Nordische Diät: Essen wie die Wikinger
- Bei der Nordischen Diät handelt es sich um ein nachhaltiges, gesundheitsförderndes Ernährungskonzept, das traditionell nordeuropäische Ernährungsgewohnheiten berücksichtigt.
- Basis der Kost sind pflanzliche Lebensmittel, tierische sollten nur mäßig gegessen werden.
- Besonderer Wert wird auf heimische, saisonale Lebensmittel aus biologischer Erzeugung, Freilandhaltung/-anbau sowie Wildprodukte gelegt.
- Bedeutsam sind traditionelle Zubereitungsmethoden.
Ein dänisches Gesundheitsprojekt namens OPUS gab den Ausschlag, dass ein Komitee aus Ernährungswissenschaftlern, Köchen und Gastronomen 2010 die traditionelle nordische Ernährungsweise weiterentwickelte zur „New Nordic Diet“.
Nach dem Vorbild der mediterranen Ernährung, die sich nachweislich positiv auf Risikofaktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck und erhöhte Blutglukosewerte auswirkt, erschuf die Gruppe ein modernes, nachhaltiges und gesundheitsförderndes Ernährungskonzept für die Bevölkerung nordeuropäischer Länder mit dort üblichen Lebensmitteln und Zubereitungsarten. Das soll die Akzeptanz steigern und die Umsetzung erleichtern. Die Kostform ist heute unter den Begriffen Wikingerkost, Nordische oder skandinavische Diät bekannt.
Serie Diäten
04/2024 Paleodiät
05/2024 Sirtfooddiät
06/2024 MIND-Diät
07/2024 Noom-Diät
10/2024 Planetary Health Diet
11/2024 Nordische Diät
Empfehlungen
Das Komitee hat Empfehlungen für die Nährstoffrelation, die Lebensmittelauswahl und die Speisenzubereitung entwickelt. Bezogen auf eine Tagesenergiezufuhr von 2.390 Kilokalorien hat sie zudem konkrete Mengen für die empfohlenen Lebensmittel berechnet. Bevorzugt raten die Experten zu heimischen, saisonalen Lebensmitteln aus biologischer Erzeugung oder Freilandhaltung/-anbau und Wildprodukten. Die Speisen sollten traditionell zubereitet werden.
Nährstoffrelation
Damit eine Ernährung ausgewogen und gesund ist, sollte sie die Hauptnährstoffe Kohlenhydrate, Fett und Eiweiß in einem angemessenen Verhältnis enthalten. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von der Nährstoffrelation. Für die Nordische Diät hat das Komitee folgendes Verhältnis festgelegt: 51 Energieprozent Kohlenhydrate, 32 Energieprozent Fett und 17 Energieprozent Protein.
Es handelt sich somit um eine kohlenhydratdominierte Kostform mit einem moderaten Fett- und Eiweißanteil, annähernd vergleichbar mit den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung für eine ausgewogene Kost. Zusätzlich sollen im Rahmen der Nordischen Diät täglich 41 Gramm Ballaststoffe verzehrt werden (DGE: 30 g/d). Damit soll sie lange satt machen.
Ein Beispiel-- Eine 40-jährige PTA, die überwiegend im Stehen tätig ist und sich in der Freizeit nicht viel bewegt, benötigt 2.083 Kilokalorien am Tag. Nach der empfohlenen Nährstoffrelation sollte ihre Nahrung also rund 266 Gramm Kohlenhydrate, 74 Gramm Fett und bis zu 89 Gramm Eiweiß liefern.
Besonderes Augenmerk sollte auf die Qualität der Fette gelegt werden: Der Anteil gesättigter Fettsäuren sollte zehn, die Anteile einfach beziehungsweise mehrfach ungesättigter Fettsäuren sollten dreizehn beziehungsweise acht Prozent der Gesamtenergie betragen.
Studien zeigen: Ein hoher Anteil an ein- und mehrfach ungesättigten Fettsäuren wirkt sich positiv auf den Cholesterinspiegel, den Blutdruck und das Bauchfett aus. Das senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Bei den Kohlenhydraten ist der Anteil von Industriezucker auf vier Energieprozente begrenzt. Das entspricht im genannten Beispiel elf Gramm pro Tag. Der Begriff Industriezucker umfasst Haushalts-, Trauben- und Fruchtzucker oder -sirup, der zur Süßung in Haushalt, Industrie oder Handwerk eingesetzt wird. Der natürlich in Obst vorkommende Fruchtzucker oder der in Milch enthaltene Milchzucker zählen nicht dazu. Dagegen sollten Polysaccharide wie Stärke, Pektine, Cellulose bevorzugt werden. Auf diese Weise wird ein übermäßiger Anstieg des postprandialen Blutzuckerspiegels vermieden und Diabetes mellitus Typ 2 vorgebeugt.
Bevorzugen
Im Mittelpunkt der Kost stehen pflanzliche Lebensmittel als bedeutsame Lieferanten für Vitamine, Mineral-, Ballast- und sekundäre Pflanzenstoffe. Empfohlen werden täglich 400 Gramm Gemüse (inkl. 30 g Hülsenfrüchte), 300 Gramm Obst, mehr als 140 Gramm Kartoffeln, fünf Gramm Wildpilze und -kräuter, mehr als 75 Gramm Vollkornprodukte und 30 Gramm Nüsse und Saaten (basierend auf einer Tagesenergiezufuhr von 2.390 Kilokalorien).
