Serie Rezeptur: Chlorhexidindigluconat

Als kationischer Wirkstoff kann Chlorhexidindigluconat in wasserhaltigen Zubereitungen mit anionischen Wirk- und Hilfsstoffen reagieren. Das beeinträchtigt die Freisetzung und damit auch die Wirksamkeit des Antiseptikums.

von Stefanie Fastnacht
29.11.2024

PTA Sarah Siegler in der Rezeptur
© Foto: Sarah Siegler
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  • Chlorhexidindigluconat ist ein Lokalantiseptikum und Konservierungsmittel.
  • Als kationischer Wirkstoff kann es nicht mit anionischen Wirk- und Hilfsstoffen verarbeitet werden.
  • Mit Sorbinsäure/Kaliumsorbat vorkonservierte Grundlagen wie die Nichtionische hydrophile Creme DAB färben sich nach der Einarbeitung von Chlorhexidindigluconat grau.
  • Besser eignen sich die mit Propylenglykol konservierte Basiscreme DAC oder die Nichtionische hydrophile Creme ohne Konservierung SR.
  • Bei der Herstellung im elektrischen Rührsystem können sich Rezepturen mit Chlorhexidindigluconat verflüssigen. Das Reduzieren der UpM beugt vor.

Chlorhexidindigluconat dient als Lokalantiseptikum und Konservierungsstoff. Es wird dermal (0,05 – 1 %), buccal (Lösung 0,1 – 0,2 %) und in Lutschtabletten (2 mg) eingesetzt. Der rezeptierbare pH-Bereich liegt bei pH 4 bis 8, oberhalb von pH 8 fällt die Base aus. Der Wirkstoff ist photoinstabil und sehr leicht wasserlöslich. Für die Verarbeitung in der Rezeptur ist er als Chlorhexidindigluconat-Lösung verfügbar.

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Problemanalyse

Bei der Arbeit mit Chlorhexidindigluconat sind Inkompatibilitäten zu berücksichtigen. Je nach Zusammensetzung der verordneten Grundlage verflüssigt sich diese außerdem bei der Einarbeitung des Wirkstoffs. Auch Grauverfärbungen halbfester Zubereitungen sind möglich.

Die Rezeptur

Chlorhexidindigluconat-Lösung 0,5 %
in Anionischer hydrophiler Creme DAB ad 50,0 g

Dosierung: 1 – 3 x täglich auf betroffene Stellen auftragen

Einwaage-- Chlorhexidindigluconat steht als Lösung (200 g/l) zur Verfügung. Auf eine korrekte Einwaage ist zu achten.

Inkompatibilitäten-- Mit Carboxymethylcellulose-Natrium, Chloramphenicol, Fluorescein-Natrium, Kupfersulfat, Natriumalginat, Penicillinen, Silbernitrat, Sulfonamiden, Tragant und Zinksalzen können substanzspezifische Unverträglichkeiten auftreten. Als kationischer Wirkstoff darf Chlorhexidindigluconat zudem nicht mit anionischen Wirk- und Hilfsstoffen verarbeitet werden. Es entstehen schwerlösliche Salze, die Wirkung des Antiseptikums wird gemindert. Chlorhexidindigluconat ist grenzflächenaktiv und kann das Emulsionssystem wasserhaltiger Zubereitungen beeinträchtigen. Öl-in-Wasser-Emulsionen verflüssigen sich, Wasser-in-Öl-Emulsionen brechen.

Grauverfärbung-- Die Nichtionische hydrophile Creme DAB kann sich mit Chlorhexidindigluconat grau verfärben. Ursache ist eine chemische Reaktion mit dem in der Grundlage enthaltenen Konservierungsmittel Sorbinsäure.

Lösungsansätze

Im Folgenden geben wir Tipps für die Verarbeitung von Chlorhexidindigluconat-Lösung und stellen beispielhaft die Herstellung einer Rezeptur vor.

Einwaagemenge

Die Konzentration von Chlorhexidindigluconat-Lösung wird als Masse pro Volumen (200 g/l) angegeben, weshalb die Einwaagemenge des Wirkstoffs unter Berücksichtigung der Dichte berechnet wird: laut NRF 1,065 mg/l. Zusätzlich ist der Einwaagekorrekturfaktor einzubeziehen. Er variiert je nach Charge und muss bei jedem Neubezug der Lösung in der Apotheke neu berechnet werden. Das geht schnell und einfach mit Hilfe des NRF-Rechentools „Einwaagekorrekturfaktoren“.

