Endometriose: Weit verbreitet
- Endometriose ist eines der häufigsten gynäkologischen Frauenleiden und oft eine Zufallsdiagnose.
- Die medikamentöse, hormonelle Therapie wird mit Gestagenen, Gestagen-Östrogen-Kombinationen, GnRH-Analoga und GnRH-Antagonisten durchgeführt.
- Bei fortgeschrittener Erkrankung können Endometrioseherde durch einen operativen Eingriff entfernt werden.
- Gegen Regelschmerzen helfen NSAR, gegen Unterleibskrämpfe hilft Butylscopolamin.
- Die DiGa Endo-App kann zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse verordnet werden.
Endometriose ist eine gutartige, chronische Erkrankung, die etwa zehn Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter betrifft. Im Durchschnitt vergehen in Deutschland sechs Jahre zwischen dem Auftreten der ersten Symptome und der Diagnose. Andere Quellen sprechen von drei bis elf Jahren, innerhalb derer die Frauen fünf und mehr Ärzte aufsuchen. Die aktuelle Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Endometriose“ verdeutlicht, dass es keine verlässlichen Daten gibt, wie häufig die Krankheit tatsächlich auftritt. Eine hohe Dunkelziffer wird angenommen.
Krankheitsbild
Die Gebärmutterschleimhaut wird als Endometrium bezeichnet. Wachsen endometriumartige Zellverbände außerhalb der Gebärmutter, spricht die Medizin von Endometriose oder Endometrioseherden. Gefunden werden diese Herde meist an den Eileitern und den Eierstöcken, den Haltebändern der Gebärmutter, an der Harnblase, in der Scheide und am Bauchfell – also vorzugsweise im kleinen Becken in unmittelbarer Nachbarschaft zur Gebärmutter sowie am Darm und am Nabel. Selten, aber möglich sind Gewebeinseln in Milz, Lunge, Nieren, Gehirn oder am Skelett.
Endometrioseherde verhalten sich genauso wie die Gebärmutterschleimhaut. Sie unterliegen wie diese den zyklischen Hormonspiegelveränderungen: In der ersten Zyklushälfte wachsen sie, um in der zweiten Zyklushälfte abgestoßen zu werden, verbunden mit einer Abbruchblutung. Da aber abgestoßenes Gewebe und Blut nicht abfließen können, entstehen Verklebungen, Entzündungen und Zysten.
Während der Menstruation, aber nicht nur dann, kommt es zu starken, krampfartigen Unterleibsschmerzen und häufig starken Blutungen. Die Krankheit ist progressiv, das bedeutet, sie schreitet fort. Monat für Monat werden die Herde größer, und neue kommen hinzu. Jedoch verursacht nicht jede Endometriose Beschwerden. Schätzungen zufolge haben etwa zwei Drittel der Betroffenen (unterschiedlich starke) Beschwerden.
Mit dem Eintritt ins Klimakterium schwächen sich die Symptome ab. Nach dem Klimakterium kommt die Krankheit zum Stillstand. Dennoch können weiter Beschwerden, besonders Schmerzen im Unterleib, auftreten.
Ursachen
Welche Ursachen Endometriose hat, ist nach wie vor nicht bekannt. Es gibt verschiedene theoretische Ansätze, von denen jedoch keiner eine befriedigende Erklärung bietet. Es liegen Erkenntnisse vor, dass es im Bauchraum zu umfangreichen entzündlichen und immunologischen Veränderungen kommt. Die Autoren der Leitlinie gehen davon aus, dass gerade der Therapie der Entzündungsprozesse künftig eine „immer größer werdende Bedeutung“ zukommen wird.
Beschwerden
Das Leitsymptom der Endometriose ist der zyklusabhängige Schmerz, der meist einige Tage vor Blutungsbeginn auftritt und seinen Höhepunkt entweder direkt vor Blutungseintritt oder am 1. Blutungstag erreicht. Jeder zyklusabhängige Schmerz sollte daher gynäkologisch abgeklärt werden. Es gibt Frauen mit sehr starkem Befall, die kaum oder wenig Symptome haben und umgekehrt. Das Stadium der Erkrankung geht also nicht zwingend mit dem Beschwerdegrad einher.