Bevorzugt werden sollten für Nordeuropa typische Kohl-, Wurzel- und Knollengemüse, Wildbeeren und Waldpilze. Zum Würzen dienen Wild- und Gartenkräuter (z. B. Löwenzahn, Dill, Petersilie). Bei Vollkornprodukten sollten solche aus heimischem Hafer, Roggen und Gerste (z. B. Haferflocken, Vollkornroggen-Knäckebrot) gegessen werden. Auch bei den Fetten gilt es, zum heimischen Raps- oder Leinöl zu greifen.
Maßvoll bis sparsam
Im Gegenzug sollten tierische Lebensmittel nur in Maßen auf den Tisch kommen. Zur Deckung des Bedarfs an Eiweiß, Vitamin B12, Eisen, Jod, Calcium und anderen Vitaminen und Mineralstoffen tragen 85 bis 100 Gramm Fleisch, 43 Gramm Fisch, 25 Gramm Eier, 500 Gramm fettarme Milchprodukte und 25 Gramm Käse pro Tag bei. Empfohlen wird das Fleisch von Hirsch, Elch, Rentier oder anderen heimischen Wildtieren. Alternativ kann Fleisch von Tieren aus Bio- oder Freilandhaltung verzehrt werden.
Um genügend Jod und Omega-3-Fettsäuren zuzuführen, sollten fettarme und fettreiche Fische der Nord- und Ostsee oder des Nordatlantiks (z. B. Schellfisch, Hering, Dorsch) im Wechsel gegessen werden. Zusätzlich werden täglich fünf Gramm frische Meeresalgen empfohlen. Bei Milch und Milchprodukten sollen fettarme traditionelle Produkte auf dem Speiseplan stehen (z. B. Dickmilch, Skyr). Süßes und Snacks sind nicht verboten. Mehr als 75 Gramm pro Tag sollten es jedoch nicht sein.
Praxis
Industriell verarbeitete Produkte sollten so wenig wie möglich verwendet werden. Empfohlen wird, so oft wie möglich Speisen und Gerichte aus frischen Zutaten mit traditionellen Methoden selbst herzustellen. Dazu zählen zum Beispiel schonendes Garen im Ofen oder Schmortopf bei niedrigen Temperaturen, Fermentieren von Fisch und Gemüse (Milchsäuregärung), Trocknen, Räuchern oder Salzen. Speisereste sollten weiterverwendet werden.
Studien
Untersuchungen bestätigen gesundheitliche Vorteile des nordischen Ernährungskonzepts bei Patienten mit erhöhten Blutfettwerten, Adipositas oder Diabetes mellitus, zum Beispiel die randomisierte, kontrollierte NORDIET-Studie. Über sechs Wochen befolgten 44 Patienten mit Hypercholesterinämie die Empfehlungen, während die Kontrollgruppe aus 42 Hypercholesterinämikern sich nach den üblichen westlichen Ernährungsgewohnheiten ernährte.
Neben einer Verbesserung der Insulinsensitivität und der Blutfette stellten die Wissenschaftler bei den Probanden einen um fünf Prozent niedrigeren systolischen Blutdruck und ein um fünf Prozent niedrigeres Körpergewicht im Vergleich zur Kontrollgruppe fest. Die Forscher gehen davon aus, dass die Nordische Diät auch bei bisher Gesunden ernährungsmitbedingten Erkrankungen vorbeugen kann.
Wie ist die Nordische Diät zu bewerten? |
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Das ist positiv |
Das ist negativ |
für Nordeuropäer typische Lebensmittel |
zeitintensiv (v. a., wenn konsequent traditionelle Methoden zur Zubereitung genutzt werden) |
gesund und nachhaltig |
setzt küchentechnische Fertigkeiten voraus |
wissenschaftlich fundierte Empfehlungen |
Salzen, Trocknen zur Haltbarmachung |
Bewertung
Wer sich als Nordeuropäer gesund ernähren möchte, muss nicht auf die mediterrane Ernährung zurückgreifen. Auch die Nordische Diät lässt sich mit wissenschaftlich basierten Ernährungsempfehlungen durchaus in Einklang bringen. Das erleichtert den Zugang und erhöht die Akzeptanz. Der Fokus auf heimische saisonale Lebensmittel aus biologischer Erzeugung, Freilandhaltung oder -anbau und Wildprodukte ist ein Pluspunkt für Umwelt und Klima.
Damit werden im Vergleich zu Treibhausware aus dem Ausland weniger Pflanzenschutzmittel und Energie für Herstellung, Transport, Kühlung und Lagerung benötigt. Natürlich ausgereifte Früchte und Gemüse, die in der Saison angebaut und rasch verzehrt werden, sind zudem frischer und schmecken häufig besser als künstlich gereifte, weit gereiste exotische Ware.
Kritisch zu sehen ist das Salzen oder Trocknen zur Haltbarmachung. Denn mit Blick auf den Salz- oder Vitamingehalt schneidet Tiefkühlware besser ab. Von Nachteil ist, dass die Kost küchentechnische Fertigkeiten und Zeit voraussetzt.
Beate Ebbers ist Diplom-Oecotrophologin. Sie stellt verschiedene populäre Diäten vor und gibt eine ernährungswissenschaftliche Einschätzung zum Sinn oder Unsinn.