HIV/Aids: Ein Leben lang positiv

Der Welt-Aids-Tag hat in diesem Jahr das Motto „Leben mit HIV. Anders als du denkst?“ Die Kampagne lässt Infizierte zu Wort kommen und lädt zur Diskussion ein. Denn es gibt noch immer Vorurteile durch Unwissenheit.

von Kirsten Bechtold
29.11.2024

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© Foto: AndreyPopov / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodellen)
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Das eigene Wissen auf den Prüfstand stellen, sich Vorurteile bewusstmachen und korrigieren – das gelingt am besten im Kontakt mit den Menschen, um die es geht, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, der Deutschen Aidshilfe und der Deutschen AIDS-Stiftung zum diesjährigen Welt-Aids-Tag (welt-aids-tag.de). Und so steht in diesem Jahr der Dialog im Vordergrund: Im Rahmen der deutschen Kampagne erzählen starke Persönlichkeiten mit HIV von ihrem Alltag mit der Virusinfektion, ihrem HIV-positiven Coming-out und ihrem Einsatz gegen Vorurteile und laden zu Diskussionen ein.

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Solche Aktionen sind wichtig. Denn HIV ist immer noch ein globales Problem. Sowohl der 1988 von der WHO ins Leben gerufene, jährlich am 1. Dezember stattfindende Aktionstag als auch die seit den 1980er-Jahren geführte wissenschaftliche, medizinische und gesellschaftspolitische Diskussion haben zwar dazu beigetragen, dass der Kampf gegen das humane Immundefizienz-Virus erfolgreich verläuft. Heute haben HIV-positive Menschen prinzipiell eine normale Lebenserwartung. Doch der Kampf ist noch nicht gewonnen.

Einen wichtigen Beitrag zur wissenschaftlichen Diskussion über die Prävention, Diagnose und Therapie der HIV-Infektion leistet daher auch die Welt-Aids-Konferenz. Diese fand im Juli dieses Jahres nach über 30 Jahren erstmals wieder in Deutschland statt.

Daten und Fakten

Weltweit leben fast 40 Millionen Menschen mit dem HI-Virus. Doch trotz der verfügbaren Möglichkeiten zur Prävention und Diagnostik sowie effektiven antiretroviralen Therapien (ART) sterben jährlich immer noch etwa 630.000 Personen an Aids-assoziierten Komplikationen – auch, weil etwa jeder vierte Mensch mit HIV keinen ausreichenden Zugang zur medizinischen Versorgung und ART hat. Bedauerlicherweise betrifft dies in besonderem Maße mit HIV lebende Kinder. Ihr Anteil daran ist mit bis zu 50 Prozent besonders hoch, berichtet Prof. Christoph D. Spinner von der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München in der Fachzeitschrift MMW – Fortschritte der Medizin. Trotz aller Anstrengungen im Kampf gegen HIV, den verbesserten Therapiemöglichkeiten und einer zuverlässigen Diagnostik werden weltweit noch immer 1,3 Millionen Neuinfektionen pro Jahr gemeldet. Das sind etwa 3.600 täglich.

Situation in Deutschland

In Deutschland leben derzeit fast 94.000 Menschen mit HIV, jährlich infizieren sich etwa 1.900 Menschen neu. Die Anzahl der Neuinfektionen ist bei Männern, die Sex mit Männern haben, zwar kontinuierlich zurückgegangen, in der Gruppe der heterosexuellen und drogengebrauchenden Menschen jedoch leicht angestiegen, zeigen die Daten des Robert Koch-Instituts. Damit bleibt auch in Deutschland trotz aller Fortschritte in Diagnostik, Therapie und Prävention im Kampf gegen HIV noch einiges zu tun.

Medizinischer Alltag

Spinner erklärt in dem MMW-Artikel, dass HIV-Tests bei Personen mit Indikator-Erkrankungen wie Zervix- und Analkarzinom, Leuko- und Thrombopenien, Wasting-Syndrom, Herpes Zoster und anderen einen Beitrag zur Steigerung der HIV-Diagnosen leisten könnten. Er führt weiter an, dass Studien zeigen, dass Chancen für eine rechtzeitige Diagnostik auch in Deutschland verpasst werden.

