Senkt die Rote Rübe den Blutdruck?

(kib) Rote Rüben gelten als gesund, doch sie enthalten auch Nitrat. Ist das ein Widerspruch? Neue Erkenntnisse einer klinischen Studie tragen ein kleines Puzzleteil zur Klärung dieser Frage bei.

02.08.2024

Rote Rübe
© Foto: Natalia Fogarty/unsplash
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An der Universität Wien findet zurzeit das vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF geförderte Projekt „Diätetisches Nitrat, Gefäßfunktion und Entzündung“ statt. Die Forschenden überprüfen die berichteten Effekte der Knolle und des Nitrats in gut kontrollierten Studien.

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Nitrat bedenklich oder nicht?

Rote Rüben enthalten ähnlich viel Nitrat wie Spinat, Rucola und Kopfsalat. Nitrat galt lange Zeit als bedenklich, weil nach der Umwandlung von Nitrat zu Nitrit im Körper möglicherweise krebserregende Verbindungen aus Nitrit entstehen.

Heute häufen sich hingegen die Nachweise auf eine positive Wirkung von Nitrat aus pflanzlichen Quellen auf das Herz-Kreislauf-System. Diese zu überprüfen, ist Ziel des Projekts. Nun zeigt eine erste Publikation in einer speziellen Kohorte zwar keinen positiven Langzeiteffekt auf den Blutdruck. Dennoch lassen die Ergebnisse interessante Schlüsse zu, heißt es in einer Mitteilung.

Die Studie

Für die Studie wurden Personen mit medikamentös behandeltem, erhöhtem Blutdruck nach strengen Kriterien rekrutiert und die Kurz- und Langzeiteffekte der Roten Rübe untersucht.

Ein Teil der insgesamt 15 Teilnehmenden trank täglich 140 Milliliter eines Rote-Rüben-Konzentrats, das mit 800 Milligramm eine besonders hohe Nitratdosis enthielt. Der andere Teil erhielt als Placebo einen nitratarmen Rote-Rüben-Saft.

Nach vier Wochen Einnahmezeit und vier Wochen Auswaschphase wurden die Gruppen gewechselt. Dazwischen führten die Forschenden Messungen durch, um die Gefäßfunktion und den Blutdruck zu überwachen. Darüber hinaus sammelten sie Proben aus dem Blut, Speichel und Stuhl.

Erste Ergebnisse

Die ersten Ergebnisse zeigen, dass der Rübensaft den Blutdruck drei Stunden nach dem Trinken signifikant senkt. Das entspricht der Mitteilung zufolge der aktuellen Forschungsmeinung. Allerdings sahen die österreichischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler keine anhaltende Verbesserung der Blutdruckwerte durch eine Langzeiteinnahme über vier Wochen.

„Diese Ergebnisse sind ein weiterer Puzzlestein in der Nitratforschung und zeigen, dass unter den Bedingungen und mit der hohen verabreichten Dosis eher keine starken Langzeiteffekte zu erwarten sind“, ordnet der Studienleiter Oliver Neubauer die Ergebnisse ein.

Strenge Kontrollen und Einschlusskriterien

„Es ist wichtig zu erwähnen, dass wir eine sehr robuste Methodik für die Messungen verwendet haben, insbesondere für die Gefäßfunktion und den Blutdruck“, sagt Neubauer. Zusätzlich zu den umfangreichen Untersuchungen in der Klinik mussten die Teilnehmenden zu festgelegten Zeitpunkten zu Hause ihren Blutdruck messen. Vor allen Untersuchungsterminen wurde der Blutdruck jeweils über 24 Stunden lang mit einem automatischen Messgerät erfasst.

Auch die Auswahl der Probandinnen und Probanden war klar definiert: Alle Personen waren über 50 Jahre alt und hatten Bluthochdruck. Personen, die bereits erkennbare Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten, wurden ausgeschlossen.

Seiteneffekte ausschließen

Die Ernährung setzt viele Hebel im Organismus in Gang. Deshalb müssen Studien mit Lebensmittel allerlei Seiteneffekte ausschließen. Zum Beispiel wird aus der Roten Rübe zwar Nitrat aufgenommen. Bakterien im Mund wandeln es aber in Nitrit um, welches dann im Körper weiter zu Stickstoffmonoxid umgewandelt wird. Erst in dieser Form wirkt es blutdrucksenkend.

Wer übermäßig Mundspülungen benutzt, tötet diese Bakterien ab. „Es gibt gut kontrollierte Studien, die zeigen, dass allein dadurch der Blutdruck steigt“, erklärt Neubauer, warum Menschen mit dieser Angewohnheit für die Studie nicht infrage kamen.

Außerdem mussten die Teilnehmenden die Aufnahme anderer nitratreicher Lebensmittel verringern und durften sich nicht vegetarisch oder vegan ernähren. Wer zu viel Sport trieb, wurde ebenfalls ausgeschlossen, weil dabei körpereigenes Stickstoffmonoxid entsteht.

So geht es weiter

Für die Forschungsgruppe gilt es nun, die gewonnenen Daten auf andere Faktoren hin auszuwerten, die zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen können. So gibt es erste Hinweise darauf, dass die Langzeiteinnahme zwar keinen Effekt auf den Blutdruck hat, dafür aber chronische Entzündungen reduziert. Vielleicht liegt darin des Rätsels Lösung.

Quelle: Wissenschaftsfonds FWF / Scilog

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