Serie Fresh-up: Oxycodon

Das Betäubungsmittel wird Menschen verordnet, die unter sehr starken Schmerzen leiden, bei denen nur ein Opioid-Analgetikum anschlägt. Der Zusatz von Naloxon wirkt einer Verstopfung entgegen, die bei Opioid-Gabe häufig als Nebenwirkung auftritt.

von Petra Schicketanz
30.10.2024

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© Foto: seb_ra / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)
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Das trübe Novemberwetter passt ja wie die Faust aufs Auge, denkt sich die PTA, als sie ihren Arbeitsplatz erreicht. Heute hat sie selbst ein Rezept dabei, für ihren älteren Nachbarn, der sie aufgrund seiner starken Schmerzen gebeten hat, ein BTM-Rezept für ihn einzulösen. Da sie ihm das verordnete Schmerzmittel anschließend nicht wortlos an der Wohnungstür überreichen möchte, bespricht sie die Hintergründe mit ihrer Chefin.

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Hintergrund

„Ich habe für meinen krebskranken Nachbarn retardiertes Oxycodonhydrochlorid zehn Milligramm in der Kombination mit Naloxonhydrochlorid fünf Milligramm bestellt. Soweit ich weiß, ist Naloxon ein Opiatantagonist. Wieso wird der mit dem Opiat zusammen gegeben? Das hebt die Wirkung doch wieder auf?“, fragt sie ihre Chefin.

Die erklärt: „Bei der oralen Anwendung als Retardtablette bindet Naloxon an die Opiatrezeptoren im Darm. Das verhindert die verstopfende Wirkung von Oxycodon und senkt den bei dieser Therapie ansonsten notwendigen Bedarf an Laxanzien. Sobald Naloxon aus dem Darm ins Blut gelangt, wird es über die Pfortader zur Leber transportiert und abgebaut. Auf diese Weise beeinträchtigt es nicht die schmerzlindernde Wirkung von Oxycodon, das übrigens 1,5-mal stärker analgetisch wirkt als Morphium.“

„Das heißt, wenn man beide Wirkstoffe zusammen als Injektion einsetzen würde, könnte es die Schmerzlinderung behindern“, überlegt die PTA laut.

„Ganz genau“, stimmt ihr die Chefin zu. „Die Opiat-hemmende Wirkung auf dem Injektionsweg war auch einer der Gründe für die fixe Kombination in den Tabletten, da in den USA von Abhängigen hochdosierte Oxycodon-Tabletten missbräuchlich aufgelöst und injiziert wurden. Bei der Kombination ist das nicht mehr möglich. Nalaxon kann nämlich bei Opiatabhängigen auf dem Injektionsweg Entzugserscheinungen auslösen und ist dadurch für einen Missbrauch der Tabletten nicht mehr attraktiv.“

Hinweise

„Apropos Abhängigkeit. Wie ich meinen Nachbarn kenne, hat er große Angst, von dem Schmerzmittel abhängig zu werden. Was kann ich ihm dazu sagen?“

„Im Vordergrund stehen doch wohl erst mal die Schmerzen, die sehr heftig sein müssen, damit ein Opiat überhaupt zur Anwendung kommt“, erläutert die Chefin. „Retardierte Opiate werden so niedrig wie möglich gegeben. Dazu werden sie durch eine zweimal tägliche Gabe stets einschleichend aufdosiert, bis die Wirkung so zufriedenstellend ist, dass der Patient möglichst selten unter Durchbruchschmerzen leidet, für die er zusätzlich ein schnellwirksames Bedarfsanalgetikum einsetzen muss.

Die Anfangsdosis der retardierten Basismedikation entscheidet sich nach der Schmerzintensität und danach, ob der Patient bereits an Opiate gewöhnt ist und wie gut seine Leber funktioniert. Auch das Alter spielt eine Rolle, denn werden bei älteren Menschen die Opiate langsamer abgebaut, bleiben sie länger im Körper und können Komplikationen einer Überdosierung auslösen.“

„Das heißt aber, mein Nachbar muss damit rechnen, dass es nicht bei dieser Anfangsdosierung bleibt?“
„Ja“, antwortet die Chefin. „Auch wenn die Basisdosis nach einiger Zeit relativ stabil ist, wird sich nach und nach eine Toleranz einstellen, da der Körper mehr Opiatrezeptoren produziert. Dann wirkt das Mittel nicht mehr so stark und muss höher dosiert werden. Diese Toleranzentwicklung wird umgekehrt auch beim ausschleichenden Absetzen berücksichtigt.“
„Also werden dann weniger Rezeptoren produziert und mein Nachbar bleibt nicht für den Rest seines Lebens opiatabhängig“, schlussfolgert die PTA.

Extra

„Wie bei allen Opioiden besteht bei versehentlicher oder missbräuchlicher Überdosierung das Risiko für eine Atemdepression und Tod“, ergänzt die Chefin. „Bei schweren Lungenfunktionsstörungen und schlafbedingten Atemstörungen wie einer Schlafapnoe ist Vorsicht geboten. Eine Kombination mit sedierenden Arzneimitteln wie Benzodiazepinen ist nur in Ausnahmefällen erlaubt, da sie zu einer verstärkten Sedierung, Atemdepression, Koma oder Tod führen kann. Die gleichzeitige Einnahme von Alkohol verstärkt das Auftreten von Nebenwirkungen.

Die Medikation kann zu Benommenheit und plötzlichem Einschlafen führen. Da versteht es sich von selbst, dass das Bedienen von gefährlichen Maschinen sowie Autofahren stark beeinträchtigt sein können.“
Abschließend fügt die Chefin hinzu: „Die Retardtabletten sollten nicht zerkleinert oder zerkaut werden, da sonst die verzögerte Wirkstofffreisetzung beeinträchtigt wird, was zu einer unbeabsichtigten Überdosierung führen kann.“

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