Inkompatibilitäten

Substanzspezifisch-- Verordnet der Arzt Chlohexidindigluconat-Lösung zusammen mit Carboxymethylcellulose-Natrium, Chloramphenicol, Fluorescein-Natrium, Kupfersulfat, Natriumalginat, Penicillinen, Silbernitrat, Sulfonamiden, Tragant oder Zinksalzen, kann die Rezeptur nicht hergestellt werden. Damit es nicht zu einer Inaktivierung beziehungsweise Wirkverlusten kommt, müssen zwei getrennte Rezepturen angefertigt werden. Um Retaxationen vorzubeugen, sollten neue Verordnungen beim Arzt angefordert werden.

Ionische Wechselwirkungen-- Chlorhexidindigluconat ist ein kationischer Wirkstoff, der sich nicht mit anionischen Wirk- und Hilfsstoffen beziehungsweise Grundlagen verträgt. Auch hier müssen zwei getrennte Rezepturen angefertigt werden. Handelt es sich um eine anionische Grundlage, kann diese nach Rücksprache mit dem Arzt gegen eine nichtionische Formulierung wie Basiscreme DAC oder Nichtionische hydrophile Creme DAB ausgetauscht werden.

Grundlagenverflüssigung-- Verflüssigt sich eine Grundlage nach der Einarbeitung von Chlorhexidindigluconat, ist dies keine Inkompatibilität im eigentlichen Sinn und bis zu einem gewissen Grad vertretbar, sofern die Anwendungsfreundlichkeit nicht darunter leidet. Die Grundlagenverflüssigung ist bei der Verarbeitung im vollautomatischen Rührsystem deutlich stärker ausgeprägt als bei der manuellen Herstellung, weshalb sich diese empfiehlt. Dabei den Wirkstoff in Form der Stammlösung immer mit der kompletten Grundlagenmenge und nicht in 1:1-Schritten verarbeiten. Kommt das elektrische Rührsystem zum Einsatz, ist eine niedrige Umdrehungszahl wichtig (300 UpM, gerätespezifische Angaben beachten).

Kommt neben Chlorhexidindigluconat-Lösung noch ein pulverförmiger Wirkstoff dazu, empfiehlt sich ein zweischrittiges Mischverfahren: Im ersten Schritt wird bei normaler Umdrehungszahl der pulverförmige Wirkstoff verarbeitet. Im zweiten Schritt kommt mit niedriger Umdrehungszahl die Chlorhexidindigluconat-Lösung dazu. Wichtig ist, auslaufsichere Packmittel zu wählen. Reduzierelemente auf der Drehdosierkruke erleichtern die Entnahme verflüssigter Formulierungen und verbessern die Anwenderfreundlichkeit.

Grauverfärbung

Dieses Problem tritt bei Nichtionischer hydrophiler Creme DAB auf. Hier ist es ratsam, auf Grundlagen ohne das Konservierungsmittel Sorbinsäure/Kaliumsorbat auszuweichen, zum Beispiel die mit Propylenglykol (20 %) konservierte Basiscreme DAC. Oder die Nichtionische hydrophile Creme ohne Konservierung SR (Achtung, verkürzte Haltbarkeit).

Video

Praxisbeispiel

Lenie Maier* betritt die Hohenzollern-Apotheke und überreicht PTA Sarah Siegler ein Rezept. Die junge Frau leidet unter einem bakteriell infizierten Handekzem. Sarah Siegler schaut sich die Zusammensetzung der verordneten Rezeptur an: Chlorhexidindigluconat-Lösung 0,5 %, Anionische hydrophile Creme DAB ad 50 g. Damit sie Zeit hat für die Rezeptur, vereinbart sie mit Frau Maier die Herstellung bis zum nächsten Abend.

