Verdachtsfälle: Apotheken sollen Paxlovid illegal weiterverkauft haben
aktualisiert am 16.01.24Gegen die Betreibenden der Berliner Apotheken liefen Ermittlungen, heißt es in einer dpa-Meldung. Man gehe von einem ungefähren Schaden von drei Millionen Euro allein in der Hauptstadt aus, sagte ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft am Montag auf Anfrage.
Auch in Bayern gehen die ermittelnden Behörden von einem hohen Schaden aus. „Wir sind erst am Anfang der Ermittlungen. Es könnte in dem einen oder anderen Ermittlungsverfahren aber schon um einen Schaden in Millionenhöhe gehen“, zitiert die dpa einen Pressesprecher der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen in Nürnberg.
Ermittlungsverfahren laufen bundesweit
Nach Informationen von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“, die zuvor darüber berichteten, hat das Bundesgesundheitsministerium bundesweit an mehr als 25 Staatsanwaltschaften Strafanzeigen gegen Apotheken erstattet. In den meisten Fällen laufen die Ermittlungsverfahren noch, berichtet tagesschau.de.
Bundesregierung stellte Medikament zur Verfügung
Paxlovid soll Patientinnen und Patienten im Fall einer akuten Corona-Infektion vor einem schweren Krankheitsverlauf bewahren. Es kann seit Ende Februar 2022 von Ärztinnen und Ärzten verordnet werden.
Das Medikament war vom Bundesgesundheitsministerium in großer Menge eingekauft worden, allein für 2022 sollten eine Million Packungen bereitstehen, wie es damals geheißen hatte, berichtet die dpa.
Apotheken konnten Paxlovid anfordern, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte. Die Bundesregierung hatte das Medikament Apotheken kostenlos für die Versorgung von Patientinnen und Patienten zur Verfügung gestellt. Seit dem 15. Januar ist das COVID-19-Medikament über den regulären Pharmavertrieb erhältlich.
Ungewöhnlich viel Packungen bestellt
Bei Überprüfungen sei allerdings aufgefallen, dass sechs Berliner Apotheken ungewöhnliche viele Packungen geordert hatten. Laut tagesschau.de soll eine der sechs Apotheken 1.400 Packungen, eine andere sogar 1.800 Packungen bestellt haben. Die acht Apotheken im Fokus der Ermittlungen in Bayern sollen laut dpa-Meldung bis zu 2.500 Packungen geordert haben. In Frankfurt am Main soll eine Apotheke sogar fast 10.000 Packungen angefordert haben.
Durchsuchungen auf Antrag des Bundesgesundheitsministeriums hat es der dpa-Meldung zufolge bereits im vergangenen Jahr gegeben, auch mit dem Ziel, Geschäftsunterlagen auszuwerten. „Möglicherweise ist ein großer Teil der Medikamente ins Ausland abverkauft worden“, sagte der Sprecher der Ermittlungsbehörde. Der Preis pro Packung liege im mittleren dreistelligen Bereich.
Nachweis wird schwierig
„Zu klären, ob die staatlich bezahlten Medikamente illegal weiterverkauft oder nach Ablauf des Haltbarkeitsdatums einfach weggeworfen wurden, wie einzelne Beschuldigte behaupten, ist kaum möglich“, heißt es auf tagesschau.de. Es gebe keine Vorschrift, dass Paxlovid-Packungen besonders entsorgt oder das dokumentiert werden müsste, wird dort ein Ermittler zitiert.
Statement der ABDA
Zu den Vorwürfen und Ermittlungsverfahren gegen einzelne Apotheken wegen des Handels mit dem Corona-Medikament Paxlovid erklärt ABDA-Pressesprecher Benjamin Rohrer:
Uns sind die einzelnen Verfahren nicht bekannt. Gleichwohl bieten wir natürlich den Ermittlungsbehörden unsere volle Unterstützung bei der schnellen Aufklärung dieser Vorwürfe und Verdachte an, wo auch immer dies möglich ist. Klar ist, dass der Handel oder gar Export des dem Staat gehörenden Corona-Medikaments nicht zulässig ist und bei Verstößen strafrechtlich verfolgt werden kann. Diese klare Rechtsauffassung haben wir auch regelmäßig an alle Apotheken weitergegeben.
Die Bevorratung mit dem Arzneimittel war zu Beginn in den Apotheken nicht zulässig, wurde dann auf 2 Packungen für normale Apotheken begrenzt und auf 5 Packungen für Krankenhausapotheken. Nach einer kurzen Lockerung ist seit Anfang 2023 die Bevorratung auf 20 Packungen in öffentlichen und 50 Packungen in Krankenhausapotheken begrenzt.
Wir gehen davon aus, dass Straftaten nur in wenigen Einzelfällen vorgekommen sind und keineswegs alle Apotheken in Deutschland unter Generalverdacht gestellt werden dürfen. Nach einem abgeschlossenen Strafverfahren haben die Landesapothekerkammern auch in jedem Fall das Recht, berufsrechtliche Maßnahmen einzuleiten. Wir gehen davon aus, dass die Landesapothekerkammern die entsprechenden Ermittlungsverfahren deshalb auch genau beobachten werden.
Quelle: Deutsche Presse-Agentur GmbH (dpa/bb) / tagesschau.de / ABDA