Rasur ging ins Auge
Hinter Hornhautinfektionen stecken zu 96 Prozent Bakterien, immer häufiger aber auch Pilze. Mitunter reicht ein scheinbar harmloses Alltagsgeschehen, um eine dieser aufwändig zu behandelnden Keratitiden zu triggern – wie in einer Patientengeschichte, die beim Kongress der Augenärztlichen Akademie Deutschland (AAD) vorgestellt wurde.
Bartstoppel als Trigger
Der Patient hatte während eines Thailandurlaubs beim Rasieren eine Bartstoppel ins Auge bekommen – und bekam eine Fusarieninfektion.
Wie Dr. Claudia Redbrake, Augenzentrum am Annapark, Alsdorf, berichtete, breiten sich die Fadenpilze weltweit aus. „Fusarium fühlt sich bei jedem Klima wohl.“ Sie machten bereits rund 37 Prozent aller Pilzkeratitiden aus. Weitere 36 Prozent werden durch den Hefepilz Candida hervorgerufen, und etwa sechs Prozent durch Aspergillen, ebenfalls Fadenpilze.
Satellitenherde und starres Hypopyon
Typisch für Pilzkeratitiden ist eine Satellitenbildung mit einer größeren Läsion und kleineren Umgebungsherden. Falls sich Eiter in der Vorderkammer sammelt, hatte Redbrake einen Trick parat, der den Verdacht auf Fadenpilze lenkt: „Lassen Sie den Patienten einfach mal den Kopf neigen.“ Bei der Pilzkeratitis sei das Hypopyon in der Regel mit Hyphen durchwandert. „Das heißt: Das Hypopyon bewegt sich nicht – bei der bakteriellen Keratitis aber schon.“
Zudem betonte die Augenärztin: „Meiner Ansicht nach gehören Patienten mit einer Pilzkeratitis ins Krankenhaus“, und verwies auf die intensive Tropf-Behandlung, initial zum Teil halbstündlich bis stündlich. Zunächst sei das Abstrichergebnis abzuwarten, das aber, wie bei bakteriellen Infekten, oft falsch negativ ausfalle.
Umso wichtiger ist die Abstrichtechnik mit einem Kunststofftupfer, besser mit dem Glasspatel. „Abstriche sollte man bitte nicht mit einem Wattetupfer abnehmen.“ Feinste Wattefäden im Präparat führen zu Trugschlüssen. „Wattetupfer sehen, wenn man sie anfärbt, aus wie Hyphen“, erläuterte Redbrake. Wegen zuverlässigerer Ergebnisse werde die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) immer relevanter. Zudem erlaube die konfokale Mikroskopie, Hyphen direkt in der Hornhaut zu erkennen.
Augentropfen in der Apotheke herstellen
Therapeutisch ist Voriconazol Mittel der Wahl. Augentropfen müssen in der Apotheke aus der Infusionslösung hergestellt werden. Bei Fusarien sei auch Natamycin sehr gut geeignet: „Das gibt es als Natacyn über die Auslandsapotheke und wird nach den Sommerferien wahrscheinlich in Deutschland auch als Augengel oder Augensalbe verfügbar sein.“
Verzicht auf Glukokortikoide
Helfen diese Medikamente nicht, handle es sich wahrscheinlich um Candida, erläuterte Redbrake. Dann sei Amphotericin B indiziert. Auch hier seien Tropfen gesondert herzustellen. Redbrake empfahl vorab eine Hornhaut-Abrasio, „weil dann das Medikament viel besser ins Stroma eindringen kann“. Bei Ausbreitung ins Augeninnere sind auch Lokal-Injektionen und systemische Medikamentengaben möglich.
Anders als bei bakteriellen Infekten, wo Ophthalmologen oft Kortikosteroide als adjuvante Therapie hinzufügen, riet Redbrake bei Pilzinfektionen ausdrücklich davon ab. In einer Metaanalyse ging dies mit einem schlechteren Visusverlauf einher.
Antibiotika, die Pilze mit abdecken
Da es sich in 20 Prozent um Koinfektionen mit Bakterien handelt – oft Fusarien plus Staphylokokken – sollten Antibiotika bei bakterieller Keratitis und Pilzverdacht Pilze einigermaßen mitabdecken.
Infrage kommen Chloramphenicol, Moxifloxacin oder Tobramycin. Wenn auch nicht so gut wie Antimykotika, wirken sie immerhin gegen Fusarium; Chloramphenicol auch gegen Aspergillus. „Für die beginnende Therapie ist das erst einmal besser als gar nichts.“
Tipp für Kontaktlinsenträger
Abschließend ein Tipp für Kontaktlinsenträger: Polyhexanid-basierte Aufbewahrungslösungen wirken oft unzureichend gegen Fusarium. Besser sind Tromethamin-Zusätze.
Quelle: Ärzte Zeitung