Down-Syndrom: Gab’s schon in der Bronzezeit

Forschende des Leipziger Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie fanden in prähistorischen und historischen Genomdaten sechs Kinder mit Down-Syndrom. Fünf von ihnen wurden vor mehr als 2.000 Jahren bestattet. Keines der Kinder wurde älter als ein Jahr.

28.06.2024

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Sterbliche Überreste von Individuum „CRU0012“, einem Jungen, der bei oder kurz vor der Geburt starb und Alto de la Cruz bestattet wurde.

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Insgesamt analysierten die Wissenschaftler DNA aus einer weltweiten Probensammlung von fast 10.000 prähistorischen und historischen Menschen. Sie suchten darin gezielt nach Fällen des Down-Syndroms und fanden insgesamt sechs Personen mit einer ungewöhnlich hohen Anzahl von DNA-Sequenzen von Chromosom 21. Diese sind der Mitteilung zufolge nur durch eine zusätzliche Kopie dieses Chromosoms erklärbar.

Ein Individuum von einem Kirchenfriedhof in Finnland wurde auf das 17. bis 18. Jahrhundert datiert. Die übrigen fünf waren viel älter: Sie stammen aus der Zeit von vor 5.000 bis 2.500 Jahren und wurden an bronzezeitlichen Stätten in Griechenland und Bulgarien sowie an eisenzeitlichen Stätten in Spanien entdeckt.

Bestattungen mit Grabbeigaben

Aus den Skelettresten gewonnene Informationen zum Alter zeigen, dass alle sechs Individuen noch Kinder waren, als sie starben – das älteste Kind wurde nur etwa ein Jahr alt. Die fünf prähistorischen Gräber befanden sich innerhalb von Siedlungen und wurden in einigen Fällen von besonderen Grabbeigaben wie bunten Perlenketten, Bronzeringen oder Muscheln begleitet. Die Forschenden schließen daraus, dass sie umsorgte und anerkannte Mitglieder ihrer Gemeinschaften gewesen sein müssen.

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Luftaufnahme der früheisenzeitlichen Siedlung Alto de la Cruz, Navarra, während der Ausgrabungsarbeiten von 1989.

Edwards-Syndrom

Obwohl die Studie darauf abzielte, Individuen mit Down-Syndrom ausfindig zu machen, entdeckten die Forschenden auch eine Person, die zu Lebzeiten unter einer anderen Erkrankung litt – dem Edwards-Syndrom. Darauf deutet eine DNA-Probe mit einem unerwartet hohen Anteil an DNA-Sequenzen von Chromosom 18 hin.

Das Edwards-Syndrom ist eine Erkrankung, bei der das Chromosom 18 dreifach vorliegt. Kinder haben meist schwere Fehlbildungen, und die Erkrankung führt noch im Mutterleib oder in den ersten Lebenswochen zum Tod. Mit einer Inzidenz von weniger als einem Fall unter 3.000 Geburten tritt es viel seltener auf als das Down-Syndrom. Auch dieser Fund wurde an einer der spanischen Stätten aus der Eisenzeit gemacht, was die Forschenden vor ein Rätsel stellt: „Momentan ist noch unklar, warum wir an diesen Stätten vergleichsweise viele solcher Fälle mit Erkrankungen finden“, heißt es in einer Mitteilung. „Wir wissen aber, dass diese zu den wenigen Kindern gehörten, denen das Privileg zuteil wurde, innerhalb ihrer Siedlungen bestattet zu werden.“. KIB

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