Erdbeeren: Sommergenuss

Appetitlicher kann Obst kaum sein: fruchtig-süß, kalorienarm, rasch sättigend und reichlich gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe. Gründe genug, die heimische Erdbeersaison so richtig auszukosten.

von Dr. Ute Koch
28.06.2024

07pta_Erdbeerkonfitüre-IMG 2661
© Foto: J. WECK GmbH u. Co. KG
Anzeige

Egal, ob aus dem Garten, dem Balkonkasten, selbst vom Feld gepflückt oder im Körbchen bei einem mobilen Händler gekauft: Frisch geerntet schmecken die roten Früchte am besten. Besonders beliebt sind sie auf der Torte, zu Eis und Schlagsahne, in der Bowle oder einfach so zum nebenher Naschen. Letzteres ist ausdrücklich erlaubt, weil Erdbeeren trotz ihrer Süße sehr gesund und keine Dickmacher sind. Und nicht zuletzt schmeckt eine Erdbeermarmelade am allerbesten, wenn dafür saisonale sonnengereifte Früchte verarbeitet wurden.

Aktueller Podcast

Traditionelle Arzneipflanze

Die Erdbeere, Gattung Fragaria, gehört zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Darunter ist die als Arzneipflanze eingestufte Wald-Erdbeere (Fragaria vesca L.). Arzneilich verwendet werden ihre Blätter (Fragariae folium), die reich an Gerbstoffen sind. Das Herbal Medicinal Product Committee (HMPC) hat die Blattdroge als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a Arzneimittelgesetz) eingestuft. Laut HMPC können Zubereitungen daraus zum Erhöhen der Harnmenge und somit zum Durchspülen der Harnwege unterstützend bei leichten Harnwegsbeschwerden eingesetzt werden; außerdem zur symptomatischen Behandlung leichter Durchfälle.

Darreichungsformen sind geschnittene Erdbeerblätter zur Teezubereitung und die pulverisierte Droge in Tabletten. Das HMPC ist der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel der European Medicines Agency (EMA, Europäische Arzneimittelagentur).

Verwirrende Botanik

Die heute zu Genusszwecken angebauten Erdbeersorten entstammen der Urform der Garten-Erdbeere (Fragaria × ananassa). Diese ist im 18. Jahrhundert aus einer Kreuzung großfruchtiger amerikanischer Pflanzen und der europäischen Wald-Erdbeere (Fragaria vesca) hervorgegangen. Gemäß botanischer Definition sind Erdbeeren keine Früchte, sondern Scheinfrüchte, genau gesagt Sammelfrüchte oder Sammelnussfrüchte. Die Erdbeere ist der herangewachsene und fleischig gewordene Blütenboden, von dem die weißen Blütenblätter abgefallen sind. Auf diesem sitzen zahlreiche kleine Nüsschen in Form von gelben Körnchen, den eigentlichen Früchten. Auch Him- und Brombeeren sind gemäß botanischer Nomenklatur keine Beeren, im Gegensatz zu Bananen, Gurken, Kürbissen und Tomaten. Übrigens: Als Erdbeerzunge bezeichnet man in der Medizin eine gerötete Zunge, auf deren Rücken kleine Erhebungen wie „Samen“ sichtbar sind. Sie tritt unter anderem bei Scharlach auf.

Kalorienarm und gesund

Sonnengereifte Erdbeeren schmecken fruchtig-süß, und trotzdem ist ihr Energiegehalt sehr gering: nur 32 Kilokalorien pro 100 Gramm. Die roten Früchte bestehen zu 90 Prozent aus Wasser. Dennoch haben sie es in sich: Ballaststoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, reichlich Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Ganz oben steht Vitamin C, von dem Erdbeeren sogar mehr als Orangen enthalten. Ihren sättigenden Effekt haben die Früchte den Ballaststoffen zu verdanken, ebenso ihren glättenden Effekt auf den postprandialen Blutzucker. Gründe genug, in den Sommermonaten reichlich heimische Erdbeeren zu verzehren und diese Empfehlung Diabetikern ans Herz zu legen. Ebenso all denjenigen, die Körpergewicht verlieren und dabei nicht auf Genuss verzichten möchten.

Erdbeeraroma

Interessante Informationen sind beim Deutschen Verband der Aromenindustrie e. V. (DVAI) zu finden: Es gibt nicht genügend Früchte, um die weltweite Nachfrage nach natürlichem Erdbeeraroma zu decken. Nur 15 bis 20 der mehr als 200 enthaltenen Aromen prägen den charakteristischen Erdbeergeschmack. So würden für ein Kilogramm Geschmacksstoff-Konzentrat rund 10.000 Kilogramm Erdbeeren benötigt, und die weltweite Erdbeerproduktion könnte nur fünf Prozent der Joghurts nach Erdbeeren schmecken lassen.