Noch was ...
  • Die 1980er-Jahre sind für viele der Startpunkt für das Auftreten von Aids, doch das verantwortliche Virus ist wahrscheinlich schon 100 Jahre alt.
  • Ein verletzter Jäger soll der erste menschliche Wirt gewesen sein (Cut-Hunter-Hypothese).
  • Das eigentlich vom Tier stammende Virus entwickelte sich zum humanen Immundefizienz-Virus (HIV) weiter.
  • Unbehandelt führt eine HIV-Infektion zu Aids (Acquired Immunodeficiency Syndrome), also zum erworbenen Immunschwächesyndrom.

Ansteckungswege

Die Ansteckung mit dem HI-Virus erfolgt am häufigsten beim Geschlechtsverkehr. Auch über infiziertes Blut kann das Virus übertragen werden. Dies gilt insbesondere für den gemeinsamen Gebrauch von Spritzen und Spritzenzubehör unter Drogengebrauchenden. Spenderblut wird hingegen in Deutschland sorgfältig ausgewählt und auf das HI-Virus getestet.

Schwangere und Stillende können das Virus auf ihr Kind übertragen. Ist die Infektion der Mutter bekannt, können verschiedene Maßnahmen wie eine antiretrovirale Therapie das Infektionsrisiko des Kindes minimieren. Ein HIV-Test wird daher für Schwangere empfohlen und im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen angeboten.

Je nach Umgebungsbedingungen kann das HI-Virus auch außerhalb des Körpers seine Infektiosität noch tagelang behalten. Das ist allerdings laut dem Robert Koch-Institut im Alltag meist wenig relevant. Der bloße Hautkontakt (z. B. umarmen, streicheln) oder auch der flüchtige Kontakt mit verletzter Haut erlauben kein Eindringen des Virus in den Körper. Durch die Luft, durch husten oder niesen ist das Virus ebenfalls nicht übertragbar.

Prävention

Kondome, saubere Spritzen und Spritzutensilien schützen vor einer HIV-Infektion. Auch die medikamentöse Vorsorge PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe) beugt vor. Sie ist seit dem 1. September 2019 in Deutschland Kassenleistung für Menschen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko. Bei dieser Safer-Sex-Methode nehmen HIV-negative Menschen täglich oder anlassbezogen, vor und nach sexuellen Kontakten, ein Medikament ein, um die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung mit HIV zu reduzieren.

Damit die Tabletten richtig wirken, ist es wichtig, sie korrekt einzunehmen. Die Deutsch-Österreichische Leitlinie zur HIV-PrEP empfiehlt täglich eine Tablette. Bei anlassbezogener Einnahme wird empfohlen, dass Männer zwei Tage vor dem Sex damit beginnen, Frauen bereits sieben Tage zuvor. Denn die PrEP-Wirkstoffe reichern sich in der Vaginalschleimhaut langsamer an als in der Darmschleimhaut.

Medikamente

Auch, wenn es vereinzelt Berichte gibt, wonach HIV-Patienten geheilt sind, gilt die Infektion bis heute als nicht heilbar. Es gibt zudem keine schützende Impfung. Doch HIV ist gut behandelbar. Medikamente gibt es seit über 25 Jahren, mittlerweile sind es über 30 Wirkstoffe.

Damit sie die Infektion wirksam verhindern können, muss die Diagnose frühzeitig gestellt und rechtzeitig mit einer Therapie begonnen werden. Die Behandlung erfolgt dann entweder über die tägliche Einnahme von Tabletten oder über eine Depot-Spritze, die alle ein bis zwei Monate gegeben wird.

Die eingesetzten antiretroviralen Arzneimittel hindern die Viren daran, sich im Körper zu vermehren. Das tun sie auf unterschiedlichen Wegen: Entweder, indem sie das Virus am Eindringen in die Zellen hindern, das Virus daran hindern, in der Zelle das Kommando zu übernehmen oder indem sie das Freisetzen neuer Viren aus der infizierten Zelle blockieren. Es werden stets mehrere Wirkstoffe miteinander kombiniert. Das soll die Wirkung verstärken und die Resistenzbildung verhindern. Denn das HI-Virus verändert sich ständig. Die Medikamenten-Kombinationen müssen allerdings ein Leben lang eingenommen werden.

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