Spannendes aus der Diabetesforschung

(kib) Betazellen in der Bauchspeicheldrüse gibt es in verschiedenen Varianten. Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München haben nun einen Marker gefunden, der zwei Zellgruppen unterscheiden kann: Während die einen Insulin produzieren, um den Blutzucker im Gleichgewicht zu halten, bilden die anderen einen teilungsstarken Reservepool.

28.07.2016

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© Foto: (c) Helmholtz Zentrum München
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In der aktuellen Studie suchten die Wissenschaftler nach molekularen Unterscheidungsmöglichkeiten (Markern) für die verschiedenen Untergruppen der Betazellen. Dabei geriet ein Molekül besonders in ihren Fokus: das Protein Flattop. Es lag in etwa 80 Prozent aller Betazellen vor, wie die Wissenschaftler zeigten. Diese Zellen ermittelten den Zuckergehalt ihrer Umgebung und gaben entsprechend viel Insulin ab – verhielten sich also wie reife Betazellen.

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Umgekehrt beobachtete das Forscherteam, dass Betazellen, in denen kein Flattop messbar war, eine besonders hohe Teilungsrate aufwiesen. „In unserem Versuchsmodell vermehrten sich diese Zellen bis zu vier Mal öfter als die Flattop-positiven“, so Studienleiter Prof. Heiko Lickert.

Um der Vermutung nachzugehen, dass es sich bei den teilungsaktiven Zellen ohne Flattop um Vorläufer der stoffwechselaktiven Zellen handelt, verwendeten die Wissenschaftler einen genetischen Trick, um das Schicksal einzelner Zellen zu verfolgen. Durch Anwendung eines lineage tracing genannten Verfahrens konnten sie zeigen, dass die teilungsaktiven Reservezellen zu stoffwechselaktiven Zellen heranreifen können.

Das war auch der Fall, wenn man sie in eine künstliche dreidimensionale Umgebung einsetzt, vergleichbar mit einem Mini-Organ. Zudem bestätigten genetische Analysen, dass in den Flattop-negativen Zellen vor allem Gene für die Wahrnehmung der Umwelt aktiv waren, während in Zellen mit Flattop vor allem Stoffwechselprogramme abliefen.


„Unsere Ergebnisse lassen darauf schließen, dass es sich bei den Flattop-negativen Zellen um eine Art Reservepool handelt, der sich stetig erneuert und Nachschub für reife Betazellen ausbilden kann“, so Lickert. Durch die nun mögliche Unterscheidung der Zellgruppen, sei nun auch eine saubere Analyse der jeweiligen Signalwege möglich, so der Studienleiter weiter.

Gerade mit Blick auf regenerative Therapien, machen die Ergebnisse den Forschern große Hoffnungen: „Die Verschiedenartigkeit der Betazellen wird schon mehr als 50 Jahre lang erforscht, nun scheint es, als ob wir anfangen zu begreifen, wie sich die Zellen verhalten“, so Lickert.

Perspektivisch ergeben sich laut den Forschern nun vor allem zwei Aspekte: Zum einen erhoffen sie sich für eine Regenerationstherapie, künftig in Patienten mit einem Mangel an funktionellen Betazellen deren Wachstum oder Reifung ankurbeln zu können.

Zum anderen könne man versuchen über die von Flattop ‚getriggerten‘ Signalwege die Reifung von Betazellen in der Petrischale zu fördern, was für die Zellersatztherapie bedeutend, bisher aber noch nicht vollends möglich sei.

Ein Videointerview mit dem Studienleiter Prof. Heiko Lickert vom Helmholtz Zentrum München finden Sie hier.

 

Quelle: Helmholtz Zentrum München

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