Magenbeschwerden: Was steckt hinter CHS?

Der Konsum von Cannabis ist seit April dieses Jahres nicht mehr strafbar. Das könnte künftig ein bislang wenig bekanntes Krankheitsbild in den Fokus rücken: das Cannabinoid-Hyperemesis-Syndrom (CHS). Was steckt dahinter?

von Kirsten Bechtold
30.08.2024

Mann vor Kloschüssel
© Foto: gpointstudio / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)
Anzeige

Bei CHS im fortgeschrittenen Stadium tritt anhaltende Übelkeit auf.

Aktueller Podcast

Das Cannabinoid-Hyperemesis-Syndrom tritt in der Regel erst auf, wenn Menschen regelmäßig über mehrere Monate bis Jahre hinweg Hanfprodukte konsumieren. Die Betroffenen verspüren zunächst meist am Morgen Übelkeit und Bauchschmerzen. Diese Phase wird prodromale Phase genannt.

Weiter fortgeschritten, setzt die hyperemetische Phase ein. Sie ist gekennzeichnet von anhaltenden oder wiederkehrenden Anfällen von Übelkeit, Erbrechen, Schmerzen im Unterleib, Dehydrierung und einer Abneigung gegen Lebensmittel. Unbehandelt wird es gefährlich, denn allein die Dehydrierung kann zu Nierenversagen, unregelmäßigem Herzschlag oder Kreislaufversagen führen.

Als dritte Phase, wenn die Ursache erkannt wurde und kein Cannabis mehr konsumiert wird, folgt die Erholungsphase. In dieser verschwinden die Symptome Übelkeit und Erbrechen nach und nach und der Appetit kehrt zurück. Diese Phase kann einige Tage bis Wochen dauern.

Da die Symptome des CHS denen bei Reizmagen, Reizdarm und dem Syndrom des zyklischen Erbrechens stark ähneln, sollte bei Symptomen wie Übelkeit und Bauchschmerzen auch nach dem Cannabiskonsum gefragt werden, rät das britische Royal College of Emergency Medicine (RCEM) in einer aktuellen Leitlinienempfehlung.

Erbrechen kann Folge von Cannabsikonsum sein.
 

Erklärungsansätze

Die genaue Ursache des CHS ist nicht bekannt. Es gibt unterschiedliche Erklärungsversuche. Einer setzt beim Endocannabinoidsystem an. Hier vermuten die Wissenschaftler, dass die Cannabinoide der Hanfpflanze bei häufigem Konsum das Gleichgewicht des Systems im Hypothalamus stören, indem es zu Interaktionen dieser Substanzen mit dem endogenen Cannabinoidrezeptor 1 (CR-1) im zentralen Nervensystem und im Gastrointestinaltrakt kommt. Das könnte die Magen-Darm-Störungen erklären.

Eine weitere Theorie konzentriert sich auf TRPV1-Rezeptoren. Diese werden auch Hitzerezeptoren oder Capsaicin-Rezeptoren genannt und spielen eine Rolle bei der Schmerzübertragung, der gastrointestinalen Motilität sowie der Temperaturregulation. Hier hat sich gezeigt, dass einige Cannabinoide TRPV1-Rezeptoren unempfindlicher machen, was zu den mit CHS verbundenen Symptomen führen könnte. Für diese Theorie spricht zum Beispiel, dass Duschen mit heißem Wasser dabei hilft, die Symptome zu lindern. Denn hierbei wird die TRPV1-Aktivität normalisiert.

Cannabis: Neuer THC-Grenzwert im Straßenverkehr

Der Bundesrat hat am 5. Juli 2024 einen neuen THC-Grenzwert im Straßenverkehr gebilligt. Wie dieser einzuordnen ist, erklärt Apotheker und Toxikologe Prof. Stefan W. Tönnes im Interview mit DAS PTA MAGAZIN.

Therapieoptionen

In der hyperemetischen Phase muss auf eine ausreichende Rehydratation inklusive adäquater Elektrolytsubstitution geachtet werden. Langfristig hilft der Verzicht auf Cannabis. Im Akutfall bringen heiße Bäder Linderung. Klassische Antiemetika sind oftmals wirkungslos. Dann kann der RCEM-Leitlinie zufolge die Gabe des Neuroleptikums Haloperidol (0,05 mg/kg i.m., max. 5 mg) erwogen werden. Ebenfalls hilfreich kann das Auftragen von Capsaicin-Creme in höherer Konzentration (0,075 – 0,1 %) am Körperstamm sein. So wird der TRPV1-Rezeptor aktiviert und das Erbrechen gelindert.

Kommentar schreiben

Die Meinung und Diskussion unserer Nutzer ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie im Sinne einer angenehmen Kommunikation auf unsere Netiquette. Vielen Dank!

Pflichtfeld *
Inhaltsverzeichnis