Frauenmantel: Allerfrauenheil

- Als Durchfallmittel besitzt Frauenmantelkraut eine Positivmonografie der Kommission E.
- Anerkanntes Wirkprinzip ist die Gerbstoffwirkung der im Kraut enthaltenen Ellagitannine.
- Für die innerliche Einnahme als Tee liegt die empfohlene Gesamtdosis bei fünf bis zehn Gramm Droge pro Tag.
- In der Volksmedizin wird Alchemillae herba in Form von Tees, Kaltauszügen, Extrakten oder in homöopathischen Darreichungsformen eingesetzt.
- Laut Erfahrungsheilkunde hilft das Kraut auch bei Zyklusstörungen und unterstützt bei hormonellen Veränderungen während der Pubertät und im Klimakterium.
Der Gewöhnliche Frauenmantel, Alchemilla vulgaris, gilt als eines der wichtigsten Frauenkräuter. Schon der antike Arzt Dioskurides beschäftigte sich mit seiner Wirkung. Über viele Jahrhunderte war sich die Pflanze einer hohen Wertschätzung als Frauenpflanze sicher, was Synonyme wie Allerfrauenheil, Frauenhilf, Milchkraut und Muttergottespflanze belegen.
Frauenpflanzen
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Doch die moderne Wissenschaft bestätigt der Heilpflanze lediglich eine adstringierende Wirkung, die durch die enthaltenen Gerbstoffe hervorgerufen wird. Deshalb besitzt Frauenmantelkraut (Alchemillae herba) lediglich als Mittel bei leichten, unspezifischen Durchfallerkrankungen eine Monografie der Kommission E.
Eigenwilliger Charakter
Das Attribut „gewöhnlich“ steht im Namen des Frauenmantels für sein häufiges Vorkommen. Botanisch zeigt die Pflanze eher einen eigenwilligen Charakter. Das Rosengewächs zeichnet sich durch seine breiten, mehrfach gelappten Blätter aus, die sich trichterförmig zum Blattstiel falten. Sie erinnern an einen römischen Radmantel und wurden als Mantel der Gottesmutter interpretiert, unter dem hilfesuchende Frauen Zuflucht fanden.
An Tagen, an denen die Luftfeuchtigkeit so hoch ist, dass über die Blattoberfläche keine Verdunstung stattfinden kann, bedient sich die Pflanze eines Tricks, um den Transport von Wasser und Nährstoffen aus den Wurzeln bis in die entlegenste Blattspitze zu gewährleisten: Sie presst an den gezähnten Blatträndern feine Guttationstropfen ab. Diese wirken wie eine geheimnisvoll funkelnde Perlenkette, bei der nicht verwundert, dass Alchemisten auf dieses besondere Wasser aufmerksam wurden und das „Himmelswasser“ genauer untersuchten.
Es handelt sich dabei definitiv nicht um Tau, auch wenn manche Namensschöpfungen für den Frauenmantel das denken lassen, wie Taumantel, Taufänger, Tauschüsselchen und Sinnau (auch Sintau, von althochdeutsch sin = immer, au = Wasser, Tau).
Auch bei der Fortpflanzung geht der Frauenmantel einen ungewöhnlichen Weg. Die nur wenige Millimeter großen Blüten sind unscheinbar und duftlos. Selbst wenn Insekten beim Besuch etwas Nektar erhalten, sind sie für die Fortpflanzung unbedeutend. Die Pflanze produziert ihre Samen ohne Befruchtung, was in der Fachsprache als Apomixis bezeichnet wird. Darüber hinaus sorgen die unterirdischen Rhizome für eine lebhafte, vegetative Vermehrung.
Verwendung
Als Arzneibuchdroge Alchemillae herba werden die zur Blütezeit gesammelten, ganzen oder geschnittenen, getrockneten oberirdischen Teile von Alchemilla vulgaris verwendet. Die Droge ist fast geruchlos und hat einen leicht bitteren, zusammenziehenden Geschmack. Sie muss mindestens sechs Prozent Gerbstoffe (Ellagitannine) beinhalten. Weitere Inhaltsstoffe sind Flavonoide, Bitterstoffe und geringe Mengen ätherisches Öl.
Die Anwendung als Antidiarrhoikum geht auf die zusammenziehende Wirkung der Gerbstoffe zurück. Allerdings sollten auch leichte, unspezifische Durchfallerkrankungen nicht länger als drei bis vier Tage in der Selbstmedikation damit behandelt werden. Die Einnahme erfolgt innerlich als Tee mit einer empfohlenen Gesamtdosis von fünf bis zehn Gramm Droge pro Tag.
