Cimicifuga: Gegen Hitze

Der Wurzelstock der Traubensilberkerze wird bei klimakterischen Beschwerden eingesetzt. Dabei stehen die Beschwerden Hitzewallungen, Schwitzen sowie emotionale Labilität und Blutungsstörungen im Fokus der Behandlung.

von Petra Schicketanz
30.01.2025

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© Foto: [M] emer1940 / Getty Images / iStock
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  • Die Ureinwohner des östlichen Nordamerikas haben die Traubensilberkerze zur Geburtserleichterung und bei Beschwerden wie Schlangenbissen, Epilepsie, Rheuma und Asthma eingesetzt.
  • Heute liegt der Fokus auf klimakterischen Symptomen wie Hitzewallungen, Schwitzen und Blutungsstörungen.
  • Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind für Extrakte aus dem Traubensilberkerzenrhizom nicht zu erwarten.
  • Körperliche Leitsymptome für den homöopathischen Einsatz von Cimicifuga sind Hitzewallungen, bei denen Schweißausbrüche fehlen. Typisch sind auch Migräne, Kopf- und Nackenschmerzen bei insgesamt empfindlicher Halswirbelsäule.

Die Ureinwohner des östlichen Nordamerikas besaßen in ihrem Arzneischatz eine Heilpflanze, die Black Cohosh oder Squawroot (Frauenwurzel) genannt wurde. Ihren Wurzelstock setzten sie zur Geburtserleichterung ein, aber auch bei Schlangenbissen, Epilepsie, Rheuma und Asthma. Heute kennt man sie als Traubensilberkerze; noch immer nimmt die Heilpflanze in der Frauenheilkunde eine wichtige Stellung ein.

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Mit wissenschaftlichem Namen heißt das Hahnenfußgewächs Actaea racemosa, wobei das synonym verwendete Cimicifuga racemosa meist besser bekannt ist. Cimicifuga leitet sich aus dem Lateinischen ab: Cimex bedeutet Wanze und fuga Flucht. Der Geruch der Pflanze schreckt nämlich Blattwanzen ab. Der ebenfalls lateinische Namenszusatz racemosa (Trauben tragend) beschreibt die Form des Blüten- beziehungsweise Fruchtstandes, der einer langgezogenen Traube entspricht. Weil die Pflanze mittlerweile der Gattung der Christophskräuter (Actaea) zugeordnet wird, lautet der wissenschaftliche Name heute Actaea racemosa.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Die European Medicines Agency (EMA) hat im März 2018 den Wurzelstock der Traubensilberkerze in einer Monografie beschrieben (Cimicifuga racemosa L. Nutt., rhizoma). Diese bescheinigt drei verschiedenen Trockenextrakten aus dem Wurzelstock der Traubensilberkerze einen bestätigten Nutzen (well-established use) bei Einnahme zur Erleichterung klimakterischer Beschwerden wie Hitzewallungen und Schweißausbrüche. Verwendet werden dabei unterschiedliche Droge-Extrakt-Verhältnisse mit den Auszugsmitteln Ethanol (58 / 60 %) oder Isopropanol (40 %).

Gegenanzeigen

Ohne medizinischen Rat sollten die Extrakte in entsprechender Dosierung nicht länger als ein halbes Jahr eingenommen werden. Einzige Kontraindikation ist eine Allergie auf Bestandteile des Extrakts.

Arzneimittel aus dem Traubensilberkerzenrhizom dürfen bei Störungen der Leberfunktion nur unter Vorbehalt eingenommen werden. Ärztlicher Rat sollte eingeholt werden bei unter der Therapie neu auftretenden Leberstörungen. Diese zeigen sich in plötzlicher, starker Müdigkeit, Appetitverlust oder Gelbfärbung der Haut sowie starken Schmerzen im Oberbauch mit Übelkeit und Erbrechen oder dunklem Urin. Plötzliche Blutungen oder andere Beschwerden sowie eine Verschlimmerung der ursprünglich behandelten Symptome bedürfen ebenfalls medizinischer Abklärung.

Die EMA empfiehlt, den Trockenextrakt nicht zusammen mit anderen Östrogenen einzusetzen, sofern das nicht ärztlich angewiesen wurde. Ebenso ist die Verwendung bei Brustkrebs oder anderen hormonabhängigen Tumoren nur nach ärztlicher Rücksprache zu empfehlen – wobei das Auftreten und die Entwicklung von Brustkrebs vermutlich nicht von einer Extrakteinnahme beeinflusst werden. Die Studienlage gilt als nicht eindeutig.

Weitere Hinweise

Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind für Traubensilberkerzenextrakte nicht zu erwarten. Wegen unzureichender Datenlage wird eine Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit nicht empfohlen. Zudem rät die EMA Frauen im gebärfähigen Alter zur Empfängnisverhütung während der Therapie. Die Fortpflanzungsfähigkeit gilt erst nach der letzten Menstruationsblutung als erloschen. Adäquate Untersuchungen zu Gentoxizität, Karzinogenität und Reproduktionstoxizität liegen nicht vor.

