Serie Fresh-up: Teriparatid
Schon seit Jahren ist Sybille Berndorf wegen einer rheumatologischen Grunderkrankung Stammkundin in der Apotheke und der PTA bestens bekannt. Über lange Zeit musste die mittlerweile 67-Jährige hochdosiert Glukokortikoide einnehmen, was letztendlich zu einer häufigen Nebenwirkung dieser Wirkstoffgruppe führte. Frau Berndorf leidet unter Osteoporose und erlitt bereits die zweite Wirbelfraktur.
Serie Fresh-up
01/2025 Teriparatid
02/2025 Epoetin
03/2025 Isotretinoin
04/2025 Spironolacton
05/2025 Doxycyclin
06/2025 Hydroxychloroquin
07/2025 Levodopa
08/2025 Glyceroltrinitrat
09/2025 Infliximab
10/2025 Ciclosporin
11/2025 Donepezil
12/2025 Tirzepatid
Als die PTA ihr eRezept herunterlädt, sieht sie eine neue Verordnung. „Seit wann bekommen Sie denn Forsteo?“, fragt sie die Kundin. „Das ist eine ganz neue Therapie für mich“, antwortet diese. „Mein Arzt sagte mir, meine Verdauungsorgane seien zu empfindlich für Bisphosphonate. Sie wissen doch, wie sehr ich unter Reflux leide. Meine Speiseröhre ist ständig entzündet. Und da ich bereits schwere Wirbelbrüche erlitten habe, empfahl er mir, mit dieser Therapie zu beginnen.“ Die PTA nickt. Für Frauen in der Postmenopause sind orale Bisphosphonate wie Alendronsäure die übliche First-Line-Therapie, sofern keine Gegenanzeigen vorliegen wie bei Frau Berndorf. Sie bringt nach mehrjähriger Glukokortikoid-Gabe und schwerer Osteoporose die Voraussetzungen mit für eine direkte Initialtherapie mit Theriparatid. „Teriparatid ist ein Osteoanabolikum, das heißt, ein Knochen-aufbauendes Mittel. Es vermindert das Risiko für Knochenbrüche stärker als Bisphosphonate, die den Abbau der Knochenmasse verringern. Wie ich sehe, folgt Ihr Arzt dem Expertenrat und hat Ihnen zusätzlich Vitamin D und Calcium verordnet.“
Hintergrund
Frau Berndorf fragt nach der richtigen Anwendung des Fertigpens. Gerne kommt die PTA der Bitte nach: „Der Fertigpen wird bei zwei bis bis Grad Celsius im Kühlschrank gelagert. Prüfen Sie vor der Anwendung, ob die Lösung in der Patrone trüb ist oder Partikel enthält. Dann darf sie nicht verwendet werden. Ist sie jedoch in Ordnung, setzen Sie vor der Injektion jeweils eine frische, sterile Nadel auf. Einmal täglich setzen Sie sich eine Spritze subkutan in die Haut des Oberschenkels oder des Bauchs. Anschließend werfen Sie die Nadel in den Müll und legen den Pen zurück in den Kühlschrank. Eine Einzeldosis enthält 20 Mikrogramm des Wirkstoffs. Jeder Pen reicht für 28 Tage.“
Jeder Teriparatid-Pen reicht für 28 Tage Therapie.
Hinweise
Ergänzend erläutert die PTA: „Insgesamt darf Teriparatid nicht länger als 24 Monate bei einem Patienten angewendet werden, da sich bei Langzeitanwendung das Risiko für die Ausbildung eines Osteosarkoms erhöht. Das ist ein maligner Knochentumor. Zur Sicherheit wird die Patientengruppe, die Teriparatid verordnet bekommt, sorgfältig ausgewählt. Dabei spielt nicht nur die Knochendichte eine Rolle, sondern auch Alter, vorangegangene Frakturen, familiäre Vorbelastung und ein niedriger Body-Mass-Index. Frauen vor der Menopause erhalten den Wirkstoff nur bei einer Glukokortikoid-induzierten Osteoporose. Sie dürfen allerdings nicht schwanger sein oder stillen.“
Auf die Frage nach den Nebenwirkungen fasst sie die häufigsten zusammen: „Übelkeit, Schwindel sowie Kopf- und Gliederschmerzen oder Müdigkeit treten gehäuft unter Teriparatid auf. Der Blutspiegel für rote Blutkörperchen kann sinken, der für Cholesterin und Harnsäure dagegen steigen. Häufig kommt es zu niedrigem Blutdruck oder Atemnot. Gelegentlich gibt es Reaktionen an der Injektionsstelle wie Rötung oder Juckreiz. Patienten, die mit Schwindel oder lageabhängig niedrigem Blutdruck auf die Therapie reagieren, sollten das vor der Teilnahme im Straßenverkehr oder dem Bedienen von Maschinen berücksichtigen. Meist reicht es, eine Weile abzuwarten, bis die Symptome abgeklungen sind.“
Wussten Sie, dass ...
- Teriparatid die Bildung von Knochengewebe (Osteogenese) stimuliert?
- der Wirkstoff den Calciumspiegel im Körper durch verschiedene Mechanismen erhöht?
- die Therapie mit Teriparatid auf 24 Monate begrenzt ist und nicht wiederholt werden sollte?
- der Wirkstoff nur bei ausgewählten Indikationen und Personen eingesetzt wird?
Extra
„Ich habe mir zwar im Internet den Beipackzettel durchgelesen, aber nicht alles verstanden. Da stand etwas von rekombinanter DNA und terminalen Aminosäuren“, hakt die Kundin nach.
Die PTA schaut sich kurz die betreffende Stelle im Beipackzettel an und erläutert diese: „Das menschliche Parathormon ist eine Kette aus 84 Aminosäuren. Das N-terminale Ende ist dasjenige, das mit einer stickstoffhaltigen Aminogruppe aufhört. Das N stammt dabei aus der Elementenbezeichnung für Stickstoff.
Offensichtlich reicht es, die letzten 34 Aminosäuren vom N-terminalen Ende des Parathormons einzusetzen, um die gewünschte Hormonwirkung zu erzielen. Anstatt den Wirkstoff aus Menschen zu gewinnen, sind Bakterien im Einsatz. Deren DNA wurde künstlich verändert, damit sie in der Lage sind, den Arzneistoff nach der Vorlage des menschlichen Hormons zusammenzubauen. Das nennt man rekombinante DNA-Technik.“