Neuropathien durch Lachgas
Lachgaskartuschen, wie sie etwa zum Sahneschäumen verwendet werden, gibt es für wenig Geld in jedem gut sortierten Supermarkt. Diese werden zunehmend missbräuchlich verwendet, berichten Wissenschaftler. Unter anderem schlugen bereits im vergangenen Jahr niederländische Mediziner Alarm, weil Lachgas bei jungen Menschen bereits Platz drei hinter Cannabis und Ecstasy erobert hat – in Amsterdam wird Lachgas etwa in bunten Luftballons auf der Straße verkauft.
Das Problem ist mittlerweile auch in anderen Ländern angekommen. So berichten Neurologen vom Hôpital de Hautepierre in Straßburg über fünf Patienten mit erheblichen neurologischen Problemen nach Lachgasmissbrauch. Bei vier der Patienten diagnostizierten sie eine Rückenmarksdegeneration, bei einem eine akute demyelinisierende Polyneuropathie.
Lachgas und Vitamin B12
Distickstoffoxid (N2O), wie Lachgas korrekt heißt, oxidiert Kobalt-Ionen in Vitamin B12. Das Vitamin wird dadurch inaktiviert, was den funktionellen Mangel bei normalen Konzentrationen erklärt. Homocystein und Methylmalonat können dann nicht mehr ausreichend abgebaut werden. Bei Verdacht auf Lachgasmissbrauch sollten daher auch die Homocysteinwerte mitbestimmt werden, raten die Neurologen.
Die drei Männer und zwei Frauen waren zwischen 19 und 29 Jahre alt, hatten schon längere Zeit Lachgas inhaliert und kurz vor der Untersuchung in der neurologischen Klinik ihre Dosis erhöht – teilweise auf bis zu 50 Kartuschen am Tag. Alle hatten rasch voranschreitende neurologische Symptome entwickelt, meist symmetrisch aufsteigende Parästhesien (Taubheitsgefühle) und einen Verlust des Vibrationsempfindens. Die beiden Patienten mit dem höchsten Konsum hatten zudem ehebliche Einschränkungen beim Gehen. Die Symptome wurden auf eine subakute Rückenmarksdegeneration zurückgeführt.
Eine ausführliche labor- und erregerdiagnostische Suche nach anderen Ursachen als Lachgas verlief ergebnislos, zwei Betroffene gaben gelegentlichen Alkoholkonsum zu, einer rauchte, weitere Drogen wollten die Patienten nicht genommen haben.
Blutanalysen deuteten auf eine Störung im Vitamin-B12-Stoffwechsel: Die Serumkonzentrationen des Vitamins waren zwar normal, die Ärzte fanden aber deutlich erhöhte Homocystein- und Methylmalonsäurewerte – ein Hinweis auf einen funktionellen B12-Mangel.
Die Ärzte begannen daraufhin bei allen Betroffenen eine Vitamin-B12-Therapie mit 1000 Mikrogramm zunächst täglich über eine Woche, dann wöchentlich über einen Monat und schließlich monatlich über drei Monate hinweg, begleitet von einer Folatsupplementierung. Bei allen ließen die Beschwerden im Laufe der Monate deutlich nach.
Quelle: Ärzte Zeitung