Strahlenschäden: Jodeinnahme nur nach Anordnung

(kib) Niemand sollte zum Schutz vor möglichen Reaktorunfällen eigenständig hochdosierte Jodpräparate einnehmen, warnt die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie anlässlich der Jodtabletten-Debatte in Nordrhein-Westfalen. Und Jodpräparate, die als Schilddrüsensupplemente für Schilddrüsenerkrankungen oder für Schwangere angeboten werden, seien wegen der geringeren Dosierung für den Einsatz nach einem Störfall sowieso völlig ungeeignet.

15.06.2016

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© Foto: Lichtspieler / iStock
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Ende Mai berichteten zahlreiche Medien, dass Nordrhein-Westfalen vorsorglich Jodtabletten für alle Schwangeren und Minderjährigen im Land kaufen werde. Sie sollen bei einem Reaktorunfall an diese zum Schutz vor Strahlenschäden der Schilddrüse verteilt werden. Hintergrund der Maßnahme sind die grenznah gelegenen belgischen Atomkraftwerken Tihange und Doel, die als störanfällig gelten.

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Professor Helmut Schatz von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie bekräftigt, dass die Einnahme von Kaliumjodid-Tabletten das vermehrte Auftreten von Schilddrüsenkrebs verhindert: „Nach dem Reaktorunglück im ukrainischen Tschernobyl vor 30 Jahren gaben die Behörden in Polen sofort Jodtabletten an Kinder aus. Im Unterschied zur Ukraine und zu Weißrussland stieg dort die Zahl der Schilddrüsenkarzinome bei Kindern und Jugendlichen nicht an.“

Allerdings sollten Dosierung und Zeitpunkt der Einnahme exakt nach Vorgaben der Behörden erfolgen. Die WHO empfiehlt 130 Milligramm als Einmalgabe ein bis zwei Tage vor Eintreffen der radioaktiven Wolke. Drei Stunden später sind die Tabletten nur noch zu 50 Prozent wirksam, zehn Stunden später gar nicht mehr. Noch später kann die Einnahme sogar schaden, da dann das durch die Atmung schon aufgenommene radioaktive Jod langsamer ausgeschieden wird.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie

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