Videoüberwachung: Was ist in der Apotheke erlaubt?

(kib) Kameras im Verkaufsraum sind in vielen Apotheken keine Seltenheit. Problematischer wird es, wenn heimlich oder auch im Backoffice gefilmt wird. Die Apothekengewerkschaft Adexa wirft einen Blick auf die arbeitsrechtliche Lage.

13.07.2023

Überwachungskamera
© Foto: phonlamaiphoto / stock.adobe.com
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„In Apotheken ist der Diebstahl von Kosmetikartikeln eine typische Gefahr, die den Einsatz von Kameras rechtfertigt. Beschäftige müssen dann hinnehmen, dass sie von den Kameras ebenfalls gefilmt werden“, nennt Adexa-Juristin Christiane Eymers ein typisches Beispiel für eine erlaubte Videoüberwachung.

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Aber, so die Fachanwältin für Arbeitsrecht: „Eine gezielte, direkte Überwachung der Beschäftigten darf nie vorsorglich erfolgen, weil sie immer ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist.“ Auch dürfen keine Videoaufnahmen mit Ton aufgenommen und gespeichert werden.

Wo darf nicht gefilmt werden?

Eymers erläutert: „Unzulässig ist es, die Kamera gezielt auf die Arbeitsplätze im Backoffice oder auf die Kassen zu richten, wenn nicht der Verdacht besteht, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter selbst eine Straftat verübt hat. Und selbst bei einem solchen Verdacht ist abzuwägen, ob die Kameraüberwachung verhältnismäßig ist oder der Apothekenleitung „mildere“ Mittel für die Aufklärung zur Verfügung stehen.“

Keinesfalls dürfen aber Bereiche gefilmt werden, die von Mitarbeitenden privat genutzt werden. Dazu gehören sanitäre Anlagen, Umkleide- und Pausenräume.

Besteht Informationspflicht?

Die Mitarbeitenden müssen über die Kameras informiert werden, betont die Juristin. Heimliche Videoüberwachungen sind nur in extremen Ausnahmefällen zulässig. Und: „Angestellte und Auszubildende dürfen nicht gezielt über den Aufnahmebereich getäuscht werden, etwa durch den Einsatz spezieller Objektive oder Attrappen.“

Aber muss man dazu auch sein Einverständnis erklären? Nein, sagt Eymers, wenn die Überwachung vorher angekündigt wurde und rechtens ist, dann braucht es keine ausdrückliche Zustimmung der Beschäftigten. Eine Einwilligung kann die Videoüberwachung aber zulässig machen.

Wie lange darf das Filmmaterial archiviert werden?

Die Speicherung der Aufnahmen darf nur so lange erfolgen, wie sie für das Erreichen des Zwecks der Aufnahme notwendig ist, erläutert Rechtsanwältin Eymers. Eine konkrete gesetzliche Frist gebe es nicht. „Meistens wird spätestens nach zehn oder 14 Tagen feststehen, ob besondere Vorkommnisse das Betrachten der Aufzeichnungen erforderlich machen oder diese gelöscht werden können.“

Schmerzensgeld bei heimlicher Überwachung?

Eine heimliche Überwachung ist grundsätzlich ausgeschlossen und darf nur in besonders begründeten Ausnahmefällen stattfinden, betont Eymers. War eine Videoüberwachung des Arbeitsplatzes unzulässig und kündigt die Apothekenleitung einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer auf Basis der Erkenntnisse aus den Aufzeichnungen der Kamera, kann das Videomaterial nicht als Beweismittel in einem Kündigungsschutzverfahren zum Nachteil der Beschäftigten verwendet werden. Bei unzulässiger Überwachung können im Einzelfall sogar Schmerzensgeldansprüche entstehen.

Quelle: Adexa

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