Serie Fresh-up: Isotretinoin

Vitamin-A-Säure-Präparate wirken embryotoxisch. Um auch unwissentlich Schwangere und ihr Baby vor Schäden zu schützen, gibt es für Aknepatientinnen im gebärfähigen Alter Verordnungseinschränkungen.

von Petra Schicketanz
27.02.2025

Frau mit Akne
© Foto: Yuliya / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)
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Serie Fresh-up

01/2025 Teriparatid
02/2025 Epoetin
03/2025 Isotretinoin
04/2025 Spironolacton
05/2025 Doxycyclin
06/2025 Hydroxychloroquin
07/2025 Levodopa
08/2025 Glyceroltrinitrat
09/2025 Infliximab
10/2025 Ciclosporin
11/2025 Donepezil
12/2025 Tirzepatid

Das rosafarbene Papierrezept, das Beatrix Emsermann an diesem Tag einlöst, scheint auf den ersten Blick unauffällig. Verordnet wurde eine Packung Aknenormin Weichkapseln mit zehn Milligramm Isotretionin in Packungsgröße N1. Die PTA kennt die Kundin schon lange, die immer wieder wegen ihrer schweren Akne Beratung sucht. Daher weiß sie auch, dass die systemische Antibiotikatherapie mit ergänzender lokaler Behandlung nicht bei Frau Emsermann angeschlagen hat, und die Kundin nun auf den Erfolg einer Isotretinoin-Behandlung hofft.

Hintergrund

Mit einem Blick auf das Rezeptdatum erklärt die PTA: „Der Arzt hat Ihnen heute morgen dieses Aknemittel verschrieben. Davon sollen Sie einmal täglich eine Tablette nehmen, am besten zu einer fettreichen Mahlzeit, denn der Wirkstoff ist fettlöslich und wird so am besten aufgenommen. Während der Anwendung sowie noch einen Monat nach dem Absetzen dürfen Sie nicht schwanger werden und müssen dementsprechend sicher verhüten. Monatlich und bis einen Monat nach Therapieende muss ein ärztlich kontrollierter Schwangerschaftstest durchgeführt werden.“

„Wissen Sie, ich bin ja nicht kleinlich“, entgegnet die Kundin sichtlich genervt. „Aber selbst, nachdem ich meinem Arzt erklärt habe, dass ich aktuell keinen Partner habe und dementsprechend kein Schwangerschaftsrisiko besteht, musste ich noch in der Praxis einen Test machen. Ich finde das sehr bevormundend.“

„Das kann ich verstehen, aber tatsächlich ist das so vorgeschrieben, denn bei dem Wirkstoff Isotretinoin handelt es sich um ein starkes menschliches Teratogen (Missbildungen beim Embryo verursachend). Es darf nicht verordnet werden bei einer vor- liegenden Schwangerschaft, während der Stillzeit oder bei Frauen im gebärfähigen Alter mit unzureichendem Empfängnisschutz. Wegen dieser teratogenen oder reproduktionstoxischen Wirkung ist während der Behandlung übrigens auch Blutspenden verboten.“

Weitere Gegenanzeigen für Isotretinoin sind Leberin- suffizienz, Nierenfunktionsstörungen, eine diagnostizierte Hypervitaminose A sowie eine Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff. Relative Kontraindikationen sind schwere Osteoporose, Hyperlipidämie und Diabetes mellitus. Während der Behandlung dürfen keine Tetrazykline eingenommen werden.

Hinweise

Die PTA erläutert die Wirkweise des Medikaments: „Die Einnahme von Isotretinoin verhindert die Bildung von Komedonen, indem es unter anderem die Talgproduktion reduziert. Damit entzieht es den akneauslösenden Bakterien der Art Cutibacterium acnes (früher: Propionibacterium acnes) die Lebensgrundlage. Die Talgdrüsen verkleinern sich spürbar. Zudem wirkt das Mittel entzündungshemmend.

Die Hauptwirkung baut sich innerhalb von sechs bis acht Wochen auf. Das hängt auch mit der individuell benötigten Dosis zusammen, die langsam bis zum vollen Effekt gesteigert wird. Zu Beginn nehmen Sie täglich 0,5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Wenn das nicht ausreicht, kann auf eine Dosis von bis zu einem Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht gesteigert werden. Üblicherweise reicht eine Behandlungsdauer von 16 bis 24 Wochen aus.

Studien haben gezeigt, dass nach einer gesamten Einnahme von insgesamt 120 bis 150 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht kein zusätzlicher Nutzen mehr erzielt wird. Selbst nach dem Beenden der Therapie kann sich die Akne noch über weitere acht Wochen bessern, weshalb innerhalb dieses Zeitraums bei einem eventuell auftretenden Rückfall kein zweiter Behandlungszyklus angefangen werden sollte.“

Da die Anwendung von Isotretinoin zu einer Trockenheit von Augen, Haut und Schleimhäuten führen kann, empfiehlt die PTA der Kundin, auf das Tragen von Kontaktlinsen zu verzichten und bei Bedarf befeuchtende Augentropfen sowie eine gute Lippenpflege zu verwenden. Zusätzlich solle sie alles meiden, was die Haut belasten könnte, wie ausgedehnte Sonnenbäder oder die Anwendung von Peelings, Enthaarungs- oder Schälmitteln.

Extra

Die Wirkstoffe Acitretin, Alitretinoin und Isotretinoin sind Isomere der Vitamin-A-Säure (Tretinoin, all-trans-Retinsäure). Diese Substanzen schädigen den Embryo und unterliegen daher bei Frauen im gebärfähigen Alter besonderen Vorgaben zur Verschreibung. Das Rezept gilt für diese nur sieben Tage inklusive Ausstellungstag. Darauf darf nur der Bedarf von 30 Tagen verordnet werden.

Bei Männern spielt der teratogene Effekt keine Rolle. Isotretinoin beeinflusst in therapeutischen Dosen nicht die Zahl, Beweglichkeit und Form der Spermien und gefährdet bei einer Zeugung nicht die Bildung und Entwicklung des Embryos. Ein Mann, der dosisgerecht mit Isotretinoin behandelt wird, kann mit dem Sperma keine teratogen wirksame Menge des Arzneistoffes auf eine schwangere Frau übertragen.

Daher dürfen Männern (und unfruchtbaren Frauen) Packungen verordnet werden, die den Bedarf von 30 Tagen überschreiten. Die Abgabefähigkeit auf einem Kassenrezept entspricht den üblichen 28 Tagen.

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