Serie Rezeptur: Ambroxol

Ambroxol wird gelegentlich in halbfesten Zubereitungen gegen neuropathische Schmerzen verordnet. Der Wirkstoff liegt in solchen Dermatika suspendiert vor. Wichtig für die Stabilität ist eine sorgfältige Teilchenzerkleinerung.

von Stefanie Fastnacht und Sarah Siegler
27.02.2025

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© Foto: Sarah Siegler
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  • Ambroxol wirkt mukolytisch und lokal anästhesierend.
  • In Rezepturen wird es gegen neuropathische Schmerzen verordnet, ein Fertigarzneimittel gibt es nicht.
  • Als Rezeptursubstanz dient kristallines Ambroxolhydrochlorid. Es liegt in halbfesten Grundlagen suspendiert vor.
  • Dermatika mit Ambroxolhydrochlorid verfügen über keine ausreichenden Stabilitätsdaten, die Aufbrauchsfristen sind laut NRF deshalb auf vier Wochen zu begrenzen.

Ambroxol wirkt sekretolytisch, sekretomotorisch und lokalanästhetisch. Bei halbfesten Zubereitungen zur Anwendung auf der Haut wird die lokalanästhesierende Wirkung von Ambroxol zur Linderung neuropathischer Schmerzen wie Postzosterneuralgien, Fußneuropathien, postoperativer Neuralgien oder Phantomschmerzen genutzt. Für diese Indikation gibt es kein Fertigarzneimittel, entsprechende Dermatika müssen individuell hergestellt werden.

Aktueller Podcast

Serie Rezeptur

03/2025 Ambroxol
04/2025 Azithromycin
05/2025 Simvastatin
06/2025 Cannabis-Extrakt
07/2025 Sorbitol
08/2025 Insulin
09/2025 Imiquimod
10/2025 Propranolol
11/2025 Estradiol, Progesteron
12/2025 Clotrimazol

Problemanalyse und Lösungen

Ambroxol ist nicht im Europäischen Arzneibuch monografiert. Für Rezepturzwecke wird das Salz Ambroxolhydrochlorid angeboten, für das es eine Arzneibuch-Monografie gibt, jedoch keine standardisierten NRF-Vorschriften oder -Stammzubereitungen. Das weiße bis leicht gelbe, kristalline Pulver ist wenig löslich in Wasser und Ethanol und liegt in halbfesten Dermatika überwiegend ungelöst (suspendiert) vor.

Ambroxolhydrochlorid wird zur Anwendung auf der Haut in Konzentrationen von zehn bis 20 Prozent eingesetzt. Gelegentlich wird es in Rezepturen mit Dimethylsulfoxid (DMSO) kombiniert. Das topische, nicht ionische Antirheumatikum und Analgetikum dient als Penetrationsbeschleuniger und soll die Aufnahme von Ambroxolhydrochlorid in die Haut verbessern.

Die Rezeptur

Ambroxolhydrochlorid 20,0 gÄ
Dimethylsulfoxid 10,0 g
Basiscreme DAC ad 100,0 g

Dos.: bei Bedarf 2 x tgl. auftragen

Suspensionszubereitung

Problem-- Ambroxolhydrochlorid gibt es als Rezeptursubstanz nur feinkristallin. Suspensionszubereitungen sollen jedoch beim Auftragen auf die Haut nicht kratzen (Reibeisen-Effekt). Wichtig sind einheitliche Teilchengrößen, weil sie für eine homogene Wirkstoffverteilung und eine bessere physikalische Stabilität von Suspensionen sorgen. Um das zu gewährleisten, darf die Teilchengröße 180 Mikrometern nicht überschreiten.

Lösung-- Das kristalline Ambroxolhydrochlorid muss vor dem Verarbeiten zerkleinert werden. Dafür wiegt man den Wirkstoff im Überschuss ab und verreibt ihn in einer rauen Reibschale. Anschließend wird er unter Berücksichtigung des Einwaagekorrekturfaktors abgewogen und in die gewünschte Grundlage eingearbeitet.

