Epilepsie beim Hund

Eine Familie kommt mit ihrem Hund in die Apotheke. Die Frau erzählt, dass das Tier vor kurzem zum ersten Mal epileptische Anfälle hatte. Seit einer Woche bekommt es deshalb Phenobarbital, vom Tierarzt verordnet. Da der Hund das Medikament nicht gut zu vertragen scheint und der Tierarzt gerade in Urlaub ist, möchten seine Besitzer von der PTA wissen, ob sie das Präparat absetzen können.

von Eva Bahn
21.02.2023

Hund
© Foto: Memitina / Getty Images / iStock
Anzeige

Egal ob Hund oder Mensch, ein epileptischer Anfall ist, insbesondere beim ersten Auftreten, eine angsteinflößende Erfahrung. Etwa ein Prozent der Hunde leiden unter Epilepsie. Manche Hunderassen erkranken häufiger als andere, darunter der Berner Sennenhund, der Rhodesian Ridgeback, der Deutsche Schäferhund und der Golden Retriever. Hier liegt eine erbliche Veranlagung vor, die das Risiko etwa verdoppelt.

Aktueller Podcast

Sind keine anderen Ursachen bekannt, spricht man hier von primärer, idiopathischer Epilepsie, der am häufigsten auftretenden Form bei Hunden. Bei der sekundären, symptomatischen Epilepsie können die folgenden Faktoren beziehungsweise Grunderkrankungen einen Anfall auslösen:

  • Vergiftungen
  • Elektrolyt-Imbalancen
  • neoplastische, entzündliche, infektiöse, traumatische oder vaskuläre Veränderungen
  • eine gestörte Entwicklung des Gehirns

Symptome

Ein generalisierter tonisch-klonischer Anfall resultiert beim Hund, genau wie beim Menschen, aus einer pathologischen, unregulierten elektrischen Entladung. Sie entsteht in der grauen Substanz der Großhirnrinde beider Hirnhälften und unterbricht die normale Hirnfunktion für einige Sekunden bis Minuten. Dabei werden meistens drei Phasen durchlaufen.

Tonisch-klonischer Anfall beim Hund

1. Stadium: Prodromalphase

  • geht dem Anfall voraus
  • Verhaltensveränderungen (Unruhe, Speicheln, Bellen, Rückzug)

2. Stadium: tonische Phase

  • Muskulatur versteift
  • Pupillenerweiterung
  • rhythmisches Paddeln mit den Pfoten
  • Muskelzuckungen, auch im Gesicht
  • Speicheln, Wimmern
  • Einkoten, Urinieren, Erbrechen

3. Stadium: postiktale Phase

  • Zeitraum nach dem Anfall
  • Müdigkeit- und Desorientiertheit
  • wackliger Gang
  • großer Durst/Appetit
  • Drang nach draußen

 Medikamentöse Therapie

Der Tierarzt hat unterschiedliche medikamentöse Therapieansätze, je nachdem, was die epileptischen Anfälle beim Hund ausgelöst.  Ziel ist es, weitere Anfälle zu unterbinden und sowohl die Dauer als auch die Frequenz der Episoden zu verkürzen. Liegen den Anfällen Grunderkrankungen zugrunde, werden diese behandelt. In der Regel kommt es danach nicht mehr zu Krampfanfällen. Die idiopathische Epilepsie erfordert im Unterschied dazu in der Regel eine lebenslange Gabe von Medikamenten. In Deutschland sind dafür vier Wirkstoffe zugelassen:

Häufig verordnete Medikamente
  • Diazepam (Notfalltherapie durch Tierarzt)
  • Phenobarbital
  • Imepitoin (besseres Nebenwirkungsprofil als Phenobarbital)
  • Kaliumbromid, nur kombiniert mit Phenobarbital

Einige weitere Arzneistoffe besitzen keine offizielle Zulassung für die Therapie von Hunden, sind aber in der Humanmedizin bekannt und können umgewidmet werden, wenn die zugelassenen Wirkstoffe bei den Tieren nicht anschlagen. Dazu gehören Levetiracetam, Zonisamid, Gabapentin und Felbamat.

Tipps aus der Apotheke

Hundebesitzer müssen lernen, mit den Anfällen umzugehen. Während der Hund krampft, sollten sie alles zur Seite zu räumen, was er in seinem Zustand vielleicht versehentlich umwerfen oder was ihn verletzen könnte. Das Tier braucht Raum und darf nicht festgehalten oder zu Boden gedrückt werden. Zudem sollten die Besitzer genau notieren, wie lange die Anfälle andauern, und wie häufig sie vorkommen. Nur so lässt sich feststellen, wie gut ein vom Tierarzt empfohlenes Medikament angeschlagen hat. Gefährlich ist der Status epilepticus, bei dem ein Anfall über zehn Minuten andauert, oder wenn ein Anfall den nächsten ablöst, ohne dass der Hund dazwischen Zeit zur Erholung hatte.

Auf keinen Fall sollten vom Tierarzt verordnete Medikamente wie das im Kundenbeispiel erwähnte Phenobarbital ohne Rücksprache mit dem Tierarzt abgesetzt werden. Hier ist es wichtig, die Halter zu beruhigen und zu erklären, dass sich erst nach 14 Tagen im Blut ein stabiler Phenobarbital-Spiegel einstellt. Dann dauert es noch ein bis zwei weitere Wochen, bis sich der Hund an das Medikament gewöhnt hat, und die unerwünschten Begleiterscheinungen wie Müdigkeit oder Gangunsicherheit verschwinden. Sollte dann keine Besserung eingetreten sein, passt der Tierarzt die Dosis an oder greift auf ein anderes Medikament zurück.

Kommentar schreiben

Die Meinung und Diskussion unserer Nutzer ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie im Sinne einer angenehmen Kommunikation auf unsere Netiquette. Vielen Dank!

Pflichtfeld *