Die Beschwerden sind individuell sehr unterschiedlich und treten abhängig und unabhängig vom Zyklus auf. Sie reichen von starken Regelschmerzen, Unterleibsschmerzen, aufgeblähtem Bauch bis zu Erschöpfung/Fatigue und verstärkter Menstruationsblutung. Häufig kommen auch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und/oder bei gynäkologischen Untersuchungen vor. Kinderlosigkeit kann ebenfalls eine Folge der Endometriose sein.
Untersuchung
Erste Hinweise wie Druckschmerzen im Bauchraum oder tastbare Schwellungen (Knoten) können sich während der gynäkologischen Untersuchung ergeben. Auch sollte der Arzt durch die Beschreibung der typischen Symptome im Anamnesegespräch auf eine mögliche Endometriose aufmerksam werden. Mithilfe einer transvaginalen Sonografie, gegebenenfalls ergänzt durch ein MRT des Beckens, kann ein Verdacht auf Endometriose erhärtet werden. Eine gesicherte Diagnose gelingt aus heutiger Sicht nur durch eine Gewebeprobe, die laparoskopisch entnommen und histologisch untersucht wird. In der Entwicklung sind diagnostische Tests zum Erkennen der Endometriose. Diese liefern aktuell noch keine befriedigenden Ergebnisse.
Therapie
Als Basis der Endometriose-Therapie gelten medikamentöse und operative Maßnahmen. Behandelt wird individuell auf die Patientin abgestimmt. Das ist abhängig davon, in welcher Lebenssituation sie sich befindet (Alter, Kinderwunsch) und wie stark das Krankheitsbild ausgeprägt ist. Weil Endometriose eine chronische Erkrankung ist, erfordert sie eine Langzeittherapie beziehungsweise im nicht medikamentösen Bereich ein Langzeitkonzept.
Das wesentliche Prinzip einer medikamentösen, hormonellen Therapie ist das Absenken des Östrogenspiegels und das Erzeugen einer Amenorrhoe (Ausbleiben der Regelblutung), denn das Hormon lässt Endometrioseherde wachsen. Alle Arten der Hormonbehandlung führen zu einem Rückgang der Endometriose-assoziierten Symptome. Sie greifen in den Sexualhormonhaushalt ein und wirken meist auch verhütend.
In den deutschsprachigen Ländern, deren Fachgesellschaften die Leitlinie herausgeben, sind Dienogest und Gonadotropin-Releasing-Hormone (GnRH-Analoga) zur Endometriosetherapie zugelassen sowie ein GnRH-Antagonist. Eingesetzt werden aber auch kombinierte orale Kontrazeptiva, weitere Gestagene und andere Applikationsformen (Spirale) im Off-Label-Use.
Analgetika
Die Schmerzen, die bei Endometriose insbesondere während der Regelblutung auftreten (Dysmenorrhoe), können mit nicht steroidalen Antiphlogistika (NSAR) gelindert werden. Wegen bekannter Nebenwirkungen sind sie nicht für eine Dauertherapie geeignet.
Acetylsalicylsäure-- Frauen mit Endometriose können eine (sehr) starke Monatsblutung haben. Um diese nicht noch zu verstärken, kann zum Verzicht auf Acetylsalicylsäure während dieser Zeit geraten werden. Gegen Krämpfe kann Butylscopolamin ausprobiert werden. Das Parasympatholytikum wirkt spasmolytisch bei Krämpfen der glatten Muskulatur des Gastrointestinaltraktes, der Gallen- und der Harnwege.
Wichtig-- Im Beratungsgespräch sollte darüber aufgeklärt werden, wie wichtig die rechtzeitige Einnahme und ausreichende Dosierung der schmerzlindernden Wirkstoffe ist. Besonders junge Frauen sind zunehmend zurückhaltend bei der Einnahme von Medikamenten, sodass auch auf Analgetika oft zu spät und in zu geringer Dosis zurückgegriffen wird. Es sollten die analgetischen Standarddosierungen für den OTC-Gebrauch eingehalten werden.
Gestagene
Weil Endometriose eine hormonabhängige Krankheit ist, sind Gestagenpräparate mit oder ohne Östrogenanteil immer noch Mittel der ersten Wahl in der Therapie. Dabei scheint es egal zu sein, welche Darreichungsform gewählt wird (subkutan, intrauterin, muskulär, transdermal, oral).
