Sonnenlicht ist gut gegen Multiple Sklerose
Und sie konnten zeigen, dass UV-Licht im Körper von MS-Patienten ganz ähnliche Prozesse auslöst wie das Medikament Interferon.
Für ihre Arbeit werteten die Wissenschaftler die Daten von nahezu 2000 MS-Patienten aus. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass UV-Licht und MS schon auf einem relativ kleinen Gebiet wie Deutschland mit einer Nord-Süd-Ausdehnung von knapp 1000 Kilometern zusammenhängen. Die aktiven Entzündungsherde in Gehirn und Rückenmark und auch der Beeinträchtigungsgrad nehmen von Süd- nach Norddeutschland im Mittel zu. Im Gegenzug nimmt der saisonbereinigte Vitamin D-Spiegel – wie auch die Sonneneinstrahlung – gen Norden ab.
Bereits seit Jahren wird angenommen, dass Vitamin D unter anderem das Immunsystem beeinflusst und entzündungshemmend wirkt. Dies hatten auch die Wissenschaftler aus Münster 2014 schon in einer kleinen Studie untersucht. Doch schon damals ahnten sie: Vitamin D kann nicht alles sein. Die Sonne beeinflusst die MS noch auf weiteren Wegen. Die aktuelle Studie gibt ihnen Recht.
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Um zu bestätigen, dass Sonnenlicht Ursache für die Unterschiede ist, zogen die Forscher Daten der NASA zu Rate. In einem sehr aufwändigen Verfahren schätzten sie die Menge an UV-Licht, der die Probanden im Jahr vor der Untersuchung im Schnitt ausgesetzt waren. Die Daten stützen das Ergebnis: Nimmt die Sonneneinstrahlung zu, nehmen die MS-Beschwerden im Mittel ab.
Es gab jedoch eine Ausnahme: Wurden Patienten zuvor mit Interferon-beta behandelt, wirkte das Sonnenlicht nicht mehr. Das zeigten die MS-Forscher mithilfe von Daten aus einer Studie von französischen Kooperationspartnern. Sie haben dafür zwei mögliche Erklärungen. Einerseits kann Interferon-beta selbst der Auslöser sein, indem es die Vitamin-D-Produktion verändert. Das natürliche Nord-Süd-Gefälle beim Vitamin D-Spiegel könnte so aufgehoben werden.
Andererseits könnte das Sonnenlicht ursächlich sein, denn: UV-Licht regt den Interferon-Signalweg an, wie die Wissenschaftler bei einer Analyse von Gensequenzen feststellten. „Das ist interessant, da wir wissen, dass die MS gut auf die Behandlung mit Interferon-beta anspricht“, so die Forscher in einer Mitteilung. Bei Patienten, die bereits mit Interferon behandelt werden, sind die Effekte des Sonnenlichts, die auch über Interferon vermittelt werden, nicht mehr festzustellen. Denn der Signalweg kann nur einmal angeregt werden – entweder von Interferon oder von UV-Licht. Beides zusammen gibt keinen Zusatznutzen. Man kann sich das wie bei einem Glas mit Wasser vorstellen: Ist es einmal voll, läuft zusätzliche Flüssigkeit über den Rand.
Trotz allen Nutzens gilt natürlich auch für MS-Patienten: übermäßige UV-Strahlung kann schädlich sein. Intensives Sonnenbaden fördert die Entstehung von Hautkrebs, insbesondere bei hellhäutigen und rothaarigen Menschen. Sie tragen eine genetische Variante des Melanocortin-1-Rezeptors (MC1R), der für die Bildung von hautschützendem Melanin zuständig ist. Bei Trägern einer bestimmten Variante des MC1R war der Zusammenhang zwischen Breitengrad und MRT-Aktivität umgekehrt, „ein mehr an Sonnenlicht war also nicht nur für die Haut, sondern auch für die MS schädlich“ ", berichten die Forscher. Sie raten dazu, sich bei der persönlichen Sonnenexposition an die Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation zu halten. Eine halbe Stunde Sonne pro Tag ist danach für die meisten Menschen sinnvoll – auch und gerade, wenn sie unter Multipler Sklerose leiden.
Quelle: Krankheitsbezogenes Kompetenznetz Multiple Sklerose