Als unerwünschte Nebenwirkungen listet die EMA Leberstörungen auf, sowie allergische Hautreaktionen, Gesichtsödeme oder Wassereinlagerungen an anderen Körperstellen. Es wurde über Störungen im Verdauungstrakt berichtet. Daten zu möglicher Überdosierung liegen nicht vor.

Pharmakologische Wirkung

Ethanolische Extrakte der Traubensilberkerze enthalten unter anderem Triterpenglykoside (Actein, Cimifugosid), Flavonoide sowie Phytosterine. Für die hormonähnliche, östrogenartige Wirkung, die für den Extrakt immer wieder angenommen wird, besteht eine widersprüchliche Datenlage. Aktuell nimmt man die Modulation von Östrogen-Rezeptoren an und stuft die Extrakte als Phyto-SERM (pflanzliche selektive Östrogenrezeptormodulatoren) ein.

Zudem wurde bei der Einnahme standardisierter Extrakte von einer Veränderung weiterer Rezeptoren berichtet, die für zentralnervöse Störungen eine Rolle spielen. Klinisch-pharmakologische Studien weisen darauf hin, dass sich unter der Behandlung mit standardisierten Arzneimitteln aus dem Wurzelstock der Traubensilberkerze Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen und übermäßiges Schwitzen verbessern können. Entsprechende Phytotherapeutika werden auch zur Besserung von psychischen und neurovegetativen Beschwerden, bedingt durch die Wechseljahre, eingesetzt.

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Körperliche Leitsymptome für den homöopathischen Einsatz von Cimicifuga sind Hitzewallungen ohne Schweißausbrüche.
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Traditionelle Anwendung

Frauen, die in der Postmenopause keine Hormonersatztherapie (HET) möchten, fragen häufig in der Apotheke nach pflanzlichen Alternativen, von denen sie sich eine gute Verträglichkeit und weniger Nebenwirkungen versprechen. Die Anwendung von Extrakten der Traubensilberkerze ist allerdings in der Selbstmedikation auf ein halbes Jahr beschränkt. Neben der gesicherten Wirksamkeit bei klimakterisch bedingten neurovegetativen Beschwerden gibt es weitere traditionelle Anwendungsgebiete wie prämenstruelle Störungen und Dysmenorrhoe. Zudem scheint es einen positiven Effekt auf den Erhalt von Knochenmasse und Knochendichte zu geben. Allerdings liegen für den vorbeugenden Einsatz zur Osteoporoseprophylaxe zu wenig Daten vor.

Homöopathie

In der Frauenheilkunde werden Cimicifuga-Präparate auch homöopathisch verwendet. Indikationen sind beispielsweise Dysmenorrhoe, PMS und unregelmäßige Zyklusblutungen, aber auch Kopfschmerzen unterschiedlicher Herkunft, beispielsweise im Zusammenhang mit Muskelverspannungen, Hormonänderungen oder hormonell bedingter Migräne.

Ein besonderer homöopathischer Einsatz liegt im Bereich von Stimmungsveränderungen. So gibt es Anwendungen von Tiefpotenzen (Cimicifuga D6 oder D12) bei depressiven Verstimmungen, Stimmungsveränderungen in der Schwangerschaft oder in den Wechseljahren sowie seelischen Problemen bis hin zu Panikattacken. Zur Zielgruppe gehören Frauen mit ängstlicher, antriebsloser, depressiver oder niedergeschlagener Stimmung. Phasen mit hastigem, unruhigem Redefluss wechseln sich ab mit gleichgültig wirkendem Schweigen.

Körperliche Leitsymptome für den homöopathischen Einsatz von Cimicifuga sind Hitzewallungen, bei denen Schweißausbrüche fehlen. Typisch sind auch Migräne, Kopf- und Nackenschmerzen bei insgesamt empfindlicher Halswirbelsäule. Bis zur Menopause treten unregelmäßige Menstruationsblutungen auf mit wehenartigen Schmerzen. Wärme und frische Luft bringen eine Besserung, während feuchtkaltes Wetter, frühe Tageszeit und der Zeitraum der Monatsblutung die Symptome verschlimmern.

Zielgruppe für Cimicifuga sind Frauen mit einem ständigen Abwechseln von körperlichen und seelischen Symptomen. Bei akuten körperlichen Symptomen wird eher die Potenz D6 genommen (3 x täglich eine Gabe, d. h. 1 Tabl. oder 5 bis 10 Glob.). Das Homöopathikum wird im Mund zergehen gelassen.

Bestehen die Symptome länger oder steht die Psyche im Vordergrund, ist eine D12 angesagt und wird zweimal täglich verabreicht. Nach einer Besserung, spätestens aber nach drei bis sechs Wochen wird das Mittel abgesetzt und erst wieder gegeben, wenn die Symptome erneut eine Behandlung notwendig machen.

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