Karies: Zahngesund

Zahnhygiene kennt kein Alter. Ab dem ersten Zähnchen sollte sie zur täglichen Routine werden, und das bis ans Lebensende. Die regelmäßige Fluoridierung spielt dabei eine große Rolle.

von Dr. Ute Koch
30.08.2024

Mann mit zwei Kindern beim Zähneputzen
© Foto: Halfpoint / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodellen)
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  • Das zweimal tägliche Zähneputzen startet mit dem ersten Zähnchen und ist unerlässlich bis zum Lebensende.
  • Der Zahnschmelz ist das härteste Material des menschlichen Körpers, aber extrem säureempfindlich.
  • Fluoride, zum Beispiel in Zahncremes, bauen sich in den Zahnschmelz ein, härten und schützen diesen vor Karies.
  • Seit 2021 gibt es klare Empfehlungen zur Fluoridierung von Milchzähnen ab dem ersten Zähnchen.
  • Menschen mit Mundtrockenheit sollten die Fluoridierung ihrer Zähne besonders ernst nehmen, weil es ihnen an schützendem Speichel mangelt.

Ein Zahn besteht aus einer Zahnkrone und aus einer oder mehreren Zahnwurzeln. Die Kronen ragen aus dem Zahnfleisch heraus, die Wurzeln sind unter diesem versteckt und im Zahnhalteapparat des Kieferknochens fest verankert. Der Übergang zwischen Krone und Wurzel wird Zahnhals genannt. Die Zahnkrone ist von Zahnschmelz (Enamelum) überzogen, der dem Zahn seinen milchig-weißen Glanz verleiht.

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Hilfe für erste Zähnchen

Mittel der Wahl unter den Zahnungshilfen ist ein Beißring, am besten gut gekühlt aus dem Kühlschrank (nicht aus dem Gefrierfach). Druck auf das Zahnfleisch lindert Schmerzen, Kälte zusätzlich Entzündungen. Auch Lokalanästhetika sind empfehlenswert, sofern sie für Säuglinge und Kleinkinder zugelassen sind. Hierzu gehören einige Mundgele mit Lidocain und/oder Macrogollaurylether (Polidocanol). Ihr gutes Nutzen-Risiko-Profil ist seit Jahrzehnten bewiesen. Allen voran das von Lidocain. Es steht als einziges Lokalanästhetikum in der WHO-Liste der unentbehrlichen Arzneimittel für Kinder. Damit ein Lokalanästhetikum gut haftet, sollte das betroffene Zahnfleischareal vor der Applikation trocken getupft werden, beispielsweise mit einem Wattestäbchen oder einem sauberen Taschentuch.

Säurelabiler Zahnschmelz

Anders als es der Name Zahnschmelz suggeriert, ist er das härteste Material des menschlichen Körpers. Dennoch ist er nicht unverwüstlich, Säuren lösen ihn regelrecht auf. Diese werden zum einen von Kariesbakterien aus Zucker produziert, zum anderen sind viele Speisen und Getränke säurereich. Zucker finden die Mundbakterien im Zahnbelag, wenn dieser zuckerhaltige Speise- und Getränkereste enthält. Deshalb ist es neben dem zweimal täglichen Zähneputzen sinnvoll, unmittelbar nach dem Verzehr von Süßem die Zähne zu putzen. Dies gilt nicht nur für Naschereien, sondern ebenso für Honig, Bananen und Trockenfrüchte.

Wer Süßes liebt, sollte auf zahnfreundliche Erzeugnisse achten. Steht den Mundbakterien kein Zucker zur Verfügung, kann keine Karies entstehen. Auch durch säurehaltige Nahrungsmittel und Getränke verliert der Zahnschmelz an Härte und Widerstandskraft. Beispiele sind Limonaden, Cola und saure Bonbons sowie einige gesunde Lebensmittel (z. B. Äpfel, Sauerkirschen, Zitrusfrüchte und Früchtetees). Damit diese den Zähnen nicht schaden, hilft es, nach deren Verzehr den Mund mit Wasser zu spülen.

Fluorid zur Kariesprophylaxe

Zahnschmelz besteht zu 95 Prozent aus Hydroxylapatit – ein Mineral, dessen feines Kristallgitter unter anderem aus Calcium und Phosphat gebildet wird. Je mehr Fluorid darin eingebaut ist, desto säurestabiler und weniger kariesanfällig ist der Zahnschmelz. Daraus resultiert ein klares Ja zu häuslichen und zahnärztlichen Fluoridierungsmaßnahmen. Dies gilt für Milchzähne genauso wie für die bleibenden Zähne, was wissenschaftlich zweifelsfrei bewiesen ist. Am besten wirkt Fluorid, wenn es direkt auf die Zahnoberfläche appliziert wird, wie es beim Gebrauch einer fluoridhaltigen Zahncreme der Fall ist, ebenso beim wöchentlichen Auftragen eines fluoridhaltigen Gelees und bei vom Zahnarzt aufgetragenen Fluoridgelen und -lacken.

