FAQ Cannabis in der Schmerztherapie

(cnie) Im Dschungel der Cannabistherapie braucht es eine Orientierungshilfe. Der Pharmazeut Albrecht Binder und die beiden Schmerzmediziner Johannes Horlemann und Norbert Schürmann haben deshalb für die Fachzeitschrift Schmerzmedizin Fragen zum Umgang mit Cannabis beantwortet.

16.08.2023

Cannabis
© Foto: rgbspace / Getty Images / iStock
Anzeige

Welche Nebenwirkungen einer Cannabistherapie sind relevant?

Relevant sind Nebenwirkungen immer dann, wenn die Beeinträchtigungen als größer empfunden werden als der positive Effekt der Cannabistherapie. Die nur gelegentlich vorkommenden Wahnvorstellungen und Suizidgedanken führen fast immer zum Therapieabbruch. Müdigkeit als sehr häufig vorkommende Nebenwirkung wird bei guten Therapieergebnissen hingegen oft in Kauf genommen. Es lohnt sich jedoch immer, die Dosis zu senken und einige Zeit unterhalb der Nebenwirkungsschwelle zu bleiben, bevor man erneut langsam steigert.

Aktueller Podcast

Die Therapie mit Cannabis ist gezielt symptomabhängig. Warum wird sie vor allem indikationsbezogen bewertet?

Keineswegs erfolgt die Bewertung von Cannabinoiden vor allem indikationsbezogen. Vielmehr profitieren Patientinnen und Patienten durch das breite Wirkspektrum von mehreren Parametern der Lebensqualität, beispielsweise Schlaf und Muskelentspannung - obwohl gezielt der Schmerz die Indikation war.

Wirken Cannabinoide entzündungshemmend?

Ja, insbesondere für CBD, aber auch für THC, wurde ein endzündungshemmender Effekt nachgewiesen. Durch ihre positiven Effekte auf Gliazellen scheinen Cannabinoide entzündliche Prozesse im zentralen Nervensystem zu reduzieren. Während die dauerhafte Einnahme von Opioiden zu einer entzündungsfördernden Aktivierung von Gliazellen beiträgt, reduzieren Cannabinoide diesen Effekt.

Existiert ein Vorteil für den therapeutischen Einsatz von Blüten?

Eine Blütentherapie hat keine Vorteile gegenüber einer fast schon retardierenden Wirkung oral angewandter Cannabinoide. Die schnelle Anflutung bedingt eine kognitive Einschränkung, die schmerztherapeutisch nicht benötigt wird.

Eine Depression wird von den gesetzlichen Krankenkassen als Kontraindikation für die Verordnung von Cannabinoiden gesehen. Gibt es neuere Erkenntnisse, die dieses widerlegen?

Es gibt auch sechs Jahre nach der Zulassung von Cannabis für medizinische Zwecke keine validen Daten zu dieser Frage. Schwere psychische Störungen wie Psychosen und schwere Depressionen gelten aus Gründen der Vorsicht als Kontraindikationen. Bei mittelschweren und leichten Depressionen hängt es davon ab, wie engmaschig die Therapie begleitet werden kann. Wenn die Depression ein Begleitsymptom zum Beispiel einer Schmerzerkrankung ist, kann sie sich zusammen mit den Schmerzen unter Cannabis verbessern. Eine ausführliche Dokumentation in Tagebüchern ist sehr zu empfehlen, um die Therapie falls nötig rasch abbrechen zu können.

Quelle: Schmerzmedizin / Springer Medizin

Kommentar schreiben

Die Meinung und Diskussion unserer Nutzer ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie im Sinne einer angenehmen Kommunikation auf unsere Netiquette. Vielen Dank!

Pflichtfeld *