Sind beim Ausstreichen auf einer Glasplatte (Inprozesskontrolle) noch Partikel sichtbar, muss der Ansatz im Dreiwalzenstuhl nachbearbeitet werden. Dafür empfiehlt es sich, bei der Rezepturplanung einen Materialzuschlag von zehn Prozent einzurechnen, um Materialverluste auszugleichen. Denn trotz sauberen Arbeitens können immer Reste der Formulierung an den Walzen hängenbleiben. Nach insgesamt drei Durchgängen mit immer kleiner eingestellten Walzenabständen wird die Rezeptur abschließend in der Glasfantaschale homogenisiert und eine weitere Inprozesskontrolle durchgeführt.

Elektrische Rührsysteme

Problem-- Die Geräte zerkleinern keine Wirkstoffe, sie rühren nur. Kristalline Wirkstoffe wie Ambroxolhydrochlorid müssen im Vorfeld vermahlen und/oder die Zubereitung mit dem Dreiwalzenstuhl nachbearbeitet werden. Speziell bei Suspensionszubereitungen kann die gerätespezifische Wärmeentwicklung Probleme verursachen. Denn die eigentlich kaum löslichen Arzneistoffe lösen sich unter Wärmeeinfluss doch stärker in den jeweiligen Grundlagen. Beim Abkühlen besteht die Gefahr, dass der Wirkstoff ausfällt und kristalline Nadeln bildet.

Lösung-- Um Kratzeffekte zu vermeiden, muss Ambroxolhydrochlorid wie bei der manuellen Herstellung im Vorfeld fein verrieben werden. Sind bei der Inprozesskontrolle Wirkstoffpartikel sichtbar, kommt der Dreiwalzenstuhl zum Einsatz.

Wichtig ist es, den Ansatz vor dem Bearbeiten mit der Salbenmühle abkühlen zu lassen. So wird auskristallisierter Wirkstoff miterfasst.

Stabilität

Problem-- Zur physikalischen Stabilität von Ambroxolhydrochlorid in Dermatika liegen keine Daten vor. Außerdem reagiert die Substanz licht- und oxidationsempfindlich.

Lösung-- Das DAC/NRF sieht im Abschnitt I.4.2.1.vor, die Aufbrauchsfristen von Rezepturarzneimitteln unklarer Stabilität auf maximal vier Wochen zu begrenzen. Zum Schutz vor Licht und Luftsauerstoff dienen Tuben mit Innenschutzlackierung oder Topitec/Unguator-Kruken.

Video: Ambroxolhydrochlorid in der Rezeptur

Praxisbeispiel

David Müller* betritt die Hohenzollern-Apotheke und überreicht PTA Sarah Siegler ein Privatrezept. Der Rentner erzählt, dass er eine Gürtelrose hatte und die betroffenen Hautstellen noch stark schmerzen. Dagegen hat sein Dermatologe eine Rezeptur verordnet.

Die PTA schaut sich die Zusammensetzung an: Ambroxolhydrochlorid, DMSO und Basiscreme DAC. Da sie diese Rezeptur nicht kennt und recherchieren muss, sagt sie Herrn Müller die Herstellung erst bis zum nächsten Abend zu.

Plausibilitätsprüfung

Nachdem der Kunde die Apotheke verlassen hat, loggt sich Sarah Siegler online in den DAC/NRF-Rezepturenfinder ein. Die Verordnung ist dort gelistet, aber gelb eingestuft. Das bedeutet, dass sie aus der Apothekenpraxis bekannt ist. Allerdings handelt es sich nicht um eine geprüfte, standardisierte Rezepturformel. Unter Berücksichtigung der Hinweise im NRF ist die Herstellung aber denkbar.

Die PTA stuft Basiscreme DAC, DMSO und Ambroxolhydrochlorid als miteinander kompatibel ein. Ambroxolhydrochlorid löst sich allerdings weder in Basiscreme DAC noch in DMSO. Zur Teilchenzerkleinerung wird deshalb die Nachbearbeitung im Dreiwalzenstuhl empfohlen.

Aus den bisher in der Literatur beschriebenen Daten lässt sich für den Wirkstoff kein pH-Optimum ableiten, im alkalischen Milieu fällt die freie Base aus. Sarah Siegler hält die Rezeptur für plausibel und begrenzt die Aufbrauchsfrist wegen fehlender Stabilitätsdaten wie im DAC/NRF empfohlen auf nur vier Wochen.

