsenden Gehirn schade. „Bis zum 25. Lebensjahr wird das Gehirn noch umgebaut. Wer in dieser Altersphase konsumiert, der schadet sich besonders", sagt Lauterbach. Er wolle „den Cannabis-Konsum bei Jugendlichen zurückdrängen und ihn für die, die konsumieren wollen, sicherer machen".
Die Aufklärung der Bevölkerung ist ebenfalls geplant. „Wir werden parallel zur Gesetzgebung eine große Kampagne fahren, um auf die Risiken des Cannabis-Konsums hinzuweisen", sagt Lauterbach der „Rheinischen Post".
Entlastung oder Mehraufwand für die Justiz?
Der Deutsche Richterbund kritisierte, das Vorhaben werde die Justiz nicht entlasten und rechnet auch nicht mit einem Zurückdrängen des Schwarzmarkts. Der Entwurf sei nicht geeignet, um die von Lauterbach ausgerufenen Ziele zu erreichen, erklärte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds, Sven Rebehn, am Samstag, 12.08. „Insbesondere wird die Justiz durch die Gesetzespläne nicht entlastet, sondern eher zusätzlich belastet. Das sehr kleinteilige Gesetz würde zu einem hohen behördlichen Kontrollaufwand, zu zahlreichen neuen Streitfragen und zu vielen Verfahren vor den Gerichten führen."
Das Bundesgesundheitsministerium rechnet durch die geplante Cannabis-Legalisierung dagegen mit einer Kostenentlastung bei Strafverfolgungsbehörden, Gerichten und Gefängnissen von mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr.
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So sollen Jugendliche vor Cannabis-Konsum geschützt werden
Das Bundesgesundheitsministerium zählt auf seiner Website unter anderem folgende Maßnahmen auf, um den Kinder- und Jugendschutz zu verbessern:
- Weitergabe von Cannabis in Cannabis-Clubs ausschließlich an erwachsene Vereinsmitglieder mit strikter Alterskontrolle und nur für den Eigenkonsum
- Begrenzung des psychoaktiv wirkenden THC-Gehalts auf maximal zehn Prozent
- Begrenzung der monatlichen Menge auf 30 Gramm bei Weitergabe von Cannabis an Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren
- Werbe- und Sponsoringverbot für Cannabis und Cannabis-Clubs
- verpflichtendes Gesundheits- und Jugendschutzkonzept sowie präventionsbeauftragte Person in Cannabis-Clubs
- keine Cannabis-Clubs im Abstand von weniger als 200 Metern zu Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie Kinderspielplätzen
- Beschränkung des öffentlichen Konsums von Cannabis: kein Konsum in unmittelbarer Nähe von Personen unter 18 Jahren; kein Konsum in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr; kein Konsum in einem Abstand von bis zu 200 Metern zum Eingangsbereich von Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen sowie auf öffentlich zugänglichen Sportstätten
Cannabinoide bald nicht mehr auf BtM-Rezept?
Auch die Apotheken könnten Neues erwarten: Laut Referentenentwurf sollen Cannabis und cannabishaltige Stoffe aus dem Betäubungsmittelgesetz gestrichen werden. Stattdessen soll der Verkehr mit Cannabis zu medizinischen und medizinisch-wissenschaftlichen Zwecken in einem neuen Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) geregelt werden.
Die Vorgabe der Verschreibung auf einem Betäubungsmittelrezept entfällt und auf besondere Sicherungsmaßnahmen wird künftig verzichtet.
Diese Regelung lehnt die ABDA in einer Stellungnahme ab: „Cannabis zu medizinischen Zwecken ist ein Arzneimittel, das den Regelungen des Arzneimittelgesetzes unterliegt.[...] Es besteht die Gefahr, dass die beabsichtige Parallelität dazu führt, dass Medizinal-Cannabis als eigenständiges Produkt und damit als Nicht-Arzneimittel eingestuft wird."
Die bürokratischen Hürden für den Umgang mit Medizinal-Cannabis sollen laut Gesetzesentwurf verringert werden. Das bedeutet konkret:
- Die Pflicht zur halbjährlichen Meldung an dass BfArM entfällt zugunsten einer jährlichen Verpflichtung.
- Die Vorgabe der Verschreibung auf einem Betäubungsmittelrezept entfällt.
- Auf besondere Sicherungsmaßnahmen wird künftig verzichtet.
- Das Abgabebelegverfahren nach der Betäubungsmittel-Binnenhandelsverordnung (BtMBinHV) ist nicht mehr anzuwenden.
Interview zu Cannabis-Grenzwerten im Straßenverkehr
Hier sehen Sie ein TV-Interview (16.08.23) zur Cannabis-Legalisierung und zu Cannabis-Grenzwerten im Straßenverkehr mit dem Pharmazeuten Prof. Stefan Tönnes. Er leitet die Abteilung Forensische Toxikologie, Institut für Rechtsmedizin, Goethe Universität in Frankfurt am Main und ist Vorsitzender der Grenzwertkommission der Bundesregierung.
Quelle: ZDF
Quelle: dpa / Bundesgesundheitsministerium / ABDA