Rheuma: Was bewirken Phytopharmaka?

(kib) Zurzeit tagen die Rheumatologinnen und Rheumatologen in Düsseldorf. Ein Thema dabei: verschreibungsfreie und -pflichtige pflanzliche Arzneimittel: Können diese den Erkrankten Linderung bringen?

20.09.2024

Grünpflanzen in Reagenzgläsern
© Foto: Michael Sapryhin / stock.adobe.com
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Der Deutsche Rheumatologiekongress 2024 findet noch bis zum 21. September in Düsseldorf statt. Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh) wichtige Schwerpunkte der Veranstaltung vor. Ein Punkt waren pflanzliche Präparate, denen nur ein geringer Nutzen bei rheumatischen Erkrankungen bescheinigt wurde.

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Studien gesichtet

Wie wirksam die geläufigsten pflanzlichen Arzneimittel sind, überprüfte die Kommission für Komplementäre Heilverfahren und Ernährung der DGRh. Dazu sichteten die acht Mitglieder die wissenschaftliche Literatur zu ausgewählten frei verkäuflichen und verschreibungspflichtigen Phytotherapeutika und prüften mögliche Anwendungen in der Rheumatologie.

Im Fokus stand, inwieweit Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Borretschöl, Brennessel-und Cannabis-Präparaten sowie von Zubereitungen mit Rosa canina (Heckenrose), Rosmarin, Safran und Weidenrinde vorliegen. Außerdem untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Datenlage zu einem Mischpräparat aus Eschenrinde, Zitterpappelrinde und Echtem Goldrutenkraut.

Geplant sei, weitere pflanzliche Präparate, zum Beispiel mit Teufelskralle oder Weihrauch, entsprechend der Studienkriterien zu untersuchen und zu bewerten, erklärte Keyßer auf Nachfrage. 

Zentrale Ergebnisse

Trotz der großen Beliebtheit bei den Anwendenden überzeugte kaum ein Präparat mit spürbarem Effekt, so Professor Gernot Keyßer, Sprecher der Kommission und Leiter des Arbeitsbereichs Rheumatologie an der Universitätsmedizin Halle. Keines der untersuchten Präparate habe eine therapeutische Wirksamkeit, die eine Indikation bei rheumatischen Erkrankungen rechtfertige. Das gelte insbesondere auch für entzündliche Gelenkerkrankungen. Dabei beruhe diese Aussage auf der fehlenden Evidenz, erläuterte er auf der Pressekonferenz deutlich. Es bedeute nicht zwangsläufig, dass die Produkte unwirksam seien.

Die zentralen Ergebnisse lauten wie folgt:

  • Phytotherapeutika auf der Basis von Safran und Rosmarin empfiehlt die Kommission generell nicht.
  • Borretschöl aus Samen kann bei standardisierter Herstellung im Rahmen einer gesundheitsbewussten Ernährung eingenommen werden. Eine nennenswerte entzündungshemmende Wirkung ist jedoch nicht zu erwarten.
  • Von Präparaten auf Basis von Brennnessel, Weidenrinde oder Rosa canina muss nicht abgeraten werden, wenn ansonsten eine sinnvolle Basistherapie eingehalten wird. Gleiches gilt für das untersuchte Mischpräparat.
  • Für medizinisches Cannabis existiert keine ausreichende Evidenz, die eine Empfehlung bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zur Krankheitsmodifikation oder zur symptomatischen Therapie rechtfertigt. In Einzelfällen kann jedoch die Anwendung zur Reduktion von chronischen, insbesondere neuropathischen Schmerzen sowie Schlafstörungen gerechtfertigt sein.

„Auch wenn für alle untersuchten Pflanzenstoffe Berichte über entzündungshemmende oder immunologische Effekte im Laborversuch am Tiermodell vorliegen, ist ein klinisch nachgewiesener Nutzen sehr spärlich“, kommentierte Keyßer die Ergebnisse. 

Grundsätzlich könnten pflanzliche Medikamente eine Basistherapie höchstens ergänzen, aber niemals ersetzen. Die Kommissionsmitglieder empfehlen zudem, die Einnahme frei verkäuflicher Präparate mit dem behandelnden Arzt oder mit der behandelnden Ärztin abzustimmen. 

Die Ergebnisse zu den sieben pflanzliche Komponenten und dem Mischpräparat liegen inzwischen in schriftlicher Form vor und werden demnächst auf der Homepage der DGRh veröffentlicht.

Quelle: Kongress-Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e. V. , 19.09.24

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