Nennenswert ist zudem, dass der Zahnschmelz von Milchzähnen dünner und weicher ist als der von bleibenden Zähnen und daher ganz besonders auf eine ausreichende Fluoridversorgung angewiesen ist. Obwohl Milchzähne schon bald wieder ausfallen, ist deren Gesundheit wichtig. Sie sorgen dafür, dass sich der wachsende Kiefer gut entwickelt und die bleibenden Zähne die richtige Position einnehmen. Zudem beeinflusst der Kariesbefall der Milchzähne das Kariesrisiko des Erwachsenengebisses. Gründe genug, Eltern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, wenn es um die richtige Pflege von Kinderzähnen geht.

Kariesprävention mit Fluorid im Säuglings- und frühen Kindesalter

Zwischen dem 1. und 2. Geburtstag putzen Eltern zweimal täglich die Zähne ihres Kindes. Ab dem 2. Geburtstag werden die Zähne zweimal täglich selbst geputzt. Das Kind lernt das Putzen, die Eltern putzen die Kinderzähne nach. In der Kita kann ein drittes Zähneputzen hinzukommen.
© Foto: Grafik: DAS PTA MAGAZIN / [M] BLE 2021/<a href="https://www.gesund-ins-leben.de/"TARGET="_blank"> www.gesund-ins-leben.de </a>

Fluorid ab der Geburt

Bereits ab der Geburt wird die tägliche Gabe von Fluorid und Vitamin D in Tablettenform empfohlen. Fluorid baut der Körper in die (zunächst noch unsichtbaren) Milchzähne ein. Zudem dient Fluorid zusammen mit Vitamin D dem Knochenwachstum. Sobald das erste Zähnchen in der Mundhöhle erscheint, beginnt die Zeit des zweimal täglichen Zähneputzens. Ob die dafür verwendete Zahncreme Fluorid enthalten soll oder nicht, ist davon abhängig, ob das Baby zeitgleich fluoridhaltige oder fluoridfreie Vitamin-D-Tabletten erhält (s. Grafik).

Hierzu gibt es seit dem Frühjahr 2021 in Deutschland einheitliche Handlungsempfehlungen, entwickelt von Vertretern aller relevanten Fachgesellschaften und -gruppen. Das Ergebnis enthält klare Richtlinien für Fachpersonal (z. B. Zahn- und Kinderärzte). Zudem hilft es Eltern dabei, die richtige Entscheidung für ihr Kind zu treffen und sich nicht von unprofessionellen Medien verunsichern zu lassen. Kleine Kinder können Zahncreme noch nicht richtig ausspucken und somit Fluorid verschlucken. So sollten Eltern darauf hingewiesen werden, die Dosierungsempfehlungen zu den betreffenden Zahncremes einzuhalten. Über weitere Fluoridierungsmaßnahmen entscheidet bei Bedarf der Zahnarzt.

Auch Mundspeichel schützt

Speichel enthält Calcium, das sich in das Hydroxylapatit-Gitter des Zahnschmelzes einbaut und diesen widerstandsfähig hält. Dies erklärt, warum Dauernuckeln bei Babys und chronische Mundtrockenheit (Xerostomie) das Kariesrisiko erhöhen. Beim Nuckeln spült die Trinkflüssigkeit den schützenden Speichel von den Zähnen weg. Besonders problematisch ist es, wenn die Trinkflüssigkeit (z. B. gesüßter Tee, Fruchtsaft, Saftschorle) zuckerhaltig ist. Mundtrockenheit ist vor allem bei älteren Menschen weit verbreitet.

Viele Medikamente, deren Wirkstoffe anticholinerge Effekte haben, mindern die Speichelproduktion. Beispiele sind Psychopharmaka, Antiallergika, Medikamente gegen Parkinson, Schlaf- und Beruhigungsmittel. Auch Strahlentherapien im Kopf-Hals-Bereich verursachen Mundtrockenheit, ebenso verschiedene chronische Krankheiten (z. B. Diabetes mellitus, Sjögren-Syndrom). Ist der Mund trocken, helfen eine hohe Trinkmenge sowie mehrmals tägliche Mundspülungen. Dafür geeignet sind stilles Wasser und ungesüßte Kräutertees.

Das Kauen von Kaugummis und Lutschen von Bonbons regt die Speichelproduktion an, wofür unbedingt zahnfreundliche Produkte gewählt werden sollten. Bei starken Beschwerden sind Spezialpräparate (z. B. Mundgele oder -sprays) oder Speichelersatzlösungen indiziert. Patienten mit Mundtrockenheit sollten zudem dazu angehalten werden, streng auf die Fluoridierung ihres Zahnschmelzes zu achten, indem sie bei jedem Zähneputzen eine fluoridhaltige Zahncreme verwenden und mit dem Zahnarzt zusätzliche Maßnahmen besprechen, etwa die einmal wöchentliche Anwendung eines fluoridhaltigen Gelees.

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