Ungeplant schwanger durch Diabetesmedikament

(kib) Frauen im gebärfähigen Alter, die GLP-1-Analoga wie Semaglutid anwenden, sollten besser über das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft aufgeklärt werden. Das fordert die Deutsche Diabetes Gesellschaft.

19.12.2024

Frau hält Schwangerschaftstest in der Hand und wartet auf das Ergebnis
© Foto: VioletaStoimenova / Getty images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)
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In den Sozialen Medien werden sie auch als „Ozempic-Babys“ bezeichnet: Die Neugeborenen, die auf die Welt gekommen sind, weil ihre Mütter unter Semaglutid (Ozempic/Wegovy) überraschend und ungeplant schwanger wurden.

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Fruchtbarkeit kann steigen

GLP-1-Analoga wie Semaglutid können die Fruchtbarkeit steigern, indem sie die Insulinempfindlichkeit verbessern und den Hormonhaushalts stabilisieren. Das begünstigt ungeplante Schwangerschaften.

Daher ruft die Deutsche Diabetes Gesellschaft dazu auf, Frauen, die das Medikament anwenden, ausführlich über die Nebenwirkungen und potenziellen Gefahren aufzuklären, um informierte Entscheidungen zu ermöglichen.

Dieser Rat gilt nicht nur für Diabetikerinnen, sondern auch für adipöse Frauen, die mit GLP-1 Analoga und GIP/GLP-1 Doppelagonisten Gewicht verringern möchten. 

„Viele stark übergewichtige Frauen unterschätzen die Auswirkungen der Therapie mit GLP-1 Analoga auf ihren Zyklus: Bereits eine Gewichtsreduktion von 5 bis 10 Prozent kann den Eisprung normalisieren“, warnt Prof. Ute Schäfer-Graf, Mitglied der AG Diabetes und Schwangerschaft der Deutschen Diabetes Gesellschaft und Oberärztin am Berliner Diabeteszentrum für Schwangere des St. Joseph Krankenhauses.

Für Frauen ohne Kinderwunsch sei daher eine sichere Verhütung besonders wichtig, so Schäfer-Graf.

Pille kann unwirksam werden

In der aktuellen Stellungnahme weist die Diabetologin aber auch darauf hin, dass die Einnahme von GLP-1 Analoga die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva beeinträchtigen kann – etwa durch Nebenwirkungen wie Erbrechen oder verzögerte Magenentleerung. „Deshalb sollten alternative Verhütungsmethoden während der Therapie in Betracht gezogen werden“, gibt Schäfer-Graf zu Bedenken.

Nicht als „Fruchtbarkeits-Booster“ einsetzen

GLP-1 Analoga bieten eine vielversprechende Option für Patientinnen, mit einem polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS), die oft unter einem unerfüllten Kinderwunsch leiden. Schäfer-Graf warnt jedoch davor, die Medikamente in Eigenregie als „Fruchtbarkeits-Booster“ zu verwenden.

Denn für Frauen, die während der Therapie mit diesen Antidiabetika schwanger werden, ist Vorsicht geboten: Obwohl erste Untersuchungen an Schwangeren keine direkten Fehlbildungen durch GLP-1 Analoga zeigen, gibt es Hinweise aus Tierstudien auf potenzielle Risiken wie Wachstumsstörungen und eine unzureichende Nährstoffversorgung des Fötus.

„GLP-1 Analoga sollten daher mindestens zwei Monate vor einer geplanten Schwangerschaft abgesetzt werden, bei langwirkenden Präparaten wie Depot-Exenatid sogar drei Monate vorher“, rät Schäfer-Graf.

Fazit: Beraten und weiter forschen

„Frauen müssen wissen, wie diese neueren Antidiabetika auf ihre Fruchtbarkeit wirken und welche Risiken eine Schwangerschaft während der Therapie birgt“, so die Expertin. Angesichts der zunehmenden Anwendung von GLP-1 Analoga fordert die Deutsche Diabetes Gesellschaft weitere Studien, um die langfristigen Auswirkungen der Therapie auf Mutter und Kind besser zu verstehen. „Diese Medikamente haben großes Potenzial, doch ihre Anwendung erfordert eine enge ärztliche Begleitung und individuelle Beratung, um Chancen gezielt zu nutzen und Risiken zu minimieren“, fasst Schäfer-Graf zusammen.

Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft

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