Wie ein Fledermaus-Coronavirus zum Pandemie-Auslöser wird

(kib) Der Verursacher der COVID-19-Pandemie, SARS-CoV-2, wurde höchstwahrscheinlich direkt oder über einen Zwischenwirt von Fledermäusen auf den Menschen übertragen. Wie ist das möglich gewesen? Und können Impfungen künftige Übertragungen vom Tier auf den Menschen verhindern?

13.12.2021

Fledermaus im Flug
© Foto: Bilder Prinz / stock.adobe.com
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Das Fledermaus-Virus RaTG13 ist ein naher Verwandter von SARS-CoV-2, doch anders als der Verursacher der COVID-19-Pandemie kann RaTG13 nur schlecht an menschliche Zellen andocken. Allerdings reicht der Austausch einer einzigen Aminosäure im Spike-Protein dieses Fledermaus-Coronavirus aus, damit es ähnlich wie SARS-CoV-2 über den ACE2-Rezeptor an menschliche Zellen binden kann.

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Dies hat eine Studie aus dem Institut für Molekulare Virologie des Universitätsklinikums Ulm gezeigt. Ein weiteres Ergebnis der Arbeit: Eine Impfung gegen SARS-CoV-2 kann möglicherweise helfen, das Überspringen von solchen Krankheitserregern vom Tier auf den Menschen zu unterbinden und somit künftige Zoonosen verhindern.

„Die gezielte Mutation einer Aminosäure im Spike-Protein des RaTG13, genauer gesagt an Position 403, erlaubt es diesem Fledermaus-Coronavirus, am selben Rezeptor anzudocken wie SARS-CoV-2: dem humanen ACE2-Rezeptor“, erklärt Professor Frank Kirchhoff, Leiter des Instituts für Molekulare Virologie am Universitätsklinikum Ulm in einer Mitteilung.

Das Forschungsteam konnte außerdem den grundlegenden Mechanismus aufzeigen, der erklärt, wieso der ACE2-Rezeptor auf das modifizierte Spike-Protein plötzlich eine so anziehende Wirkung entfaltet: „Die ausgetauschte Aminosäure im Spike-Protein des Virus ist positiv geladen und interagiert mit einer negativ geladenen Aminosäure im humanen ACE2-Rezeptor-Molekül“, so Fabian Zech, Erstautor der Studie und Doktorand am Institut für Molekulare Virologie.

Die Ulmer Virologen und Virologinnen habe es in dieser wissenschaftlichen Arbeit nicht nur geschafft, das Spike-Protein des Fledermaus-Coronavirus RaTG13 mit gentechnischen Eingriffen in die Lage zu versetzen, menschliche Zellen zu infizieren. Sie konnten auch nachweisen, dass eine umgekehrte Mutation bei SARS-CoV-2 (R403T) den Pandemie-Erreger schwächt und eine Virusinfektion der menschlichen Zellen reduziert. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die positiv geladene Aminosäure wichtig für die hohe Übertragbarkeit von SARS-CoV-2 ist.

Das Forschungsprojekt hat aufgezeigt, welche Eigenschaften von Coronaviren entscheidend dafür sind, dass diese als Zoonosen auf den Menschen überspringen können. Die Ergebnisse tragen somit dazu bei, das Risiko künftiger viraler Pandemien besser abschätzen zu können.

Darüber hinaus haben die Forschenden untersucht, ob aktuelle Impfungen gegen SARS-CoV-2 vor nahe verwandten Fledermaus-Viren und damit vor künftigen Zoonosen schützen können. Das Ergebnis: „Die Seren von Personen, die gegen COVID-19 geimpft wurden, konnten das Fledermaus-Virus effektiv unschädlich machen. Die SARS-CoV-2-Impfung könnte also helfen, ein künftiges Überspringen solcher viralen Erreger auf den Menschen zu verhindern“, so die Forschenden.

Quelle: Universitätsklinikums Ulm

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