Serie Fresh-up: Epoetin

Das Blutbildungshormon Erythropoetin, kurz Epoetin oder EPO, wird zu 90 Prozent in der Niere gebildet. Therapeutisch wird es gegeben, wenn eine Blutarmut aufgrund eines EPO-Mangels vorliegt, beispielsweise bei Dialyse- oder Tumorpatienten.

von Petra Schicketanz
30.01.2025

Nieren
© Foto: [M] Mohammed Haneefa Nizamudeen / Getty Images
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Heute steht ein Stammkunde vor der PTA, dessen Medikamentenbestellung sie gerade erst in einem Körbchen ins Abholerregal geräumt hatte. „Meine Güte, bei Herrn Meister kommt ja wirklich alles zusammen: Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes mellitus und in Folge der ganzen Geschichte auch noch eine chronische Niereninsuffizienz mit begleitender Blutarmut“, denkt die PTA bei sich und holt die für Herrn Meister reservierte Packung mit einer Epoetin-Fertigspritze aus dem Kühlschrank.

Aktueller Podcast

Serie Fresh-up

01/2025 Teriparatid
02/2025 Epoetin
03/2025 Isotretinoin
04/2025 Spironolacton
05/2025 Doxycyclin
06/2025 Hydroxychloroquin
07/2025 Levodopa
08/2025 Glyceroltrinitrat
09/2025 Infliximab
10/2025 Ciclosporin
11/2025 Donepezil
12/2025 Tirzepatid

Hintergrund

„Ich glaube, das Eisenpräparat und die Epoetin-Spritze sind neu für Sie“, merkt sie an, als sie die Packungen ausbucht.
Herr Meister bestätigt das und fügt niedergeschlagen hinzu: „Ich muss jetzt regelmäßig zur Dialyse. Bei den Kontrolluntersuchungen wurde auch noch eine Blutarmut festgestellt. Ich möchte wissen, wo die nun wieder herkommt.“
„Das kann ich Ihnen erklären“, erwidert die PTA und erläutert, dass die Niere nicht nur den Wasserhaushalt regelt, sondern auch Hormone produziert. „Eines dieser Hormone ist das Erythropoetin oder kurz EPO. Das stimuliert die Neubildung roter Blutkörperchen im Knochenmark. Bei chronischem Nierenversagen fehlt EPO, und dementsprechend rutscht der Blutspiegel der roten Blutkörperchen in den Keller. Oft haben Menschen mit Niereninsuffizienz auch eine zu geringe Eisenverwertung. Dann fehlt zusätzlich der wichtigste Baustein für die Produktion der roten Blutkörperchen. Dementsprechend müssen die Eisenreserven unbedingt aufgefüllt werden, wenn EPO verabreicht wird.“

Hinweise

Natürlich will Herr Meister wissen, welche Nebenwirkungen auftreten können. Die PTA fasst die wichtigsten zusammen: „Unter der Therapie kann der Blutdruck kritisch ansteigen und sollte daher engmaschig überwacht werden. Es kann passieren, dass der Arzt die Dosis Ihres Blutdruckmittels entsprechend anheben muss. Ein Anzeichen für eine hypertensive Krise ist ein plötzlicher, stechender, migräneartiger Kopfschmerz. Das Risiko für Krämpfe, Thrombosen und Embolien ist erhöht. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Fieber, Husten und Schmerzen in Knochen oder Extremitäten. Besonders unter der Dialyse kommt es durch EPO zu erhöhten Kaliumblutspiegeln.“

Im Anschluss erklärt die PTA, worauf Herr Meister bei der Anwendung achten muss. „Die Spritzen müssen im Kühlschrank in der Originalverpackung gelagert werden, um sie vor Licht zu schützen. Sie dürfen nicht eingefroren oder geschüttelt werden. Außerhalb des Kühlschranks können die Spritzen bis zu drei Tage bei 25 Grad Celsius aufbewahrt werden, müssen aber in diesem Zeitraum aufgebraucht und Reste verworfen werden. Die Injektion wird abhängig von der Gesamtdosis über ein bis fünf Minuten verabreicht und kann während der Dialyse erfolgen. Dafür wird entweder ein Bolus in den Zugang zwischen Dialysator und Tropfkammer eingeführt, oder die Dosis wird in den Schlauch der Shuntpunktionsnadel injiziert und mit zehn Millilitern physiologischer Kochsalzlösung nachgespült.“
Als die PTA Herrn Meisters fragenden Blick sieht, beschwichtigt sie ihn: „Keine Sorge, das Fachpersonal, das die Dialyse durchführt, kennt sich damit bestens aus.“

Wussten Sie, dass ...
  • Erythrozyten den höchsten Anteil unter den Blutzellen ausmachen?
  • der Lebenszyklus eines typischen Erythrozyten etwa 120 Tage beträgt und die Blutzellen hauptsächlich in der Milz abgebaut werden?
  • Erythrozyten durch ihre charakteristische bikonkave Form flexibel sind und sich selbst durch die kleinsten Blutkapillaren zwängen?
  • ein Mangel an Erythrozyten Anämie genannt wird, was zu Symptomen wie Müdigkeit und Schwäche führen kann?

Extra

„Mein Arzt hat da eine ganze Menge Blutwerte bestimmt, die ich nicht verstehe. Können Sie mir sagen, worum es sich bei Erythrozyten, Retikulozyten, Hämoglobin, Serumferritin und Hämatokrit handelt?“
Gern beantwortet die PTA diese Frage: „Diese Werte werden untersucht, um die verschiedenen Stationen des Blutbildungsprozesses zu erfassen. So können andere Störfaktoren erkannt und gegebenenfalls ausgeglichen werden. Fehlt beispielsweise Eisen, dann ist zunächst das Serumferritin erniedrigt. Eisen ist zentraler Bestandteil des Hämoglobins, das dem Blut die rote Farbe verleiht. Hämoglobin brauchen die Erythrozyten, die auch rote Blutzellen oder rote Blutkörperchen genannt werden, um Kohlendioxid und Sauerstoff zu transportieren. Die Vorläuferstufe der roten Blutzellen nennt man Retikulozyten. Dieser Zelltyp vermehrt sich als erstes, wenn EPO gegeben wird.

Der Hämatokrit sagt aus, wie hoch der Anteil an Zellen im Blut ist. 99 Prozent davon sind Erythrozyten. Bei einer Überdosierung von EPO wird eine übermäßige Menge roter Blutzellen gebildet, wodurch das Blut eindickt und eine erhöhte Thrombosegefahr besteht. Deswegen ist es wichtig, die Dosierung anhand dieses Wertes zu überwachen. Gesunde Menschen, die EPO als Dopingmittel einsetzen, riskieren nämlich gefährliche Thrombosen und Embolien.“

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