Pflanzlich ernährte Kinder sind etwas leichter, aber gut versorgt
Im Rahmen der großen kanadischen Längsschnitt-Kohortenstudie wurden Daten von insgesamt 8907 Kinder im Alter von sechs Monaten bis acht Jahren erhoben. Der Studienzeitraum war von 2008 bis 2019. Die Teilnehmer wurden nach ihrem vegetarischen Status – definiert als ein Ernährungsmuster, das Fleisch ausschließt – oder nach ihrem nicht-vegetarischen Status eingeteilt.
In einem Kommentar zur Studie erläuterte Dr. Peter von Philipsborn, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Public Health und Versorgungsforschung, Ludwig-Maximilians-Universität München, dass die Eltern befragt wurden, ob sie ihre Kinder vegetarisch oder vegan ernähren. Dies sei für rund 250 Kinder der Fall gewesen, was einen Vergleich zwischen vegetarisch/vegan und herkömmlich ernährten Kindern ermöglichte.
Die kanadischen Forscher fanden heraus, dass Kinder, die sich ohne Fleisch ernährten, einen ähnlichen durchschnittlichen Body Mass Index, eine ähnliche Körpergröße, Eisen-, Vitamin-D- und Cholesterinwerte aufwiesen wie Kinder, die Fleisch verzehrten. Vor der Studie war damit gerechnet worden, dass die vegetarisch ernährten Kinder schlechtere Werte aufweisen würden.
„Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit früheren Untersuchungen aus anderen Ländern, die ebenfalls zeigten, dass eine ausgewogene, abwechslungsreiche vegetarische Ernährung Kinder und Erwachsene gleichermaßen mit allen notwendigen Nährstoffen versorgt und eine normale kindliche Entwicklung ermöglicht. Dies entspricht auch den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung“, so Philipsborn.
Etwas leichter und kleiner
Unterschiede bei den Wachstums- und Ernährungswerten gab es nicht. Allerdings zeigen die Ergebnisse, dass die Kinder mit vegetarischer Ernährung ein höheres Risiko für Untergewicht hatten verglichen mit den Kindern, die Fleisch aßen.
Es gab keine Hinweise auf einen Zusammenhang mit Übergewicht oder Fettleibigkeit. Kinder mit vegetarischer Ernährung waren im Durchschnitt etwas kleiner als Kinder, die Fleisch aßen. Für ein dreijähriges Kind entsprach der Größenunterschied im Schnitt 0,3 Zentimeter. Die Qualität der vegetarischen Ernährung wurde in dieser Studie nicht untersucht.
Philipsborn führte zur Einordnung der Ergebnisse unter anderem aus, dass der Anteil der Kinder mit Untergewicht sehr niedrig war, und in beiden Gruppen im Verlauf der Studie im Durchschnitt bei rund ein Prozent lag. „Unter vegetarisch oder vegan ernährten Kindern lag er jedoch insbesondere zu Beginn der Studie etwas höher als unter herkömmlich ernährten Kindern. Dies erstaunt zunächst, da die Studie hinsichtlich des durchschnittlichen Körpergewichts zu keinem Zeitpunkt einen Unterschied zwischen den beiden Gruppen nachweisen konnte. Da die Anzahl der Kinder mit Untergewicht in der Studie insgesamt sehr niedrig war, ist der scheinbare Unterschied zwischen den zwei Gruppen daher möglicherweise auf einen Zufallseffekt zurückzuführen.“ Dies sei insbesondere deshalb möglich, weil in der Studie eine große Zahl an Merkmalen untersucht wurde – und je mehr Merkmale untersucht werden, desto größer sei die Wahrscheinlichkeit, dass sich bei mindestens einem Merkmal rein durch Zufall ein vermeintlicher Unterschied zwischen den untersuchten Gruppen zeigt, erläuterte Philipsborn.
Auch könne es sein, dass der beobachtete Zusammenhang daran liege, dass in der Studie eine für Kinder europäischer Herkunft entwickelte Methode zur Klassifikation von Untergewicht verwendet wurde. Wird diese bei Kindern asiatischer Abstammung angewandt, kann dies nach Einschätzung von Fachleuten zu einer Überschätzung der Häufigkeit von Untergewicht führen. Tatsächlich war ein Drittel der vegetarisch oder vegan ernährten Kinder in der Studie asiatischer Abstammung. Unter den herkömmlich ernährten Kindern lag der Anteil hingegen nur bei 20 Prozent. „Dies kann möglicherweise die Erklärung dafür sein, weshalb der Anteil von Kindern mit Untergewicht unter den vegetarisch oder vegan ernährten Kindern in der aktuellen Studie höher erscheint“, so Philipsborn.
Sorgfältige Essensplanung ist wichtig
Obwohl insgesamt keine Unterschiede zwischen den biochemischen Messwerten der jungen Vegetarier und Fleischesser gefunden wurden, betonen die Studienautoren die Notwendigkeit besonderer Sorgfalt bei der Essensplanung von Kindern. Damit stimmt auch Philipsborn überein: „Eine vegetarische Ernährung, die neben pflanzlichen Lebensmitteln auch Milch und Eier enthält, ist auch für Kinder empfehlenswert, sollte aber – wie jede Ernährung – ausgewogen und abwechslungsreich sein.
Alle Kinder sollten unabhängig von ihrer Ernährung die kindlichen Vorsorgeuntersuchungen (die U-Untersuchungen) bei ihrem Kinderarzt oder ihrer Kinderärztin wahrnehmen. Wird bei einer Vorsorgeuntersuchung ein Untergewicht festgestellt, kann eine Ernährungsberatung sinnvoll sein.“
Quelle: Science Media Center Germany