Magnetisches Bakterium ist Mikrobe des Jahres

(kib) Die Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) wählte ein magnetisches Bakterium zur Mikrobe des Jahres 2019. Sein Name: Magnetospirillum gryphiswaldense. In der Forschung werden die enthaltenen winzigen Magnete für technische und medizinische Anwendungen genutzt.

18.01.2019

Magnetospirillum gryphiswaldense in Teilung mit Magnetitkristallen (rot) und dem speziellen Cytoskelett (grün).
© Foto: M. Toro-Nahulepan/ J. Plitzko
Anzeige

Mit der Entdeckung eines magnetischen Bakteriums stieß der Italiener Salvatore Bellini 1963 auf Unglauben. Doch mit der Verbreitung des Elektronenmikroskops bestätigte Richard Blakemore zwölf Jahre später seine faszinierenden Beobachtungen: In Schlammproben sah er Mikroorganismen mit Ketten magnetischer Kristalle.

Aktueller Podcast

Laut einer Mitteilung der VAAM richten sich die Mikroorganismen wie eine Kompassnadel im magnetischen Feld aus. Spezielle Enzyme transportieren Eisenionen aus der Umgebung in die Bakterienzelle. Es bilden sich Ketten aus 15 bis 30 Eisenoxid-Kristallen, die zusammen als Magnet wirken. Ein Zellskelett aus langen Proteinfäden, ähnlich aufgebaut wie unsere Muskeln, hält die Kristalle in der Zellmitte und sortiert sie bei der Zellteilung gleichmäßig.

Zusammen mit einem Sauerstoffsensor orientieren sich die Bakterien so im Wasser: Sie suchen gezielt Schichten mit dem für sie geeigneten geringen Sauerstoffgehalt auf. Die magnetischen Pole der Erde helfen ihnen, sich in der richtigen Wassertiefe auszurichten.

Dank der detaillierten Erkenntnisse zur Biosynthese und Funktion der Magnetosomen gilt Magnetospirillum mittlerweile als wichtiger Modellorganismus für die Bildung bakterieller Organellen.

Für Biotechnologie und Medizin bietet Magnetospirillum zudem faszinierende Möglichkeiten: Die winzigen Magnete haben eine einheitliche Größe, Form und hohe Magnetisierung, die synthetische Nanopartikel nicht erreichen. Fremde Moleküle, gekoppelt an die Magnetosomenpartikel können ihnen zusätzliche nützliche Eigenschaften verleihen.

In Laborversuchen übertreffen isolierte Magnetosomen die Wirksamkeit kommerzieller magnetischer Kontrastmittel deutlich; dies macht sie für die Magnetresonanztomographie (MRT) oder Bildgebungsverfahren in Forschung und medizinischer Diagnostik interessant. Magnetosomen erzeugen zudem in Zellen oder Geweben Wärme, wenn ein starkes Magnetfeld angelegt wird – in Tierversuchen ließen sich damit Tumoren verkleinern.

Quelle: VAAM

Kommentar schreiben

Die Meinung und Diskussion unserer Nutzer ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie im Sinne einer angenehmen Kommunikation auf unsere Netiquette. Vielen Dank!

Pflichtfeld *