Plausibilitätscheck / Herstellungsanweisung

Nachdem die Kundin die Apotheke verlassen hat, prüft Sarah Siegler die Rezeptur auf Plausibilität. Sie war vor Kurzem auf einer Rezeptur-Fortbildung. Dabei wurden auch Inkompatibilitäten aufgrund ionischer Wechselwirkungen behandelt. Spannend, denkt sie, die Wissensauffrischung hat sich gelohnt. Beim Blick auf die Rezeptur hat sie sofort erkannt, dass Anionische hydrophile Creme DAB aufgrund ionischer Wechselwirkungen nicht mit der kationischen Chlorhexidindigluconat-Lösung kompatibel ist. Sie stuft die Verordnung als nicht plausibel ein. Bevor sie den Arzt kontaktiert, loggt sie sich online in das NRF ein und findet im DAC/NRF-Rezepturenfinder eine standardisierte und geprüfte Alternative: Hydrophile Chlorhexidindigluconat-Creme (NRF 11.116.), die Chlorhexidindigluconat-Lösung 200 g/l enthält und als Grundlage Basiscreme DAC. In Absprache mit dem Arzt tauscht sie die Anionische hydrophile Creme DAB gegen Basiscreme DAC aus. Der Arzt will außerdem ein neues Rezept für die Apotheke ausstellen.

Herstellungsanweisung-- Hier legt Sarah Siegler fest, dass sie die Creme mit dem Topitec Touch herstellt. Dafür werden die gesamte Menge Basiscreme DAC in eine Drehdosierkruke eingewogen und 1,33 g der Chlorhexidindigluconat-Lösung 20 % obenauf dazugegeben. Als Rührparameter wählt sie „eigene Formulierung“ mit 300 UpM, 3 min, 30 s. Die Haltbarkeit in der Drehdosierkruke legt sie auf sechs Monate fest. Ein Reduzierelement zur besseren Entnahme der Creme aus der Kruke ist aufzustecken.

Reduzierelemente sorgen bei verflüssigten Rezepturen für Anwenderfreundlichkeit.

Reduzierelemente sorgen bei verflüssigten Rezepturen für Anwenderfreundlichkeit.
© Foto: Sarah Siegler

Herstellung

Sarah Siegler lässt sich die Herstellungsanweisung vom diensthabenden Apotheker unterschreiben. Danach geht sie ins Labor und zieht ihre Schutzkleidung an. Anschließend reinigt und desinfiziert sie Arbeitsfläche und Arbeitsutensilien mit Isopropanol 70 Prozent (V/V) und stellt alles bereit.

Wiegen

Als erstes tariert die PTA eine Topitec-Kruke mit Kurbelwelle und Mischscheibe auf der Rezepturwaage aus, wiegt die gesamte Menge an Basiscreme DAC ein und streicht diese glatt. Darüber gibt sie die Chlorhexidindigluconat-Lösung und stellt das Rührprogramm ein.

Inprozesskontrolle

Nach Beendigung des Rührprogramms entnimmt sie eine kleine Menge der fertigen Formulierung mit einem desinfizierten Spatel und streicht sie auf einer Glasplatte aus. Sie ist froh, dass keine Agglomerate in der Creme zu erkennen sind.

Abfüllen / Etikettieren

Zum Schluss beschriftet sie vorschriftsmäßig nach Paragraf 14 der Apothekenbetriebsordnung. Dabei weist sie die Bestandteile der Grundlage Basiscreme DAC separat aus.

Abgabe

Als Frau Maier die Creme am nächsten Abend in der Apotheke abholt, erklärt Sarah Siegler ihr Dosierung und Anwendung und zeigt ihr auch, wie sie die Creme aus der Drehdosierkruke entnehmen kann. Für nach der Behandlung, wenn die Beschwerden an ihrer Hand ausgeheilt sind, empfiehlt sie ihr zum Aufbau der Hautbarriere ein Handwaschöl und eine Hautschutzsalbe.

*Name von der Redaktion geändert. Die im Beitrag genannten Produkte werden,sofern es Alternativen gibt, beispielhaft genannt.

Dr. Stefan Bär unterstützt die Redaktion bei der Serie fachlich. Die Rezeptur ist sein Spezialgebiet. Er setzt sich dafür unter anderem als Mitglied der Fachgruppe „Magistrale Rezeptur“ der GD Gesellschaft für Dermopharmazie und als Betreuer zweier Rezepturhilfehotlines ein.

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