Damit trotzdem niemand auf den Geschmack verzichten muss, nutzt die Aromenindustrie alternative Wege. Wichtige Ausgangsmaterialien für Erdbeeraromen sind Bestandteile aus Holz. Diese werden zur Synthese vieler Aromen genutzt (z. B. die Gerüstsubstanz Lignin). Die Meinung jedoch, Erdbeerjoghurt würde Sägespäne statt Fruchtstückchen enthalten, gehört zu den Fake News.

Die Erdbeere als Logo

Fast jeder kennt WECK-Gläser, umgangssprachlich Einweck-Gläser genannt. Sind sie vom Originalhersteller WECK, schmückt sie ein Erdbeer-Logo. Erfinder des Einkochens (patentiert 1893), später Einwecken genannt, war der deutsche Chemiker Dr. Rudolf Rempel (1859 – 1893). Bevor sich sein Verfahren durchsetzte, konnten Lebensmittel nur durch Methoden wie Trocknen, Dörren, Pökeln, Einlegen in Essigwasser oder Eindicken in Zuckerwasser haltbar gemacht werden.

Unter Rempels ersten Großkunden war Johann Weck, der später die Patente des sehr jung verstorbenen Erfinders erwarb. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Georg van Eyck gründete Weck am 1. Januar 1900 die Firma Weck & Co. in Öflingen. Fortan begann im damaligen Deutschen Reich und seinen Nachbarländern der rasche Siegeszug des Einweck-Verfahrens. Unter der Marke „WECK“ und dem Markenzeichen der Erdbeere gibt es seitdem Einkochgläser, Einkochapparate und vieles mehr, was zum Einwecken benötigt wird. Die heutige Firma Weck glass and packaging GmbH sitzt in Bonn. Das Verb „einwecken“ steht seit 1934 im Duden.

Wegbereiter des Einkochens

Rempels Erfindung wäre ohne die bedeutenden Entdeckungen und Entwicklungen seiner Vorfahren nicht möglich gewesen: Der Gelehrte, Ingenieur und Politiker Otto von Guericke (1602 – 1686), bekannt durch seinen Versuch mit den Magdeburger Halbkugeln vor dem Reichstag zu Regensburg, entdeckte als erster die Stofflichkeit der Luft, befasste sich mit ihrer Wärmeausdehnung und dem Vakuum. Dabei legte er bereits im 17. Jahrhundert den Grundstein des vakuum-bedingten Verschlusses der späteren Einkochgläser. Der französische Universalgelehrte und Physiker Denis Papin (1647 – ca. 1712) entwickelte den „Papinschen Topf“, einen dickwandigen Dampfkochtopf aus Kupfer mit Sicherheitsventil. Damit erzielte er bereits 1690 erstmals ein Vakuum mit Hilfe von Wasserdampf. Mit seinen Töpfen konservierte Papin Gelees und Kochfleisch, wobei er es bei rein wissenschaftlichen Versuchen beließ.

Zudem zu nennen ist Francois Nicolas Appert, vermutlich 1750 als Franz Nikolaus Abert geboren und zunächst als Koch bei Hofe und später als Konditor in Paris tätig. Etwa um 1790 entdeckte und entwickelte er das Prinzip der Hitzekonservierung (Erhitzen auf 100 °C) von Lebensmitteln. Für seine Erfindung erhielt er einen für die damalige Zeit hochdotierten Preis von 12.000 Goldfrancs. Dieser wurde von Kaiser Napoleon I. ausgeschrieben, der nach Möglichkeiten zur Konservierung von Truppenverpflegung suchte. Hochgeehrt verstarb Appert 91-jährig in Paris. Kein Geringerer als der französische Chemiker und Bakteriologe Louis Pasteur (1822 – 1895) bezog sich bei seinen Arbeiten auf Appert.

Nicht zuletzt: Erdbeerbowle

In geselliger Runde eine Erdbeerbowle zu genießen, ist eine beliebte Sommertradition. Eine Fruchtbowle ist schnell zubereitet, sollte aber gut gekühlt werden. Damit sie auf dem Tisch ihre Temperatur behält, können Eiswürfel zugefügt werden. Am besten hergestellt aus dem für die Bowle verwendeten Weiß- oder Roséwein, damit sie nicht verwässert. Eine Bowle ist bekanntlich nur so gut wie ihre Zutaten, was für die Früchte genauso gilt wie für den Wein und Sekt. Vielfältige Bowlen-Rezepte mit und ohne Alkohol sind online zu finden.

Kommentar schreiben

Die Meinung und Diskussion unserer Nutzer ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie im Sinne einer angenehmen Kommunikation auf unsere Netiquette. Vielen Dank!

Pflichtfeld *
Inhaltsverzeichnis