Leitlinie: Frakturen vorbeugen

Bei Menschen im mittleren bis hohen Lebensalter heilen Brüche oft nur schwer, unter anderem, weil die Knochendichte nicht mehr optimal ist. Frakturen zu verhindern, ist daher ein wichtiges Ziel. Dem trägt die komplett überarbeitete S3-Leitlinie Rechnung. Zielgruppe für die genannten Empfehlungen sind vor allem postmenopausale Frauen und Männer ab dem 45. Lebensjahr mit Knochenschwund (Osteopenie) und Osteoporose.
Ein Gangtraining kann vor Stürzen schützen.
Feste Knochen
Die klassische trainingswissenschaftliche Kategorisierung der Trainingsinhalte in Ausdauer-, Kraft- oder Koordinationstraining halten die Autoren mit Blick auf die Fraktuprophylaxe für wenig hilfreich. Ihre Empfehlungen setzen vor allem an zwei Stellschrauben an: Knochenfestigkeit fördern und Sturzhäufigkeit reduzieren. Denn poröse Knochen und hohes Sturzrisiko sind die zwei wesentlichen Faktoren, die Frakturen begünstigen.
Die Autoren empfehlen daher eine Kombination aus gewichtstragenden Trainingsinhalten („weight-bearing exercise“) und dynamischem Krafttraining, um die Knochenfestigkeit zu verbessern. Weight-bearing exercise umfasst Aktivitäten, bei denen eine Person ihren Körper gegen die Schwerkraft hochhalten muss, zum Beispiel Radfahren, Schwimmen, Tanzen, Walking.
Beim dynamischen Krafttraining wird Kraft auf einen externen Widerstand ausgeübt, beispielsweise beim Anheben eines Gewichts. Auch Trainingsoptionen wie Wassergymnastik und die Ganzkörpervibration können der Leitlinie zufolge als Trainingsoptionen in Betracht gezogen werden.
Allgemein sollten Trainingsphasen mit hoher Reizhöhe/-rate immer von regenerativen Trainingsphasen unterbrochen werden. Personen mit orthopädischen Einschränkungen oder geringer körperlicher Leistungsfähigkeit sollten ein Training mit höherer Wiederholungszahl und geringerer Reizhöhe und/oder -rate absolvieren.
Ein Training zur Verbesserung der Knochenfestigkeit soll im Jahresmittel mindestens zweimal pro Woche durchgeführt werden. Einig sind sich die Experten auch darin, dass das Trainingsprogramm nach Möglichkeit durch eine Bewegungsfachkraft begleitet werden soll.
Stürzen vorbeugen
Im Rahmen eines Trainingsprogramms zur Sturzprophylaxe darf ein Gang-, Gleichgewichts- und funktionelles Training nicht fehlen, sind sich die Autoren einig. Dabei sollten Übungen mit Störimpulsen (Perturbationstraining, zum Beispiel auf dem Laufband) als sinnvolle Ergänzung zum konventionellen Training regelmäßiger Bestandteil des Gleichgewichtstrainings sein.
Tai Chi kann die Sturzhäufigkeit älterer Menschen ebenfalls verringern, heißt es in der Leitlinie, und sei „somit ein guter Trainingsinhalt eines Sturzpräventionstrainings“. Tanzen und Tanzformen können im Rahmen eines Trainings zur Sturzprävention ebenfalls erwogen werden.
Während die vorhandene Datenlage eine Empfehlung von isoliertem Krafttraining zur Sturzprävention derzeit nicht zulässt, sollte es bei Menschen mit Muskelschwäche oder funktionellen Einschränkungen essenzieller Bestandteil des Trainings sein.
Die Verknüpfung von kraft-/schnellkraftorientierten Trainingsreizen, Gleichgewichtsfähigkeit und kognitiv-koordinativen Herausforderungen im Sinne eines funktionellen Krafttrainings erscheint den Leitlinienautoren als empfehlenswert. Innerhalb des Krafttrainings sollten (falls möglich) Phasen hoher Bewegungsgeschwindigkeit und hoher Reizintensität implementiert werden.