Volkstümliche Anwendung
In der Volksmedizin wird Frauenmantelkraut nicht nur als Tee, Fertigextrakt oder Urtinktur verwendet. Ein Kaltauszug, bei dem man die Droge mit kaltem Wasser übergossen fünf Stunden ziehen lässt, schont bei der Herstellung die Inhaltsstoffe und kann beispielsweise innerlich bei Magenbeschwerden eingesetzt werden. Zudem dient ein wässriger Auszug als Gurgelwasser bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum. Waschungen und Umschläge werden bei Ekzemen und Hautgeschwüren genutzt, sowie Sitzbäder bei Erkrankungen des Unterleibs. Die Wirkung dieser Anwendungen gilt zwar als nicht belegt, ist aber aufgrund der enthaltenen Gerbstoffe plausibel.
Als Arzneibuchdroge Alchemillae herba werden die zur Blütezeit gesammelten, ganzen oder geschnittenen, getrockneten oberirdischen Teile von Alchemilla vulgaris verwendet.
Hintergrund Gerbstoffwirkung
Gerbstoffe sind wasserlösliche phenolische Verbindungen, die an Eiweiße binden und mit ihnen wasserunlösliche Komplexe bilden. Auf diese Weise entsteht eine wasserabweisende Schicht. Den Pflanzen dienen Gerbstoffe als Schutz vor Nässe und Fäulnis, verhindern den unerwünschten Verlust von Feuchtigkeit und hemmen das Wachstum von Bakterien, Viren und Pilzen. Obendrein wirken sie als Fraßschutz, da ein Zuviel an Gerbstoffen die Verdauung der Pflanzenfresser stört.
Aus Heilpflanzenzubereitungen lagern sich die Gerbstoffe reversibel an Eiweißstrukturen des Körpers wie Haut und Schleimhäuten an, wo sie einen keimhemmenden, blutstillenden Film bilden. Das macht sich im Mund beispielsweise durch ein vorübergehend pelziges Gefühl bemerkbar. Insgesamt können folgende Effekte eintreten: zusammenziehend (auch von Wundrändern), schleimhautabdichtend (z. B. Bei Durchfall) austrocknend und blutstillend. Zudem wirken Gerbstoffe entzündungshemmend, antibakteriell, antiviral und antimykotisch und sind in der Lage, Bakterientoxine zu binden. Sie lindern Juckreiz und wirken leicht lokalanästhesierend.
Damit bei der phytotherapeutischen Anwendung genügend Gerbstoffe in das Produkt übergehen, sollten einige Regeln bedacht werden: Tees sollten mindestens zehn Minuten lang ziehen. Für Abkochungen (Dekokte) wird empfohlen, die Drogen nicht länger als fünf Minuten zu kochen. Zur Herstellung von Tinkturen aus Drogen mit hydrolysierbaren Gerbstoffen (wie die Ellagitannine des Frauenmantels) sollte der Ethanolgehalt maximal 50 Volumenprozent betragen.
Wussten Sie, dass ...
- Gerbstoffe wahrscheinlich seit der Jungsteinzeit bewusst eingesetzt wurden, um Leder haltbar und damit verarbeitbar zu machen?
- das Gerberhandwerk schon sehr früh eigenständig auftrat und von Plutarch (45 bis 125 n. Ch.) erwähnt wird?
- es die Berufsausbildung zum Gerber seit 1937 gibt und sie 1981 zum staatlich anerkannten Ausbildungsberuf aktualisiert wurde?
- Leder bis Ende des 20. Jahrhunderts ein Werkstoff war, für dessen Eigenschaften es keine Ersatzmaterialien gab.
- veganes Leder, basierend auf nachwachsenden Rohstoffen, seit einiger Zeit total angesagt ist?

© Foto: Helin Loik-Tomson / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)
Frauenheilkunde
In der Frauenheilkunde gibt es verschiedene Indikationen, an denen die Gerbstoffwirkung maßgeblich beteiligt ist. Allerdings werden diese eher der Volksmedizin zugeordnet. Hierzu gehören Unterleibsbeschwerden wie Weißfluss (Fluor vaginalis), Entzündung des äußeren Genitalbereichs (Vulvitiden), Entzündung der Scheide (Kolpitis) oder Brustdrüsenentzündung (Mastitis) bei stillenden Frauen. Bei Verletzungen durch Geburt oder nach erzwungenem Geschlechtsverkehr können Sitzbäder mit Frauenmantelkraut die Wundheilung fördern.
Weitere Anwendungsgebiete, die der Erfahrungsheilkunde zugerechnet werden, sind starke oder zu schwache Monatsblutungen (Dysmenorrhö), Linderung von Krämpfen und Wassereinlagerung während der Menstruation, Zyklusregulierung sowie die Begleitung der hormonellen Veränderung in Pubertät und Klimakterium.
Homöopathie -- In der Homöopathie wird Frauenmantel ebenfalls bei Unterleibsentzündungen, unregelmäßiger Mens- truation sowie Ausfluss und in den hormonellen Umstellungsphasen verwendet. Nach der Entbindung soll die Arznei die Rückbildung der Gebärmutter beschleunigen. Da das Mittel die Gebärmutter anregt, sollte es während der Schwangerschaft nur auf therapeutischen Rat und nicht in der Selbstmedikation eingenommen werden.