Marie Curie: Krankhaft fasziniert

Marie Curie prägte den Begriff der Radioaktivität und wurde trotz des jahrzehntelangen Umgangs mit hoch radioaktiven Substanzen fast 67 Jahre alt. Ihre Leidenschaft für die Wissenschaft hatte ihren Preis: Mit Anfang 30 war sie schon chronisch strahlenkrank.

von Dr. Thomas Meißner
31.07.2017

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© Foto: Getty Images
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Marie Curie (1867 – 1934) und ihr Mann Pierre (1859 – 1906) entdeckten Polonium und Radium, stellten das erste Zehntelgramm reinen Radiumchlorids her und bestimmten das Atomgewicht des Elements. Ihr Werk verrichteten sie in einer Bretterbaracke. Die Mahlzeiten nahm das Paar in einem Nebenraum ein. Damit gelangten wahrscheinlich Unmengen strahlender Materie in ihre Körper. 1903 sah die Mittdreißigerin abgemagert, müde und blass aus.

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Fluoreszierende Phiolen

Marie und ihr Mann erfreuten sich an den in der Dunkelheit fluoreszierenden Fläschchen und Phiolen, die „wie winzige Zauberlichter“ aussahen, wie Marie Curie später schrieb. Zwar bemerkten sie sehr schnell, dass die Radioaktivität „ansteckend“ ist, dass sie die Laborluft elektrisch leitend macht, die Kleidung strahlen lässt. Sorgen um ihre Gesundheit machten sie sich jedoch nicht.Rasch entwickelte sich weltweit eine Radiumeuphorie. Man setzte es nicht nur zur Krebsbekämpfung ein. Man konnte radioaktives Haartonikum kaufen, radioaktive Salben, Radiumkompressen, Zäpfchen, Zahnpasta, ja sogar radiumhaltige Schokoladenbonbons. Fachleute schätzen, dass sich die Curies pro Woche einer durchschnittlichen Strahlendosis von zehn Millisievert (mSv) ausgesetzt haben. Zum Vergleich: In Deutschland liegt laut Strahlenschutzverordnung der Grenzwert für beruflich strahlenexponierte Personen pro Kalenderjahr bei 20 mSv, für die Durchschnittsbevölkerung bei einem mSv pro Jahr.

Strahlenschäden

Anfang der 1920er-Jahre machen sich bei Marie Curie Strahlenschäden an den Augen bemerkbar: Sie leidet beidseits am grauen Star. Allmählich wird klar, dass Radium Gesunde schwer schädigen kann. Trotz zunehmender Müdigkeit, Schulterschmerzen und Ohrensausen arbeitet sie auch mit Mitte 60 noch täglich zwölf bis 14 Stunden. 1934 wird sie wegen Entkräftung und Schüttelfrostanfällen ins Krankenhaus gebracht.

Die Patientin wird trotz hohen Fiebers in ein Sanatorium in Sancellemoz gebracht. Ein Genfer Arzt stellt eine drastische Verminderung roter und weißer Blutkörperchen fest und spricht von perniziöser Anämie. Als Marie Curie am 4. Juli 1934 starb, hieß es im Bericht des Sanatoriums: „Das Knochenmark hat nicht reagiert, anscheinend weil es durch andauernde Einwirkung der Strahlungen Veränderungen erlitten hatte.“ Es war den Ärzten also klar, dass nicht ein Vitamin-B12-Mangel die Anämie ausgelöst, sondern Radioaktivität das Knochenmark zerstört hatte.

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