Herstellungsanweisung

Die PTA legt aus Zeitersparnisgründen fest, zunächst ein Wirkstoffkonzentrat aus Ambroxolhydrochlorid und Basiscreme DAC mit zehnprozentigem Überschuss herzustellen. Das hat den Vorteil, dass sie nicht den kompletten Ansatz im Dreiwalzenstuhl nachbearbeiten muss. Sie notiert, den Wirkstoff in einer rauen Reibeschale fein zu verreiben, die benötigte Menge unter Berücksichtigung des Einwaagekorrekturfaktors abzuwiegen und in einen Teil der Basiscreme DAC einzuarbeiten. Anschließend wird dieses Konzentrat mit der Salbenmühle homogenisiert und auf Partikelfreiheit geprüft.

Danach mischt sie die benötigte Konzentratmenge mit DMSO und Basiscreme DAC. Weil beim Einarbeiten von DMSO Wärme entsteht (exothermer Prozess in der Wasserphase) und sich die Löslichkeit von Ambroxolhydrochlorid erhöhen kann, fällt als Endkontrolle nochmals eine Prüfung auf Partikelfreiheit an.

Alternative-- Die Herstellung mit dem Topitec ist ebenfalls denkbar. Dazu wird fein verriebenes Ambroxolhydrochlorid zusammen mit DMSO in die Topitec-Kruke eingewogen und mit einem Glasstab suspendiert. Anschließend die Basiscreme DAC zugegeben und bei 1.000 Umdrehungen pro Minute mischen.

Die Mischdauer richtet sich nach der verwendeten Krukengröße. Finden sich bei der anschließenden Inprozesskontrolle noch Partikel, muss die Rezeptur durch den Dreiwalzenstuhl gegeben werden. Um eine die gerätespezifische Erwärmung des Ansatzes und die exotherme Reaktion von DMSO zu berücksichtigen, vermerkt die PTA, den Ansatz erst nach dem Abkühlen mit der Salbenmühle zu bearbeiten.

Herstellung

Sarah Siegler lässt sich die Herstellungsanweisung von der diensthabenden Apothekerin unterschreiben. Danach geht sie ins Labor, zieht Schutzkleidung an, reinigt und desinfiziert Arbeitsfläche und Arbeitsutensilien mit Isopropanol 70 Prozent (V/V) und stellt alle Materialien bereit.

Wiegen

Als erstes verreibt sie Ambroxolhydrochlorid im Überschuss in einer rauen Reibschale. Für die Herstellung des Konzentrats wiegt sie den Wirkstoff mit einem zehnprozentigen Überschuss und unter Berücksichtigung des Einwaagekorrekturfaktors (22 g + Einwaagekorrekturfaktor) in eine Glasfantaschale ein.

Homogenisieren

Zum pulverisierten Ambroxolhydrochlorid gibt sie Basiscreme DAC in zwei Teilen (44 g) und mischt nach jeder Zugabe. Dieses Konzentrat bearbeitet sie mit dem Dreiwalzenstuhl und homogenisiert es zum Abschluss in der Fantaschale. Danach streicht sie eine kleine Menge Konzentrat auf einer Glasplatte aus und freut sich, als sie keine Partikel mehr entdeckt.

Weiterverarbeiten

Als Nächstes wiegt sie die benötigte Konzentratmenge in eine Glasfantaschale ein und mischt sie unter häufigem Abschaben homogen mit DMSO und der restlichen Basiscreme DAC. Danach entnimmt sie zur Inprozesskontrolle nochmals eine kleine Menge Creme und streicht sie auf einer Glasplatte aus. Da keine Partikel mehr sichtbar sind, füllt sie die Rezeptur in eine Drehdosierkuke, etikettiert sie vorschriftsmäßig und stellt sie zur Abholung bereit.

*Name von der Redaktion geändert. Die im Beitrag genannten Produkte werden,sofern es Alternativen gibt, beispielhaft genannt.

Dr. Stefan Bär unterstützt die Redaktion bei der Serie fachlich. Die Rezeptur ist sein Spezialgebiet. Er setzt sich dafür unter anderem als Mitglied der Fachgruppe „Magistrale Rezeptur“ der GD Gesellschaft für Dermopharmazie und als Betreuer zweier Rezepturhilfehotlines ein.

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