GnRH-Analoga
Sie werden seit Jahren erfolgreich als Spritze oder Nasenspray in der Endometriose-Therapie eingesetzt, eignen sich aber aufgrund der Nebenwirkungen nicht für eine Langzeittherapie. GnRH-Analoga wie Buserelin, Leuprorelin und Goserelin sind synthetische Analoga des natürlichen Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH) und wirken stärker als dieses.
Bei längerer Gabe regulieren GnRH-Analoga den Östrogenspiegel soweit herunter, dass er sich auf einem Niveau wie im Klimakterium befindet. Die Östrogensynthese in den Eierstöcken bleibt während der Behandlungsdauer aus. Damit wird keine Schleimhaut aufgebaut, die Endometrioseherde trocknen aus. Auch die Schmerzen bessern sich deutlich. Mit der zusätzlichen Gabe von Gestagenen oder Gestagen-Östrogen-Kombinationen (Add-back-Therapie) können die klimakterischen, durch den Östrogenmangel hervorgerufenen Beschwerden gelindert werden.
Die häufigsten Symptome bei Endometriose
GnRH-Antagonisten
Sie sind noch relativ neu in der Endometriose-Therapie: GnRH-Antagonisten wie Relugolix. Als direkte Gegenspieler des GnRH-Rezeptors (Antagonisten) blockieren sie diesen sofort. Daher setzt die Wirkung schneller ein (und lässt schneller nach) als bei den GnRH-Agonisten. In der Europäischen Union ist Relugolix als fixe Kombination mit Estradiol und Norethisteron zugelassen. Die Indikation lautet: „Zur symptomatischen Behandlung der Endometriose bei Frauen mit vorausgegangener medikamentöser oder chirurgischer Behandlung ihrer Endometriose.“ Außerdem wird das Arzneimittel noch bei Uterusmyomen eingesetzt.
Operation
Wird mit bildgebenden Verfahren festgestellt, dass sich die Endometriose in einem weit fortgeschrittenen Stadium befindet, ist eine Operation unumgänglich. Diese geht entweder von der Scheide oder vom Bauch aus. Endometrioseherde können mikroskopisch klein oder untypisch sein und neigen dazu, übersehen zu werden. Oft liegen sie hinter Organen und sind schwer zu entfernen.
Bei Blase und Darm muss besonders vorsichtig vorgegangen werden. Verwachsungen, die sich wie Spinnenweben durch den Bauchraum ziehen, komplizieren die Operation zusätzlich. Wie lange diese und auch die sich daran anschließende Behandlung dauert, richtet sich nach dem Schweregrad der Endometriose und auch danach, wie viele Gewebeinseln und Verwachsungen während des Eingriffs entfernt werden konnten.
Digitales
Seit einiger Zeit gibt es für betroffene Frauen auch digitale Hilfe: die Endo-App. Sie „bringt […] eine ganzheitliche Unterstützung bei Endometriose direkt auf das Smartphone“, schreibt der Anbieter Endo Health UG. Es handelt sich um eine Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) – auch APP auf Rezept genannt – die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung bei Endometriose verordnet werden kann. Mit einem Nachweis der Diagnose kann auch ohne ärztliche Verordnung der Aktivierungscode für die DiGA bei der Krankenkasse angefordert werden. Die Endo-App vermittelt verschiedene Inhalte (Übungen, Lernmodule) und bietet ein Tagebuch, das für die Krankheit konzipiert wurde.
Noch etwas
Frauen mit Endometriose haben es – ganz abgesehen von ihren Beschwerden – nicht leicht. Es dauert mitunter ewig bis zur Diagnose. Sex tut weh, gynäkologische Untersuchungen auch. Ein bestehender Kinderwunsch kann möglicherweise nicht erfüllt werden. Da werden Auswege in viele Richtungen gesucht. Unter den Leitlinien-Experten besteht Einigkeit dahin gehend, dass „Endometriose-Patientinnen nach der Verwendung von komplementärer Medizin und Alternativverfahren gefragt und auf Wunsch beraten werden sollten“.